Richtige gehandhabte Unternehmenskultur ist ein Führungsinstrument, gerade auch für Startups. Dazu gehört vor allem Konsequenz vonseiten der Gründer, meint unser Gastautor.
von Paul Morgenthaler, Gründer von pauls way
Gründer müssen sich beim Aufbau eines Unternehmens um so vieles gleichzeitig kümmern, dass Themen wie Kultur oft zweitrangig scheinen. Spricht man jedoch mit erfahrenen Unternehmern, hört man immer wieder, dass gerade die richtige Unternehmenskultur ein entscheidender Erfolgsfaktor ist.
Heissluftrhetorik bringt nichts
Erfolgreiche Unternehmer wissen, dass sich hinter dem Begriff „Unternehmenskultur“ keine wolkigen Sprüche verbergen, sondern dass Kultur ein Mittel ist, ihr Unternehmen nachhaltig effektiv zu führen. Wer eine Kultur hat, kann eine Ansammlung von Individuen in ein schlagkräftiges Team formen, das im Sinne des Unternehmens an einem Strang zieht.
Die Frage ist nicht, ob ein junges Unternehmen eine Kultur braucht, sondern welche Kultur die richtige ist und wie man sie als Gründer formen kann.
Viele abschreckende Beispiele aus der Welt der Grosskonzerne zeigen, wie es NICHT geht: So definierte das grosse amerikanische Energieunternehmen Enron, das 2001 nach einem gigantischen Betrugsskandal pleite ging, seine Kultur wie folgt: „Integrity, Communication, Respect, Excellence“.
Diese sogenannten Werte der Enron-Unternehmenskultur standen auf einer grossen Marmorplatte in der Hauptlobby der Konzernzentrale geschrieben. Jeder Mitarbeiter, der mehr als nur ein paar Wochen bei Enron war, wusste aber, dass diese Aussagen so gut wie nichts mit der wirklichen Kultur von Enron zu tun hatten.
Vorleben und Belohnen
Die Werte eines Unternehmens zeigen sich nicht in austauschbaren Formulierungen wie im Falle Enron (und den meisten anderen Grosskonzernen), sondern in den Verhaltensweisen, die vom Unternehmen belohnt und vom Management vorgelebt werden. Gerade in einem Startup ist die Vorbildfunktion der Gründer entscheidend. Wenn die Gründer z.B. möchten, dass Pünktlichkeit ein wichtiger Wert der Unternehmenskultur ist, müssen sie diese Pünktlichkeit unbedingt von Anfang an selbst vorleben.
Ich habe schon in vielen Startups erlebt, wie die Kultur im Unternehmen ein Spiegelbild der Persönlichkeit des Gründers war. Mitarbeiter ahmen das Verhalten der Gründer oft bis in kleinste Details nach. Schon bevor der erste Mitarbeiter eingestellt wird, sollten sich die Gründer daher sehr genau überlegen, welche Kultur das Unternehmen braucht, um in ihrem Markt dauerhaft erfolgreich zu sein. Dies kann sich je nach Branche durchaus unterscheiden: Bei einer Social-Media-Beratung können andere Werte im Vordergrund stehen als bei einem Startup für IT-Security.
Wichtig ist vor allem, dass diese Werte explizit formuliert und in konkrete Verhaltensweisen übersetzt werden. An diese müssen sich die Gründer unbedingt halten, selbst wenn es im Einzelfall zu Ineffizienzen führen kann. Wenn z.B. „Pünktlichkeit“ ein zentraler Wert im Unternehmen darstellen soll, dann muss ich als Gründer selbst dann pünktlich zu einem internen Meeting erscheinen, wenn ich eigentlich noch einen wichtigen Anruf erledigen müsste. Am besten, die Mitarbeiter bekommen es direkt mit, dass der Gründer für den pünktlichen Beginn des Meetings auf diesen Anruf verzichtet hat.
Mehr Selbständigkeit
Wenn sich eine Kultur im Unternehmen erst einmal eingespielt und verfestigt hat, ist es extrem schwierig, sie wieder zu ändern. Sie wird sich automatisch auch auf neue Mitarbeiter übertragen und Menschen anziehen, die diese Kultur schätzen. Die Mitarbeiter wissen, welche Entscheidungen im Sinne des Unternehmens sind und welches Verhalten von ihnen in verschiedenen Situationen erwartet wird. Sie müssen sich nicht für jede kleine Entscheidung bei ihren Vorgesetzten rückversichern. Prozesse werden effizienter und die Gründer haben mehr Zeit um sich mit strategischen Fragen zu beschäftigen. Auf diese Weise kann eine Organisation schneller und mit geringeren Reibungsverlusten skalieren.
Dass eine starke Unternehmenskultur auch nicht durch viele Millionen ersetzt werden kann, zeigt die aktuelle Expansion von Groupon in China. Wie Techcrunch berichtet, soll ein Grossteil der kürzlich eingesammelten 950 Millionen Dollar für den Aufbau eines Ablegers in der Volksrepublik verwendet werden, um noch bis März 1’000 neue Mitarbeiter einzustellen. Doch mittlerweile scheint das Projekt in einem organisatorischen Chaos stecken geblieben sein.
Wie man sieht, ist Unternehmenskultur eben kein Thema für Softies, sondern ein harter Faktor, der sich direkt auf den unternehmerischen Erfolg auswirkt.