Das Thema Tech-Bubble ist mit einigen Aufsehen erregenden Börsengängen und Startup-Finanzierungen in aller Munde. Warum Schweizer Jungunternehmen dagegen gefeit sind.
Um es vorab zu sagen: Nein, von der zuletzt vielbeschworenen, globalen Techblase ist in der Schweiz nichts zu spüren. Aber die Einschläge kommen näher. Spektakuläre Finanzierungsrunden beschränken sich nicht länger auf das Silicon Valley und werden auch in Europa und anderswo zum Alltag.
So haben allein in Deutschland seit Ende Mai das Gaming-Startup Wooga und der Airbnb-Klon Wimdu beide zweistellige Millionensummen eingesammelt. Besonders bei letzterem ist unklar, ob diese Summe irgendeinen Bezug zu den zukünftigen Erträgen hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Geld dazu dient, Wimdu künstlich anzufetten um dann bei einem Exit an US-Vorbild Airbnb mehr einzustreichen. Ob das Geld wirklich vollumfänglich ins Operative fliesst und von den Gründern eingesetzt werden kann, ist dagegen fraglich.
Das sind die jüngsten Beispiele dem deutschsprachigen Raum. In den USA spüren bekanntlich derzeit zahlreiche Webunternehmen den Frühling und versuchen sich an der Börse. Die dabei erzielten Bewertungen erinnern an die Dotcom-Blase. Gerade über die P/E-Ratio betrachtet – also das Verhältnis von Firmenwert und Erträgen – lassen die Bewertungen vielfach stutzen. Der Economist hat bereits vor einem Monat erste Sturmwolken am Himmel aufziehen sehen. Seither ist mit LinkedIn ein weiterer Börsehype ins Land gegangen, der auch schon Skepsis geerntet hat. Das bevorstehende IPO von Groupon und der ebenfalls erwartete Börsengang von Facebook werfen ihre Schatten voraus. Auch hier scheint trotz realer Gewinne der Unternehmen eine Bewertung stattzufinden, die den Erwartungen langfristig kaum wird standhalten können.
Diese neue amerikanische Venture-Euphorie hat bereits ein satirisches Online-Game inspiriert. In Venture Crapital geht es darum, mit Geld nach Internet-Startups zu werfen – und sie zu verkaufen bevor sie platzen.
Wie sieht es hierzulande aus? Die Voraussetzung einer echten Blase wäre ein Börsenkotierung von Unternehmen. Zurzeit dominiert aber das Geld von Privatinvestoren und Venturekapitalisten – und auch das ist hierzulande notorisch knapp. Auch sonst bleibt die Schweiz bei der Finanzierung von Jungunternehmen hinter dem Ausland zurück. Gründe dafür sind nach meiner Einschätzung nach eine grössere Risikoaversion der Investoren.
Was ebenfalls einer Blasenbildung entgegenwirkt, ist die Art und Weise, wie sich die hiesige Szene vom Ausland unterscheidet. Zum Beispiel in der Technologielastigkeit von Startups. Sie sind auch im Ganzen oft weniger auf den B2C-Bereich als auf B2B aus und müssen daher weniger Kapital ergattern um zu skalieren. Und wenn, dann lässt man sich Zeit. Es gibt keinen grossen Hype-Cycle und die Geschwindigkeit von Startups zu pushen ist selten Priorität der Investoren. Fast nie werden hier grosse Summen in die Hand genommen, um eine Time-to-Market zu verkürzen oder einen Nutzeraufbau zu beschleunigen mittels Geld und Performance Marketing. Genauso schreckt man, abgesehen von einigen Ausnahmen, vor Klon-Geschäftsmodellen zurück, bei denen die erwähnte Geschwindigkeit und eine massive Skalierung wichtig sind. Auch das trägt zu schlankeren Startups bei, die weniger Hype nötig haben.
Eine witzige Fussnote zum Thema Boom-and-Bust steuert übrigens Hervé Lebret auf seinem Blog bei. Nachdem er von einem Bekannten alte Printausgaben des Tech-Magazins Red-Herring bekommen hatte – 1996 bis 2002 – schaute er sich die Seitenzahlen der einzelnen Hefte einmal genauer an: Er stellte fest, dass sich der Hype zu Zeiten der Dotcom-Blase ziemlich genau in der zunehmenden Länge der Ausgaben wiederfinden lässt. Mit dem Platzen der Blase wurden die Hefte wieder rasant kürzer.
Bezeichnenderweise ist das Printmagazin inzwischen eingestellt worden. Vielleicht sollten wir auf einen Relaunch hoffen – dann hätten wir ganz einfach einen praktischen Seismographen für neue Krisen.
Bild: Pascal Terjan. (CC-Lizenz)
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