Das Newsportal Storyfilter.com ist seit rund einem Monat online und hat in der Schweizer Medienszene bereits für Diskussionen gesorgt. Mit ausgewählten Geschichten und Videos aus aller Welt möchte Gründer und Ex-20-Minuten-Journalist Bernhard Brechbühl seine Community aufbauen. Welche Ziele Brechbühl mit Storyfilter erreichen will und was sein Fazit nach einem Monat ist, haben wir nachgefragt.
Wie unterscheidet sich Storyfilter von herkömmlichen Newsportalen?
Unsere Redaktion nimmt den Usern Arbeit ab, indem sie hunderte von Newsquellen, Blogs und Social-Media-Kanälen nach starken Geschichten durchforstet. Wo sind die Storys, die eine „Wow“-Reaktion auslösen und verblüffend sind? Im Netz gibt es jeden Tag Perlen, die für Gesprächsstoff sorgen. Unsere redaktionelle Arbeit nennen wir Kuratieren. Wir spüren Geschichten auf, die noch nicht auf jedem Newsportal herumschwirren. Frische Inhalte, die User mit ihren Freunden teilen können. Unsere Auswahl von zirka sieben Geschichten liefern wir jeden Werktag per Newsletter und natürlich via Facebook und Twitter.
Geht es bei Storyfilter also nur um Klicks und Facebook-Likes, und nicht um ernsthafte Geschichten?
Wir setzen stark auf unterhaltsame Inhalte, aber wir bringen auch ernste Themen wie Lampedusa oder die 1:12-Initiative, die ebenfalls in den sozialen Netzwerken diskutiert werden. Unsere Strategie ist ein organisches Wachstum über Social Media, damit Storyfilter eine Reichweite erreicht, über die wir uns finanzieren können.
Wie sieht das Erlösmodell von Storyfilter aus?
Wir bieten Unternehmen so genanntes Native Advertising an. Ich möchte die User auf keinen Fall mit Bannerwerbung nerven! Vielmehr wollen wir in unserer Rubrik Consumer Content in einem redaktionellen, objektiven Stil über neue Produkte berichten. Den Unternehmen bieten wir sowohl die kreative Leistung der Story-Produktion als auch die Medialeistung an.
Vermischt sich der „journalistische“ dann nicht mit dem „kommerziellen“ Content?
Jede Geschichte, die wir im Auftrag eines Unternehmens produzieren, wird mit „Consumer Content“ deklariert. Ähnlich wie bei einer Publireportage in einer Zeitung. Da darf man nicht päpstlicher als der Papst sein. In einer Konsumgesellschaft interessieren sich die Leute nun mal für neue Produkte. Und der mündige Bürger weiss inzwischen auch, dass manchmal ein Unternehmen hinter gewissen Geschichten steckt. Bestes Beispiel war der Sprung aus der Stratosphäre, gesponsert von Red Bull.
Was ist der journalistische Anspruch von Storyfilter?
Wir können mit unterhaltsamen Inhalten eine junge Zielgruppe erreichen, die sich primär via Social Media informiert. Diese schätzt frische Stories, die anders als bei herkömmlichen Newsportalen präsentiert werden. Trotzdem können wir auch ernsthafte Inhalte einstreuen und vielleicht diese Generation besser erreichen als klassische Medien.
Heisst der Journalist in einigen Jahren Kurator?
So müssten viele schon heute heissen. Mancher Medienschaffende produziert keine originären Inhalte mehr. Der investigative Journalist ist an vielen Orten weggespart worden. Natürlich hat jemand den NSA-Skandal aufgedeckt, aber nur wenige Leute haben die Mittel für solche Recherchen.
Nochmals zur Finanzierung: Wie sieht dein Businessplan aus?
Ich halte mich an die Konzepte „Lean Startup“ und „Bootstrapping“. Da steht der Businessplan nicht im Vordergrund.
Was bedeutet das für Storyfilter?
Es geht darum mit bescheidenen Ressourcen ein Produkt auf die Beine zu stellen. Keine technische Meisterleistung, sondern so, dass es reicht für die Lancierung. Ich habe die Entwicklung des Produkts mit eigenem Geld finanziert. Jetzt analysiere ich, wie die User darauf reagieren. Was passiert mit dem Traffic, den Facebook-Fans etc.? Ich entscheide punktuell, wie ich weitergehen soll. Erst wenn ich gewisse Anhaltspunkte habe, schreibe ich einen Businessplan und gehe damit auch auf Investoren zu. Viele Startups schreiben zuerst einen fantasievollen Businessplan um Investoren zu finden, und legen nachher los. Wenn aber der Kapitalbedarf für den Start nicht allzu gross ist, finde ich den Lean-Startup-Ansatz ehrlicher.
Wie ist dein Fazit nach einem Monat?
Die Werte sind erfreulich, insbesondere die Facebook-Aktivitäten. Wir haben inzwischen rund 2000 Fans. Im Vergleich mit diversen etablierten Medienmarken ist das ein sehr guter Wert nach so kurzer Zeit. Ebenfalls spannend ist, wie oft User unsere Geschichten in den sozialen Medien teilen und diskutieren. Auf Facebook und Twitter gab es im ersten Monat über 2300 Interaktionen zu unseren Stories, einzelne Geschichten haben dreistellige Facebook-Werte erreicht. Der Traffic muss aber natürlich noch steigen, damit er für Werbekunden spannend wird. Im Fokus steht auf jeden Fall zunächst die redaktionelle Arbeit, die gut gemacht sein muss, damit viele User Freude an Storyfilter finden.
An dieser Stelle schlägt der Interviewpartner jeweils ein nächstes Startup vor. Wir haben in diesem Fall darauf verzichtet, weil wir bereits einen Kandidaten haben: Dodiz.ch stellen wir nächste Woche in dieser Rubrik vor. Vorgeschlagen von Flurin Müller von Buddybroker.
9 questions to Bernhard Brechbühl from Storyfilter | Entrepreneurship Blog