Qualifizierte ältere Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integrieren – das ist die Idee von Social-Entrepreneurship-Startup Emeritus-Work.com.
Ob es einen echten Bedarf für ihre Idee gebe, dabei verliessen sich Fabio Babey und Christian Wittmer nicht auf ihre eigene Meinung. Stattdessen machten sie mehrere kleine Marktstudien, sprachen mit diversen Seniorenorganisationen und stellten sich sogar selbst in die Fussgängerzone um Passanten zu interviewen.
Wäre das Feedback nicht so positiv gewesen, wie es herauskam, hätten die beiden Gründer ihre Idee nicht umgesetzt.
So lancierten Fabio und Christian Emeritus-Work im Frühling 2010. Das Ziel: Eine Arbeitsvermittlung für Senioren, insbesondere Pensionäre, die eine Beschäftigung aus Interesse und Spass am Job suchen. So etwas ist für die beiden beiden Sozialunternehmer längst überfällig angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung: Ein stetig wachsender Anteil der Bevölkerung befindet sich im Ruhestand, und sei gleichzeitig fitter und aktiver je zuvor. Bei vielen sehen die Gründer den Wunsch, sich nach dem Ruhestand beruflich neu zu engagieren.
Im Fokus bei Emeritus stehen dabei Teilzeitjobs von ein bis zwei Tagen pro Woche. Angezielt bei den Arbeitgebern sind primär KMUs. Emeritus will sich auf diese konzentrieren, da grössere Firmen oftmals eigene Seniorenprogramme hätten oder prinzipiell nur jüngere Menschen einstellten. Dabei sind sich die Gründer sicher, dass sich etwas Unvereingenommenheit hier für jedes Unternehmen lohne. Dass für die Senioren im Idealfall die Begeisterung am Job, das Aktivsein und das Weitergeben von Know-How im Vordergrund steht, soll den Arbeitgebern nämlich Flexibilität, geringe Kosten und praktische Erfahrung der Kandidaten garantieren – so die Verkaufsargumente von Emeritus. Für die Vermittlung entstehen den Senioren keine Kosten, die Gebühr wird vom Arbeitgeber übernommen. Sie entspricht bei einer erfolgreichen Vermittlung einem Monatslohn.
Beide Gründer arbeiten an Emeritus in ihrer Freizeit. Fabio neben seiner Assistenzstelle an der Universität Zürich, Christian neben seinem Strategie- und Unternehmensberatungjob. Während Christian eine 100%-Stelle versieht, arbeitet Fabio 60%, daher übernimmt er die Hauptlast der operativen Aufgaben. Sobald es die Einnahmen zulassen, wollen die Jungunternehmer mit gutem Beispiel vorangehen und selbst einen Senioren für die administrative Arbeit einstellen. Diese besteht zurzeit vor allem im Rühren der Werbetrommel und Kontaktieren von Seniorenorganisationen und potentiellen Firmenkunden. Nachdem Emeritus Anfang November gute Presse erhalten hatte, erhielten die Gründer einen Schub an neuen Anfragen. Das Interesse bei Vereinen, Stiftung und weiteren Organisationen, die sich für Senioren einsetzen, ist rundum vorhanden und insbesondere seit dem ersten Medieninteresse durchwegs gut.
Schwieriger stellte sich die Seite der Arbeitgeber heraus. Von den 200 Unternehmen, welche die Gründer bislang angefragt haben, sind erst eine Handvoll mit an Bord. „Viel Überzeugungsarbeit“ ist laut Fabio nötig, um die Arbeitgeber gewinnen. Die Gespräche verliefen zwar meist positiv, aber zu einem tatsächlichen Abschluss komme es trotzdem selten. In weiteren Evaluationen wollen die Gründer prüfen, ob sie ihre Ziele erreichen können und falls nicht, was die Skepsis vieler Arbeitgeber ausmacht und wie sie darauf reagieren könnten. Vorerst bleibt den Gründern nur das Spekulieren und Dranbleiben. Es brauche wohl einfach noch einen Dominostein der falle – eine besonders einprägsame Erfolgsstory oder die Einsicht, wie gut viele Senioren qualifiziert seien, meint Fabio.
Mit der terzStiftung, einem der grössten Dienstleister für Senioren, haben die Sozialunternehmer inzwischen eine Partnerschaft gestartet, von der sie viel erwarten im Bezug auf Sichtbarkeit und als Türöffner für weitere Kooperationen. Dann, so hoffen sie, komme vielleicht auch bei den Arbeitgebern der Ball endlich ins Rollen.
Leider scheint ja wirklich noch eine Menge Überzeugungsarbeit bei den Arbeitgebern nötig sein. Aber der Trend geht eindeutig in die Richtung, dass jahrelang erworbene Wissen der Seniorien zu nutzen. Mein Kompliment für Emeritus-Work, ich wünsche alles Gute für die Akzeptanz.
Ja, es ist in der Tat so, dass diejenigen, die am lautesten nach Arbeit für Senioren schreien, bei konkreten Lösungen nicht zu erreichen sind. Wir werden aber weiterhin versuchen möglichst viele Partner mit ins Boot zu kriegen. Unserer Ansicht ist es auch wichtig, dass die Arbeit der Senioren keinen rein sozialen Aspekt hat, sondern, dass der vollwertige, adäquat bezahlte Job im Vordergrund steht.
Die Überzeugunsarbeit ist in vollem Gange und wir sind sehr zuversichtlich, dass wir bald weitere Jobs vermitteln können.
Mein Kompliment für den Mut zur Umsetzung. Eine Harvard-Studie ist vor einigen Jahren zu dem Ergebnis gekommen, dass nach dem Erreichen des Rentenalters die Lebenserwartung drastisch sinkt, wenn der „Senior“ nicht mehr gefordert wird. Dabei spielt das Salär nur eine untergeordnete Rolle. Ich bin sicher, dass dieses nicht nur für die USA gilt, sondern auch für Europa.
Ich bin mir ganz sicher, dass es für diese grandiose Idee einen Bedarf gibt. Ich habe alleine in meinem Bekanntenkreis eine Reihe von Senioren, die nur auf eine solche Aktion gewartet haben.
Ist das Seniorenjobprogramm nur auf Schweizer Firmen beschränkt?
Als kleines Start-Up können wir im Moment nur den Schweizer Markt (und hier vorzugsweise die deutschsprachige Schweiz) bearbeiten. Von der Seite Senioren wäre eine Ausweitung der Tätigkeit kein Problem, aber die Kontakte zu den Unternehmen gestalten sich sehr aufwendig. Daher kommt der Fokus auf die Schweiz. Mittelfristig ist aber eine Ausweitung sicherlich denkbar.
Ein tolles Konzept und eine Bereicherung für den Arbeitsmarkt. Ich wünsche viel Erfolg und hoffentlich bald viele weitere Arbeitgeber mit an Bord.
Ja, auch ich warte auf eine Möglichkeit mit reduzierter Zeit nochmals in den Arbeitsmarkt einsteigen zu dürfen.
Es werden zwar grosse Töne gespuckt, doch wenn ich meine Arbeitskraft anbiete werden Türen zugeschlagen.
Darum ein grosses Kompliment diesen Einsatz und ein herzliches Dankeschön. Vielleicht reicht ihr Einsatz für den nächsten Jahrgang.