Wie sieht der Aufbau einer Kundenbasis in einem Webstartup aus? Die Formel «Aarrr!» liefert dafür einen einfachen Bauplan.
Nach Internetmassstäben steinalt, trotzdem aktuell wie nie: Der Leitfaden Startup Metrics for Pirates von Dave McClure. McClure war unter anderem Marketingleiter von Paypal, ist heute Business Angel und leitet den Inkubator 500 startups. Die Wortmeldungen des polarisierenden Investors sind im Silicon Valley bekannt. Meistens wegen ihrer Lautstärke, oft wegen des Tonfalls, manchmal aber auch wegen ihres Inhalts.
Wir schauen uns einen von Letzteren an: Das Akronym «Aarrr!» und die «Startup Metrics for Pirates» – so geheissen, weil dieser Ausruf von einem typischen Hollywood-Piraten stammen könnte. Er steht für
- acquisition
- activation
- retention
- referral
- revenue
Diese Begriffe pflastern den Weg vom ersten Kontakt bis zur echten Kundenbeziehung. Wichtig ist, sie von Anfang an zu quantifizieren, also messbar zu machen.
Acquisition
Welche Kanäle bringen Nutzer auf die Plattform? Hier dreht sich alles um drei Fragen; nach dem Volumen, nach den Kosten pro Nutzer und der Konversionsrate. Von Facebook bis zu SEO, jeder Kanal bringt ein Potential und Aquisitionskosten mit sich. Wie gut die Kanäle funktionieren, zeigt sich in der Praxis – wie oft konvertiert eine erreichte Person zum Nutzer, der sich für den Dienst anmeldet?
Mit diesen Faktoren lässt sich eine Kosten-/Nutzenrechnung aufstellen, die ausdrückt, wie teuer es ist, an User zu kommen. Ein Schritt, der sich lohnt: Startups haben keine Ressourcen für Marketing, das nichts bringt.
Activation
Leitfrage: Wie gut sind wir darin, dem Besucher das zu bieten, was er will? Hier geht es zum Beispiel um das Design einer Landing Page. Schaffen wir es, den Besucher abzuholen mit dem, was er antrifft? Ist das Produkt oder die Dienstleistung optimal präsentiert?
Stimmen das Interesse der Besucher und der versprochene Mehrwert zusammen, schlägt sich das in etwas Positivem nieder – zum Beispiel Anmeldungen. Zum Startup-Alltag gehört ein ständiges Durchleuchten, wie gut das funktioniert und was sich optimieren lässt. McClure empfiehlt hier, auf Feedback zu setzen: «Don’t be too smart, use lots of A/B-testing.»
Retention
Meldet sich der Besucher an, hat man einen neuen Nutzer ergattert. Wie wertvoll er für das Startup sein wird, hängt davon ab, ob er nach dem ersten Besuch wiederkommt. Das gilt für soziale Dienste ebenso wie für Onlineshops oder Produktivitätsapps. Kundenbindung, bei Webservices auch als «stickyness» bezeichnet, ist die Kunst, den Nutzer regelmässig auf das eigene Angebot zurückzuholen. Im Idealfall geschieht das durch die Attraktivität des Diensts. Trotzdem wäre es unvernünftig, sich allein darauf zu verlassen. Blogs, Newsletter, Facebook-Pages und gelegentliche Goodies helfen hier weiter.
Beliebt und Teil der Werkzeugkiste praktisch aller Onlinedienste sind automatisierte E-Mail-Reminder. Der Trick hier liegt beim «wie» – wann melden wir uns beim Nutzer mit welchem Inhalt? Die Öffnungsrate einer E-Mail gibt darüber Aufschluss, wie gut so ein Nachfassen ankommt.
Referral
Weder Apps noch Onlinedienste kommen ohne aus: Nutzerempfehlungen und Mundpropaganda. Sie sind essentiell für Startups, die eine kritische Masse benötigen, um zu funktionieren. Entsprechend vielgestaltig sind die Versuche, die Vermittlung durch bestehende Nutzer zu fördern: Sharing via Social Media, Einladungen an den Freundeskreis, Belohnungen für das Werben weiterer Nutzer. Wie gross die Weiterempfehlungsquote ist, liefert dabei wertvolles Feedback darüber, wie gut dem Publikum der Dienst gefällt.
Revenue
Wie generieren wir Erträge? Hier treffen nochmals alle obigen Punkte zusammen. Mit dem Wissen daraus lässt sich abschätzen, wie gross die Zahlungsbereitschaft der Nutzer ist und welche Akquisitionskosten sie haben. Verheiratet man beide Informationen miteinander, hat man eine Grundlage für ein Preismodell.
Cash-Maschinen wie die derzeit erfolgreichsten Free-to-Play-Spiele zeigen, wie man diese Rezeptur zur Perfektion ausfeilen kann.