Gut zwei Wochen nach dem Start Mitte Juli 2009 hat die Internetplattform Politnetz.ch bereits 200 User und 20 Diskussionsstränge. In der Anfangsphase will das Team in einer Art Laborbetrieb aufzeigen, welche Möglichkeiten das Internet politischen Akteuren eröffnen kann.
Das Politnetz.ch-Team um Projektleiter Andreas Amsler will mit Politnetz.ch erreichen, dass sich Politiker und politisch interessierte Bürger auf gleicher Augenhöhe begegnen, Themen setzen und diskutieren, auf einer Plattform, die kostenlos und von politischen Parteien unabhängig ist. Eine Frage drängt sich auf: Gibt’s diese Möglichkeit nicht schon, und zwar auf Facebook?
Vorteil Fokussierung
Andreas winkt ab. Facebook sei äusserst limitiert. Fans seien vielleicht schnell gewonnen, doch er glaubt, dass es kaum möglich sei, diese tatsächlich zu mobilisieren. Und doch: zwar verfolgte der erste Zürcher Botellón vom August 2008 kein politisches Ziel, aber dem Ruf des damals 17-jährigen Facebook-Nutzers Jan Fröhlich sind über tausend Personen gefolgt (der Artikel dazu auf NZZ-Online). Und die Volksinitiative Bye Bye Billag hat erfolgreich über Facebook mobilisiert (der Artikel dazu auf NZZ-Online).
Gut möglich, dass die Mobilisierung politisch Interessierter im Rahmen einer auf diese Zielgruppe fokussierten Plattform erfolgreicher sein kann – besonders wenn die Plattform spezifische Tools zur Verfügung stellt, beispielsweise eine Visualisierung der laufenden Diskussionen. Einen weiteren Vorteil von Politnetz.ch sieht Andreas im Community Management: Dieses stelle sicher, dass Diskussionen fair, das heisst auch verfassungs- und rechtskonform ablaufen – Facebook kann da nicht mithalten.
Laborbetrieb – vorerst
Hinter Politnetz.ch stehen ein Verein und eine AG. Die Vereinsstatuten legen den Betrieb der Plattform fest, womit dieses Organ die inhaltliche Verantwortung trägt. Zudem fliesst Politnetz.ch über die Mitgliederbeiträge Liquidität zu. Die AG wurde gegründet, um den kostenintensiven Aufbau der Plattform zu finanzieren – führender Investor ist der IT-Investor Peter Schüppbach, der derzeit Fashion Friends aufbaut, u.a. bei Xing involviert war und 2005 zum Business Angel des Jahres ausgezeichnet wurde. Den Investoren sei es wichtig Politnetz.ch zu unterstützen, auch aus philanthropischen Überlegungen.
Mittelfristiges Ziel ist es, einen kostendeckenden Betrieb aufrecht erhalten zu können. Während der ersten sechs Monate jedoch stehen für das Politnetz-Team betriebswirtschaftliche Überlegungen nicht im Vordergrund. Andreas spricht von einer Art Laborbetrieb. Es gehe darum, in Zusammenarbeit mit den Benutzern neue Tools zu entwickeln, herauszufinden und aufzuzeigen, wie die Plattform den politischen Betrieb in der Schweiz beleben könne. Sollte sich die Plattform bewähren, seien kostenpflichtige Premium-Services denkbar, die Politikern beispielsweise gezielten Wahlkampf ermöglichen.
Vorerst geht es aber darum, Politnetz.ch schnell weiterzuentwickeln. Dabei will das Team um Andreas den Ansatz „Start local, go national“ verfolgen. In einem ersten Schritt sollen Lokalpolitiker für die Plattform gewonnen werden. Wenn diese erfolgreich mit Politnetz.ch gearbeitet haben, sollen auch kantonale und nationale Politiker angesprochen werden. Der Blick nach Amerika lässt vermuten, dass politische Kampagnenführung auch in der Schweiz vermehrt im Internet stattfinden wird. Vielleicht wird Politnetz.ch bei dieser Entwickung eine tragende Rolle spielen.
Unsere Entwicklung hat gerade erst begonnen. Die politnetz-Debatten sind unser erstes Feature – mit dem Ziel, kontroverse Diskussionen auch bei einer hohen Anzahl von Diskussionsteilnehmenden übersichtlich führen zu können. Gerade Diskussionen über politische Themen ist es eigen, dass sie in Wellen an Aktualität gewinnen bzw. wieder verlieren. Die politnetz-Debatte ist unsere Antwort darauf.
Wir sind interessiert an einem Austausch mit Interessierten – BürgerInnen, Vereinsmitgliedern, PolitikerInnen etc. Dazu haben wir die Plattform http://www.politnetz.ch/feedback eingerichtet.
Schwach: Man muss für fast alle Funktionen als Benutzer angemeldet – was man erst erfährt, wenn man versucht, eine solche Funktion zu verwenden, beispielsweise «zustimmen».
Dafür funktioniert der Sign-Up-Prozess recht smooth. Und das schlichte, reduzierte Design gefällt mir sehr gut, bin bereits angemeldet und werde mich sicher auch mal einschalten.
Daily Lifestream Digest for August 5th | Traces
@mds
Uns ist die Maxime „One person – one vote“ wichtig, deshalb können Mitglieder zustimmen, kommentieren, Beiträge verfassen und Debatten starten. Nicht-Mitglieder können – anders als etwa bei Facebook – Debatten, Beiträge und Kommentare lesen und sich so eine Meinung bilden. Ob Mitglied oder nicht, wer welchen Beiträgen zugestimmt hat, sieht keiner – so ist das „Stimmgeheimnis“ gewahrt.
@Mathias Möller
Willkommen an Bord!
@Andreas:
Völlig OK. Ärgerlich finde ich aber jeweils, wenn einem als nicht angemeldeter Benutzer Funktionen als verfügbar angezeigt werden, die man gar nicht nutzen kann.
@mds
Als neues Angebot auf dem Web hast du genau eine Chance, den Besuchern deiner Site zu zeigen, worum es bei dir geht – sprich in unserem Fall: was du auf politnetz.ch tun kannst. Natürlich könnten wir auf unsere Startseite eine grafische Tour setzen oder einen grossen Screencast – allerdings haben wir uns dagegen entschieden, denn wir wollen direkt zeigen, was unsere Plattform für Funktionen bereit hält. Ein Rollover wäre vielleicht eine Möglichkeit zur Verbesserung …