Der Kanton Zürich positioniert sich als innovativ und Startup-freundlich. Gleichzeitig sehen sich zahlreiche Gründer von Startups mit einer hohen Vermögenssteuerrechnung konfrontiert, obwohl sich ihr Startup noch immer in der Aufbauphase befindet und sie keine nachhaltigen Gewinne schreiben. Grund dafür ist das Zürcher Steueramt, welches die Aktien der Startups nach Preisen der letzten Finanzierungsrunde bewertet. Die Folge: Gründer werden auf die Aktien teilweise so hoch besteuert, dass sie die Steuerrechnung gar nicht bezahlen können. Nach Climeworks, Uepaa, Movu und Staff Finder meldet sich mit Agilentia-CEO, Tobias Häckermann (Bild), ein weiterer Zürcher Gründer zu Wort, der ebenfalls von der Steuerpolitik gebeutelt wird. Agilentia zählt nicht nur Nestlé, Novartis oder Zurich Insurance Group zu seinen Kunden, das Unternehmen ist auch seit 2012 bereits zum vierten Mal im TOP 100 Ranking der besten Schweizer Startups zu finden.
Hallo Tobias, kannst du uns kurz erklären, was dein Startup genau anbietet?
Sherpany von Agilentia ermöglicht dem Top-Management schneller die richtigen strategischen Entscheide zu treffen, indem wir den Entscheidungs- und Sitzungsprozess digitalisieren. Damit schaffen wir die Grundlage für echte digitale Transformation in der strategischen Entscheidungsfindung. Auf der Basis von „deep learning“ Ansätzen vernetzen wir Entscheide über Sitzungen hinweg, schaffen Transparenz im Entscheidungsprozess und ermöglichen letztlich datengetriebene Lernzyklen für Entscheidungsträger.
Wie viele Mitarbeitende beschäftigt Agilentia?
Die Agilentia AG wurde 2010 in Zürich gegründet. Mittlerweile beschäftigen wir 20 Mitarbeitende in der Schweiz und 20 weitere in Lissabon, Südafrika, USA, Polen und Brasilien. Nestlé, Novartis, Zurich Insurance Group, Swiss Re und viele weitere grosse Konzerne gehören zu unseren Kunden. Wir konnten in den letzten Jahren stark wachsen, schreiben aber noch immer Verluste, weil wir den Aufbau finanzieren müssen.
Wie finanziert ihr diese Verluste?
Zum Start konnten wir Business Angels von unserer Idee überzeugen und 2014 schlossen wir erfolgreich eine grössere Finanzierungsrunde ab, um zu wachsen. Wir sind nun auf weiteres Kapital angewiesen, um unsere Technologie international zum Erfolg zu bringen.
Wie wirkt sich die neue Steuerpraxis auf euch aus?
Wir erwarten wie Climeworks horrende Vermögenssteuerrechnungen, die wir nicht bezahlen können! Die neue Praxis im Kanton Zürich bestraft die erfolgreichen Startups, denen es gelungen ist substanzielle Finanzierungsrunden durchzuziehen. Die stehen jetzt alle mit einem Steuerproblem da. Zum einen hat jeder aus unserem Gründerteam jetzt ein existenzielles Problem, zum anderen warten auch auf unsere Business Angels massive Steuerrechnungen, falls wir im Kanton Zürich bleiben sollten.
Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Wir wollen zu einem international führenden Unternehmen wachsen und sind deshalb auf weiteres Kapital von Investoren angewiesen. Die neue Steuerpraxis des Kantons Zürich verursacht eine starke Verunsicherung bei Schweizer Investoren und hilft uns damit definitiv nicht bei der Kapitalsuche. Falls der Kanton Zürich an der kommunizierten Vermögenssteuerpraxis festhält, bleibt uns keine Wahl. Deshalb prüfen wir jetzt konkret, den Firmensitz zu verlegen.
Bereits letztes Jahr sorgten Häckermann und seine Kollegen für Furore und wurden vom SRF interviewt:
Bist du von der Steuerthematik selber betroffen oder hast du Fragen? Stefan Steiner, Managing Director von venturelab in der Deutschschweiz, hilft dir gerne weiter: sts@venturelab.ch; +41 (0)71 242 98 88
Und weitere Informationen zum Steuer Thema findet man zusammengefasst im Steuer Dossier von venturelab: www.venturelab.ch/startupsteuer
Wir haben bereits mit hochkarätigen und international aufstrebenden Zürcher Startups (Climeworks, Movu, Uepaa und Staff Finder) über dieses Thema gesprochen. Auch sie sagen, dass Jungunternehmer gezwungen sind, den Kanton zu verlassen – oder zumindest sich um einen Wegzug Gedanken machen müssen, um nicht in den Ruin getrieben zu werden.