Patentschutz und Unternehmertum: Was ist zu beachten bei der Verwertung eines Patents? Teil zwei unseres Überblicks zum Thema Patentrecht und geistiges Eigentum.

Von Prof. Dr. Heinz Müller, Patentexperte am Institut für geistiges Eigentum

Iphone-Vorgänger? Ein Apple-Patent von 1985Was sind die unternehmerischen Kriterien für die Entscheidung, ob eine Patentanmeldung sich lohnt?

Eines der stärksten Kriterien ist sicherlich, ob mit der angemeldeten Erfindung sowohl die Entwicklungskosten als auch die Patentkosten wieder eingebracht werden können. Zudem sollte mit dem Schutzrecht ein Gewinn erwirtschaftet werden. Dies kann auf verschiedene Weise erreicht werden. Zum einen kann der Patentinhaber die Erfindung selbst herstellen und verkaufen. Eine andere Verwertung des Schutzrechtes ist natürlich die Übertragung in der Gesamtheit oder von Teilen des Schutzrechtes auf einen Lizenznehmer, was Zahlungen in Form von Lizenzgebühren oder Einmalzahlungen bewirken kann. Bei dieser Verwertung bleibt das Schutzrecht beim ursprünglichen Besitzer. Der Verkauf des Schutzrechtes mit allen seinen Privilegien, wie ein territorial und zeitlich begrenztes Monopol, und seinen Pflichten, wie die Bezahlung der Jahresgebühren, bedingt hingegen eine Eigentumsübertragung auf den neuen Besitzer, was einen Eintrag ins Schutzrechtsregister der jeweiligen Länder erfordert.

Lohnenswert kann aber auch eine Anmeldung aus werbetechnischen Gründen sein. Oftmals wirkt der Zusatz „Patent angemeldet“ als verkaufs- und vertrauensfördernd.

Strategische Anmeldungen werden vor allem von internationalen Unternehmen vorgenommen. Dabei wird z.B. ein Patent in einem Land angemeldet, in dem die unmittelbare Konkurrenz ihren Sitz hat. Damit wird die Konkurrenz zurückgebunden und eventuell zu Neuentwicklungen oder einem „Design around“ gezwungen, was erhebliche zeitliche und finanzielle Ressourcen verschlingen kann.

Wem gehört in der Regel eine Technologie, die aus der Forschung an einer Hochschule heraus entstanden ist? Gibt es hier verschiedene Möglichkeiten?

Die verschiedenen Universitäten, Hochschulen und öffentlichen Forschungsanstalten in der Schweiz haben je eigene Regelungen über die Kommerzialisierung der von ihren Angehörigen erzielten Forschungsergebnisse. In der Regel bleiben Forschungsergebnisse und entstehende Immaterialgüter von Angehörigen einer Forschungsinstitution bei der Forschungsinstitution selbst. Erfindungen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entstehen, gehören grundsätzlich dem Arbeitgeber (OR 332). Bei einer industriellen Zusammenarbeit müssen sowohl das Recht am Schutzrecht wie auch dessen kommerzielle Nutzung vorgängig mit der Forschungsinstitution und der Firma geklärt werden. Die kommerzielle Verwertung der Forschungsergebnisse kann auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden: Entweder versucht ein Wissenschaftler selbst, seine Technologie durch eine eigene Spin-Off-Firma bis zur Marktreife zu entwickeln und zu vermarkten, oder es wird ein Unternehmen gesucht, das aus der Technologie ein marktfähiges Produkt macht und dieses dann kommerzialisiert. Die zweite Lösung erfordert nicht unbedingt eine Übertragung der Eigentumsrechte, sondern kann auch in einer Lizenzvergabe der Forschungsinstitution an das Unternehmen bestehen. Die jeweiligen Erträge aus der Übertragung der Schutzrechte oder der Lizenzierung werden dann in etwa folgendermassen verteilt, wobei der Verteilschlüssel je nach Forschungsinstitution unterschiedlich sein kann:

  • 1/3 geht an die Erfinder
  • 1/3 geht für Forschungszwecke an die Professur (Lehrstuhl), aus welcher die Erfindung hervor gegangen ist
  • 1/3 geht an die Forschungsinstitution zur Unterstützung der Forschung und des Technologietransfers

Der obige Verteilschlüssel ist derjenige der ETH Zürich.

Die Forschenden von öffentlichen Forschungsanstalten sollten sich auf jeden Fall an ihre Technologietransferstelle wenden, um die Bedingungen und Möglichkeiten abzuklären.

Was ist neben einem Schutzrecht sonst noch rechtlich notwendig, um ein Produkt auf den Markt zu bringen?

Das erlangte Schutzrecht ist noch keine Lizenz, um das Produkt zu verkaufen. Das Schutzrecht ist nur ein Schutz vor Nachahmung. Das Patentamt prüft nur die technische Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der Erfindung und nicht deren Sicherheit oder deren Nützlichkeit. Eventuell ist eine andere Behörde für die Vergabe von Marktlizenzen zuständig. Die Swiss Medic in der Schweiz ist z.B. zuständig für die Zulassung von Medikamenten. Für Elektrogeräte, elektrische Anlagen, die Zulassung von Fahrzeugen etc. sind wiederum andere Behördenstellen verantwortlich. Die Produktesicherheit wird in allen westlichen Staaten grossgeschrieben. Nach dem Bundesgesetz über die Sicherheit von technischen Einrichtungen und Geräten (STGE) gilt allgemein das Prinzip, dass Produkte gleich welcher Art den Menschen und die Umwelt nicht gefährden dürfen. Die Anträge für die Marktzulassung können teilweise sehr umfangreich sein und grosse Investitionen bedingen, sehr viel mehr als für die Anmeldung zum Patent erforderlich ist. Es ist jedoch unbedingt notwendig zuerst das Schutzrecht anzumelden und erst dann die umfangreichen Abklärungen durchzuführen, dies um die zwingend notwendige Neuheit der Erfindung bei der Anmeldung nicht zu gefährden.

Wie kann man sich beim IGE bei Fragen zum Schutz des Geistigen Eigentums informieren?

Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Bern ist die zentrale Anlaufstelle des Bundes für alle Fragen zu Patenten, Marken, Herkunftsbezeichnungen, Designschutz und Urheberrecht. Zu seinen Aufgaben gehört es auch darüber zu informieren, wie Unternehmen die Schutzrechtssysteme des Geistigen Eigentums und die ihnen zustehenden Freiräume für ihren wirtschaftlichen Erfolg nutzen können. Zum Thema Schutz des Geistigen Eigentums bietet das Institut ein reichhaltiges Informationsangebot, Schulungen und Recherche-Dienste an. Eine kostengünstige Dienstleistung insbesondere für Start-ups ist die begleitete Recherche. Bei dieser Recherche bekommt ein Unternehmer für CHF 300.- einen halben Tag einen Patentexperten zur Seite gestellt, der für ihn in Patentdatenbanken recherchiert und Fragen des Kunden in Bezug auf das Geistige Eigentum beantwortet. Das IGE bietet zudem Unternehmen und Einzelpersonen umfassende und weitreichende Patent- und Markenrecherchen an. Für weitere Informationen konsultieren Sie unsere Homepage www.ige.ch, bezüglich Patentrecherchen für professionelle Anwender www.ip-search.ch. Auskünfte können auch per Telefon eingeholt werden. Sie werden bei spezifischen Fragen mit einem entsprechenden Experten verbunden (Tel. 031 377 77 77).

Das war der zweite Teil unseres Überblicks zum Thema Patente. Teil eins ist zu finden unter dem Titel Die wichtigsten Fragen zum Patentrecht.

Prof. Heinz Müller hat an der ETH Zürich Biochemie studiert und dort auch promoviert. Nach einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt in den USA führte er bis 2002 eine Forschungsgruppe an der medizinischen Fakultät der Universität Basel, wo er bis heute als Professor für klinische Biochemie in der Ausbildung tätig ist. Seit 2002 ist er Patentexperte am Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum in Bern.