Eine aktuelle Studie schätzt, dass der weniger sichtbare Markt der Business Angels grösser ist als der für VC-Kapital. Eine Spurensuche.

Business Angels {saw2th;http://www.flickr.com/photos/saw2th/5565045193/}Wer genaue Zahlen möchte, beisst auf Granit: Die Investments der hiesigen Business Angels entziehen sich jeder Statistik. So kann auch die OECD-Studie Financing High-Growth Firms: The Role of Angel Investors nur schätzen, wieviel Geld Business Angels in Startups stecken.

Die Verfasser haben sich aufgemacht, das Volumen von VC- und Angel-Investments in Europa zu vergleichen und kommen zum Schluss, dass Business Angels gesamthaft mehr Geld in Startups investieren als Beteiligungsgesellschaften.

Wie sieht das in der Schweiz aus?

Business Angels vs. VCs

Hier fangen die Schwierigkeiten an: Bereits die Abgrenzung zwischen VCs und Business Angels ist nicht ganz klar. So gibt es Angels, die wie VCs operieren und VCs, die als Angel-Netzwerke firmieren.

Als Daumenregel: Business Angels fallen im Phasenmodell von Startups – seed, early und later stage – auf die mittlere Stufe, die early stage. Hier geht es um einen Finanzierungbedarf von einigen 10’000 bis 500’000 Franken. Angels erwerben typischersweise einen Unternehmensanteil von 10 bis 20 Prozent. Sie sind in der Regel selbst Unternehmer, investieren eigenes Geld, übernehmen die due dilligence selbst, begleiten Startups intensiv als Berater und haben nicht nur eine finanzielle Motivation für ihre Investments.

Der Bereich later stage wird von VCs übernommen und ist traditionell am wichtigsten für High-Tech-Startups, zum Beispiel aus den Bereichen Life Science, Cleantech und ICT. Dort geht um Finanzierungen in Höhe von durchschnittlich 5 Millionen Franken. VC-Beteiligungsfirmen sind meist Partnergesellschaften, die Drittgelder verwalten und investieren. Sie übernehmen die due dilligence für ihre Kunden und sind eine Form von Investmentgesellschaften.

Und die Zahlen?

Der VC-Markt ist gut dokumentiert. Beispielsweise wird man in den Statistiken der SECA fündig, etwa im Booklet Venture Capital in der Schweiz. Die SECA hat ein VC-Volumen von 406 Millionen Franken für 2009 ermittelt. Ein grosser Anteil davon – rund zwei Drittel – entfällt auf die Startups der Life Science, also einen schmalen Bereich innerhalb der Startup-Szene. Auch sind gesamthaft 108 Deals für 2009 gezählt.

Bei den Angels ist es schwieriger, zu Zahlen zu kommen. Ich habe den Geschäftsführer der Business Angels Schweiz, Jan Fülscher, nach einer Einschätzung zum Schweizer Markt gefragt. Er hat für Startwerk eine grobe Schätzung versucht, die ich hier vereinfacht wiedergebe:

«2010 wurden rund 38’000 Firmen gegründet und somit auch finanziert. Nehmen wir einmal an, dass 10% dieser Firmen AGs waren und 30% GmbHs – dann hätten wir rund 400 Millionen Franken, die in AG-Gründungen fliessen und rund 250 Millionen Franken für die GmbHs. Dazu kommen Gelder, welche über Darlehen und Kapitalerhöhungen in existierende und neue Firmen fliessen; ich würde also einmal ganz grob schätzen, dass pro Jahr zwei bis zehn Milliarden Franken für Firmenfinanzierungen aufgewendet werden. Diese Finanzierungen entziehen sich jeder Statistik. Aber sagen wir einmal, dass 10 Prozent dieses Geldes von Business Angels kommt, dann läge das Investitionsvolumen dieser Personengruppe bei einigen hundert Millionen Franken und es wären rund 13’000 Firmen betroffen.

Und von den organisierten Angels her betrachtet: Die wichtigsten Netzwerke zusammen investieren geschätzt 10 bis 20 Millionen Franken pro Jahr in Startups. Gleichzeitig sind die wenigsten Angels in solchen Netzwerken organisiert – sagen wir einmal: 5 Prozent.»

Rechnet man das hoch, kommt man auf 200 bis 400 Millionen Franken. Die beiden Betrachtungsweisen liefern also recht konsistente Zahlen.

Ein Studie von 2006 kommt übrigens zu ähnlichen Ergebnissen: Rund 250 Millionen Franken, rund 3’000 Business Angels.

Spitze des Eisbergs

Diese Ergebnisse sind nicht aussagekräftig genug, um die OECD-Untersuchung zu stützen oder zu widerlegen. Aber sie zeigen auf, wie gross der Markt für Angel-Investments in der Schweiz ist – die sichtbaren Aktivitäten, etwa der institutionalisierten Angels, sind da nur die Spitze des Eisbergs.