Karim Maizar, Partner von Kellerhals Carrard und Head of Startup Desk, ist ein Startup-Guru. Seit Jahren steht er Schweizer Startups bei rechtlichen Fragen und beim Abschluss von Finanzierungsrunden zur Seite. Neu ist Maizar auch Sponsor von venture leaders Life Science. In zwei Wochen wird er im Rahmen der «Ask the Expert»-Reihe von venturelab Interessierten zum Thema «How to prepare and be ready for Due Dilligence by investors» einiges erzählen. Sei dabei und melde dich für diese kostenlose Veranstaltung an. 

Karim, stell dich kurz unseren Lesern vor.
Ursprünglich im Thurgau aufgewachsen, habe ich in Zürich Jus studiert. Nach dem Absolvieren der Anwaltsprüfung habe ich – ebenfalls an der Uni Zürich – eine Dissertation im Bereich Aktienrecht verfasst. Bereits während der Doktorarbeit war ich als Anwalt in einer Zürcher Grosskanzlei (Bär & Karrer) in Teilzeit tätig, wo ich dann anschliessend auch mehrere Jahre vollzeitlich angestellt war. Dazwischen war ich Gründungsmitglied einer Schweizer Fachzeitschrift im Bereich Gesellschaftsrecht (GesKR), habe einen Forschungsaufenthalt in New York absolviert und ein Secondment bei der Swiss Re in der Finanzabteilung wahrgenommen. Heute bin ich sehr happy in der Privatwirtschaft tätig.

Seit wann bist du bei Kellerhals Carrard und was sind deine Aufgaben dort?
Ich habe 2011 mit Blick auf den Aufbau eines Startup Desk zu Kellerhals Carrard gewechselt, wo ich 2015 als Partner aufgenommen wurde. Schon kurze Zeit, nachdem ich hinzugestossen war, haben sich meine Aufgaben als Anwalt auf die Beratung von Gründern bzw. Startups fokussiert und heute habe ich nur noch sehr wenige Klienten, die nicht Startups oder nicht dem Startup-Ökosystem im weiteren Sinne zuzuordnen sind. In dieser Position erlebe ich meinen Alltag als ausserordentlich vielseitig und abwechslungsreich. Ich darf auf ein Team von mehreren spezialisierten Anwälten zurückgreifen, die schwergewichtig Startups beraten und die mittlerweile auch selbständig Mandate führen. Ohne sie könnten wir unseren Startup Desk gar nicht in dieser Qualität betreiben.

Was machst du sonst noch?
Neben der damit verbundenen Koordinations- und Führungsaufgabe betreue ich Startups nach wie vor auch selbst, primär bei grösseren Finanzierungsrunden, Mitarbeiter-Beteiligungsprogrammen oder Exits. Auch in Krisenzeiten, etwa wenn sich ein Gründerteam von jemandem trennen will oder wenn eine Finanzierungsrunde ganz zu scheitern droht, stehen wir häufig in engem Kontakt mit den Betroffenen, um sie im Rahmen unserer Möglichkeiten bestmöglich zu unterstützen. Weiter verbringe ich natürlich auch viel Zeit mit klassischer Akquise, sprich Workshops, Referaten, Juryeinsätzen, Netzwerkanlässen usw. Als Anwalt kann ich mir für mich persönlich keinen besseren Job wünschen als denjenigen des Startup Anwalts.

Was sind die Ziele des Startup Desk?
Das Ziel des Startup Desk bestand von Anfang darin, den Gründern frühzeitig als Berater beiseite zu stehen, um sie in rechtlichen Fragen zu unterstützen. Heute hat sich der Startup Desk längst als eigenständiger Pfeiler innerhalb der Kanzlei etabliert, was auch viel über die Offenheit der Kanzlei Kellerhals Carrard und deren Passion an Unternehmertum aussagt. Der Fokus liegt dabei nach wie vor auf der Beratung im Zusammenhang mit Finanzierungsrunden, Mitarbeiter-Beteiligungsprogrammen und Exits. Dadurch dass wir die Unternehmen auch in operativen Fragen rechtlich beraten, haben wir aber auch viel mit Lizenz- und Kooperationsverträgen, allgemeinen Geschäftsbedingungen und Fragen aus dem generellen juristischen Alltag eines Unternehmens (Arbeitsrecht, Corporate Housekeeping, Markenrecht, Steuern etc.) zu tun.

Kannst du uns ein paar Zahlen nennen?
Mit über 130 Anwälten können wir zu Spezialthemen die richtige Expertise intern abrufen und den Startups zu Startup-Konditionen anbieten. Wir haben seit unserem Launch über 120 Startups als Kunden gewonnen (16 davon sind in den Top 100 Startups 2016), Dutzende Finanzierungsrunden durchgeführt und in den letzten drei Jahren vier Exits begleitet. Die Kombination aus hoher Qualität, für die unsere Kanzlei als Grosskanzlei in der Schweiz einsteht, und der konsequenten, systematischen Ausrichtung unseres Startup Desks auf Startups und ihr Ökosystem, verbunden mit attraktiven Konditionen, macht uns im Markt in meinen Augen zu einem ganz besonderen Player.

Wir haben dich schon bei etlichen Workshops und Events als Referent erleben dürfen. Wie bereitest du dich darauf vor?
Ich versuche mich immer wieder aufs Neue zu fragen, wie man die teilweise komplexen juristischen Aspekte noch verständlicher und griffiger vermitteln kann, so dass man als Gründer einen direkten, positiven Mehrwert mit nach Hause nehmen kann. Mein Ziel ist es, „hands-on“ und pragmatisch Inhalte zu vermitteln, so dass man diese im Alltag 1:1 zum Tragen bringen kann.


Seit kurzem ist LEONI Mehrheitseigner vom Schweizer Startup Adaptricity – wir haben darüber berichtet. Auch Maizar war in diesem Deal involviert:


Mit venturelab arbeitest du viel zusammen. Wie würdest du das Verhältnis beschreiben?
venturelab war seit Anbeginn ein zentraler Netzwerkpartner beim Auf- und Ausbau unserer Venture Capital-Praxis. Die Erfahrung, die Beat Schillig, Jordi Montserrat und Stefan Steiner mitbringen und über ihre diversen venturelab-Formate den Startups vermitteln, sind für die Schweiz von enorm hohem Wert. Ein Startup-Ökosystem lebt von einem komplexen Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Forschung sowie den richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Plattformen wie diejenige von venturelab, die in einer frühen Phase so fokussiert auf hochqualitative Beratung und Förderung von „High Potentials“ ausgerichtet ist und über ein so starkes Netzwerk in verschiedenen Industrien verfügt, spielen dabei eine absolut zentrale Rolle. Es steht für mich ausser Zweifel, dass venturelab eine absolute Spitzenposition zukommt beim fortschreitenden Heranreifen unseres Marktes für Startups bzw. Venture Capital.

Was sind die drei wichtigsten Tipps, die du an Jungunternehmer geben möchtest?
Aus Sicht des Startup-Anwalts sind es sicherlich diese drei:

  1. Term Sheets für Finanzierungsrunden und die Strategie für die Finanzierung frühzeitig mit einem auf Venture Capital spezialisierten Anwalt besprechen, auch (und gerade schon) bei Seed-Runden.
  2. Umschichtungen der Aktienbeteiligungen unter Gründern (nach der Gründung) und die Beteiligung von Mitarbeitern und Beratern immer so früh wie möglich rechtlich prüfen lassen, um insbesondere böse Steuerfolgen zu vermeiden und fit für weitere Finanzierungsrunden (und Due Diligence-Übungen seitens der Investoren) zu bleiben.
  3. Bei ICT-Startups: Sicherstellen, dass die IP-Kette zwischen dem Startup und den jeweils beigezogenen Programmierern (interne wie externe) rechtlich sauber geschlossen ist. Das sind Dauerthemen bei einer Due Diligence, sei es für eine Finanzierungsrunde oder einen Exit.

Neu bist du auch Sponsor von venture leaders Life Science. Was bedeutet das genau? Und wieso Life Science und nicht Technology?
Unser Hauptfokus liegt traditionell klar im High Tech/ICT-Bereich. Wir haben in diesem Bereich allein im 2016 insgesamt 14 Finanzierungsrunden und 2 Exits begleiten dürfen und sind sehr gut im Ökosystem vernetzt. Im Life Science-Bereich ist unser Portfolio noch im Wachstum begriffen und weist Potential nach oben auf. Wir haben es deshalb zu einem strategischen Ziel von uns erklärt, im Bereich Life Science auf Seiten der Gründer mehr Präsenz zu markieren und unseren Desk entsprechend in diese Richtung weiter auszubauen. Da wir auch im Life Science-Sektor über einschlägige Erfahrungswerte und ein sehr gutes Netzwerk in die Industrie verfügen, bin ich zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Mit dem Sponsoring der venture leaders Life Science setzen wir in diesem Zusammenhang ein wichtiges Zeichen.

venture leaders gehört zu den erfolgreichsten Programmen, die es in der Startup-Welt gibt. Stimmst du dieser Aussage zu?
Wir haben mehrere Startups in unserem Portfolio, die an einem venture leaders Programm teilgenommen haben (z.B. Knip, InterAx Biotech, Ava, Wingtra, Haelixa) und sie sind alle ausnahmslos beeindruckt gewesen von dem enorm hohen Mehrwert, der ihnen der Aufenthalt auf verschiedenen Ebenen gebracht hat. Insofern fällt die Antwort auf die Frage glasklar aus.

Was müssen Jungunternehmer mitbringen, um bei venture leaders dabei zu sein?
Es sind vermutlich die üblichen Ingredienzien, die einen Startup über lange Frist in der Regel erfolgreich machen und die zumindest in Ansätzen auch für eine Teilnahme bei venture leaders vorhanden sein müssen. Allen voran gehört dazu das richtige Team, in dem sich unterschiedliche Kompetenzen und Charakteren vereinigen. Weiter braucht es eine skalierbare Lösung für ein Problem, das einen genügend grossen Markt verspricht und schliesslich steht und fällt alles mit dem nötigen Durchhaltewillen und der Anpassungsfähigkeit der Gründer, denn die Entbehrungen sind regelmässig sehr viel grösser als anfänglich gedacht.

Du hast viele Finanzierungsrunden begleitet. Was sind die häufigsten Fehler, die Startups in dieser Phase begehen?
Es sind weniger Einzelaspekte, sondern vielmehr die Tatsache, dass Finanzierungsrunden, vor allem mit institutionellen Investoren (VCs oder strategischen Investoren), generell eine höhere Komplexität bergen als Gründer manchmal annehmen. Der ganze Prozess fordert von den Gründern einiges, denn sie müssen nicht nur im Gespräch mit Investoren überzeugen können, sondern auch fähig sein, eine Due Diligence über ihr Startup ergehen zu lassen (was entsprechende Vorbereitung bedingt) und verstehen, welche Investment Terms akzeptiert werden können und welche nicht.
Auch die Frage, wie man sich für Folgerunden positioniert, ist wesentlich und wird häufig stark ausgeblendet. Ein Grundverständnis der verschiedenen Investitionsbedingungen wie Verwässerungsschutzklauseln, Liquidationspräferenzen, Drag-along und Tag-along Rechten ist deshalb unerlässlich; auch die Frage nach der Ausgestaltung der Corporate Governance, allen voran die Grösse und Zusammensetzung des VR, werden häufig unterschätzt.
Denn bei allen Finanzierungsrunden gilt entgegen der voranschreitenden Standardisierung immer noch: One size doesn’t fit all. Sich frühzeitig auf eine Runde vorzubereiten, einen Lead-Investor zu bestimmen, sich eine Finanzierungsstrategie zu überlegen (wozu auch ein Plan B für das Scheitern der Runde gehört) und bereits auf Stufe Term Sheets einen spezialisierten Berater beiseite zu haben, sind deshalb klar die besten Empfehlungen, die ich Startups mit Blick auf Finanzierungsrunden abgeben kann.