Deutlich mehr Frauen machen sich heute selbständig als noch vor zehn Jahren und ihre Firmen überleben häufiger – das sagt eine aktuelle Untersuchung.

Sprung in die Selbständigkeit: Mehr und mehr Frauen wagen ihn„Frauenpower unter der Lupe“ heisst eine neue Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Die Idee dahinter: Je mehr man über die gründungswilligen Personen weiss, desto besser lässt sich den angehenden Unternehmern unter die Arme greifen. Bei gezielterer Frauenförderung wollen die Forscher der FHNW mit einer Umfrage unter weiblichen Unternehmensgründern helfen.

12’000 – 15’000 Jungunternehmer machen sich jedes Jahr in der Schweiz selbständig, aktuell sind lediglich 20% davon Frauen. Der Frauenanteil steigt aber: Gründerinnen waren vor zehn Jahren nur für 16% der Neugründungen verantwortlich.

In der neuen Studie werden nun anhand der gesammelten Daten gängige Hypothesen zu oft erwähnten Unterschieden untersucht. Hier ein knapper Überblick der wichtigsten Ergebnisse.

Früher Gründen: Gründerinnen sind etwas jünger als Gründer, das Durchschnittsalter beim Wechsel in die Selbständigkeit liegt bei 39 gegenüber 41 Jahren.
Mehr Pragmatismus: Frauen gründen öfter aus familiären Motiven und tun dies öfter als Männer, um einen Arbeitsplatz an geeigneter Lage zu schaffen. (Die im Fragebogen 12 wählbaren Antworten reichten von besserem Einkommen bis hin zum Erkennen einer Marktlücke).
Kleinere Firmen: Ein durchschnittliches, von einer Frau gegründetes Unternehmen beschäftigt im Mittel weniger Angestellte.
Weniger Risikoaffinität oder Finanzmittel: Gründerinnen investieren anteilsmässig weniger Kapital in ihre Unternehmen.
Humankapital zählt: Gründerinnen geben öfter personenbezogene Faktoren (wie Charakter, Fähigkeiten, Verhalten) als wichtig für den eigenen Erfolg an als Gründer.
Weniger Produktinnovationen: Die von Frauen gestarteten Unternehmen sind nach eigener Aussage weniger auf Innovationen oder die Umsetzung von Forschungswissen in Geschäftsideen aus.
Mit weniger Verdienst zufrieden: Gründerinnen geben öfter als Gründer ein geringeres Einkommen als vor der Selbständigkeit an, was ihnen aber weniger ausmacht als den Gründern.
Robustere Firmen: Von Frauen gegründete Unternehmen haben eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit als die Firmen von Männern – Frauen gründen erfolgreicher.

Aus den Ergebnissen haben die Autoren Anregungen für Gründerinnen abgeleitet. In der Interpretation der Autoren sind zum Beispiel das geringere Einkommen der Gründerinnen und fehlende Innovation verlinkt. Mehr Überlegung zur Geschäftsidee vor der Gründung tue Not, um profitablere Firmen zu lancieren.
In der Politik ortet die Studie Handlungsbedarf. Die Autoren wünschen sich mehr Präsenz von weiblichen Selbständigen in Medien und Lehrmitteln und mehr Werbung fürs Unternehmertum. Auch könnte man mit besonderen Förderprogrammen mehr der untervertretenen, qualifizierteren Frauen für die Selbständigkeit begeistern, meinen die Forscher.

Sind Frauen bescheidener?

Die empirische Basis der Studie ist nicht gewaltig, da lediglich 326 der angeschriebenen Personen die Grundlage der Auswertung bilden. Die Daten stammen aus Fragebögen, die die Befragten ausfüllen und retournieren mussten. Als systematischer Unterschied fällt auf, dass Frauen schlicht bescheidener wirken als Männer. Zum Beispiel geben Gründerinnen neben den obigen Punkten meist einen geringeren Bildungsstand oder weniger gründungsbezogene Kenntnisse an. Vielleicht sind sie ja einfach ehrlicher?

Eine Zusammenfassung der am Freitag veröffentlichten Studie gibt es auf dem Webauftritt der FHNW. Sie wurde von Prof. Dr. Rolf Meyer und Adrian Urs Sidler vom Institut für Unternehmensführung (IFU) der FHNW verfasst und ist ein Teil des Forschungsschwerpunkts Die neuen Selbständigen. Die gesamte Studie umfasst 126 Seiten und ist im Buchhandel erhältlich. (Meyer und Sidler 2010: Frauen-Power unter der Lupe, ISBN:  978-3-906129-60-0).

(Bild: jeff howard, CC-Lizenz)