«Kredit abgelehnt»: Unser Gastautor berichtet von den Schwierigkeiten, Finanzierung aufzutreiben und dem Identifizieren der eigenen Ziele.

Von Dominic Blaesi, Gründer Flaschenpost.ch

Startup-Tagebuch: Dominic BlaesiWir schreiben das Jahr 2010. Flaschenpost ist seit knapp drei Jahren unterwegs. In dieser Zeit hat sich das Geschäft sehr erfreulich entwickelt – Status «promising».

Doch vielversprechend bedeutet noch lange nicht geschafft. Angesichts dieser Tatsache entschlossen sich Renzo und ich damals, eine Zwischenbilanz zu ziehen, unsere aktuelle Unternehmenssituation genau zu analysieren und einen Businessplan für die nächsten drei Jahre zu erstellen (bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir lediglich mit einer Sammlung von «back-of-the-envelope» Berechnungen gearbeitet).

Neben verschiedenen wertvollen Einsichten war die wichtigste Erkenntnis unserer Standortbestimmung, dass wir noch einmal finanzielle Mittel brauchen, um den Durchbruch schaffen zu können.
Da wir diese Mittel nicht aus eigenen Kräften bereitstellen konnten und wollten, mussten wir uns überlegen, wie wir die benötigte Finanzierung auf die Beine stellen. Unser reflexartiger Gedanke war «Fremdfinanzierung», denn damit wäre keine Anteilsveräusserung verbunden (das letzte, was ein Unternehmer möchte).

Bankkredit?

So begaben wir uns also auf eine Odyssee von Bankgesprächen und –präsentationen mit dem Ziel, unseren Finanzierungsbedarf über einen Bankkredit zu decken. Doch unsere anfänglich naive Vorstellung, einen Firmenkredit mit der gleichen Einfachheit wie ein Sparkonto zu bekommen, wich bald der Ernüchterung der Kreditentscheide. Die Vergaberichtlinien aller Banken, mit denen wir Gespräche geführt haben, erlaubten es nicht, ein so junges Unternehmen wie wir es waren zu finanzieren. Enttäuscht, dass sich die in den Marketingprospekten der Banken gezeigte Startup-Freundlichkeit nicht manifestierte, überlegten wir uns Alternativen.

Die Alternativen

Wir sahen drei Ansatzpunkte: Denkbar war zunächst eine klassische Venture Capital Finanzierung. Von dieser sahen wir aber ab, weil wir unser Baby nicht in die Hände primär renditegetriebener, institutioneller Investoren geben wollten. Weiter wäre es denkbar gewesen, einen schnellen Exit an ein grosses Unternehmen anzustreben. Ein Weg, den viele Gründer gehen und der aus persönlicher Sicht durchaus lukrativ und fürs Unternehmen sinnvoll sein kann. Auch Renzo und ich konnten dieser Option etwas abgewinnen und favorisierten ein solches Szenario sogar – bis wir merkten, dass es (nach unserer Ansicht) einen noch spannenderen Weg gab.

Unternehmer sein und bleiben

Wir stellten fest, dass es für uns zu früh gewesen wäre, uns in den «sicheren Hafen» zu begeben und das Unternehmen zu verlassen, bevor wir es tatsächlich zum Erfolg (Status: geschafft) führen und einen Leistungsbeweis erbringen konnten: Was uns antreibt und erfüllt ist nicht primär die Aussicht auf einen interessanten Exit, sondern das Privileg täglich an der Verwirklichung unserer Idee zu arbeiten.

In der Rubrik Startup-Diary schildern Jungunternehmer wöchentlich, mit welchen praktischen Problemen sie in ihrem Gründeralltag konfrontiert werden und welche Lösungsansätze sie gefunden haben.
Nachdem wir also herausgefunden hatten, was für uns persönlich wichtig war, wollten wir versuchen, ein Team von privaten Investoren zusammenzustellen, die unsere Leidenschaft für Wein und e-Commerce mit uns teilen, vom «cultural-fit» her zu uns passen und die neben finanziellen Mitteln zusätzlich unternehmerische Erfahrung in Flaschenpost einbringen können. Ein halbes Jahr und zahlreiche Investorengespräche später durften wir die Flaschenpost Weinservice GmbH schliesslich in die Flaschenpost Services AG umwandeln und in unserem Verwaltungsrat drei neue Personen begrüssen, die uns seit Anfang 2011 im weiteren Aufbau unseres Unternehmens als Business Angels unterstützen und die benötigte Finanzierung sicherstellen. Wir gehen neugierig in die nächste Phase und haben es noch keine Sekunde bereut, dem spannenden gegenüber dem sicheren Weg den Vorzug gegeben zu haben.