Das Kantonale Steueramt Zürich passt seine Praxis bei der Bewertung von Unternehmen in deren Anfangsjahren an. Dies hat das Steueramt heute in einer Mitteilung verlauten lassen. Die Nachricht wird nur als Teilerfolg für die Startup-Szene in Zürich gewertet: #StartupSteuer

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Wie wir berichteten, war die Steuersituation für Startups in Zürich seit 2015 äusserst unangenehm. Das Problem brachte die Handelszeitung auf den Punkt: «Führen Startups Finanzierungsrunden durch, um Geld für den Auf- und Ausbau des Unternehmens zu beschaffen, gilt nicht der Substanzwert für die Veranlagung. Stattdessen geschieht diese auf der Grundlage des Zeichnungspreises, den Investoren bei der letzten Finanzierungsrunde bezahlt haben. Wird der Wert der Firma anhand dieser Risikokapitalspritze ermittelt, kann dieser rasch um den Faktor 50 bis 100 in die Höhe schnellen – und im Gleichschritt die Vermögenssteuer, welche die Gründer zu entrichten haben.»

Nachdem im vergangenen Herbst drei Zürcher Kantonsräte eine Anfrage zur Besteuerung der Startup-Aktien eingereicht haben, fiel die Antwort der Regierung ernüchternd aus. Wie Startupticker berichtet, seien für die Bewertung die Vorgaben durch die Wegleitung der Schweizerischen Steuerkonferenz massgebend. «Die Wegleitung sieht vor, dass Unternehmen für das Gründungsjahr und die Zeit der Aufbauphase in der Regel nach dem Substanzwert zu bewerten sind. Nach Auffassung des Zürcher Regierungsrats endet die Aufbauphase aber, wenn Investoren beim Jungunternehmen einsteigen.»

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Stefan Steiner bezeichnet die Zürcher Praxis als «Rohrkrepierer».

Stefan Steiner, Managing Director von venturelab, äusserte sich im Tagesanzeiger zu diesem Thema. Er sprach von einem «Rohrkrepierer». Er kennt Zürcher Unternehmen, die im letzten Jahr in den Kanton Schwyz gewechselt haben, weil 2016 eine neue Finanzierungsrunde anstand. Es gebe über ein Dutzend Zürcher Startup-Unternehmer, denen entweder der Privatkonkurs drohe, die den Geschäftssitz in einen anderen Kanton verlegen oder Aktien verkaufen müssten.

Auch Roland Zeller, selbst Entrepreneur und Investor aus Zürich, kann das Vorgehen der Behörden nicht nachvollziehen. Die Schweiz verfüge bereits über Standortnachteile für Startups (hohe Kosten, Wechselkurs, etc.) – das nun aber die Politik weitere Nachteile dazu erfinde, um kurzfristig ein bisschen Steuern einzunehmen und dafür die wirklich innovativen Gründer ins Ausland vertreibe, kann er nicht verstehen. «Unter dem Strich habe ich den Eindruck, dass weder das Steueramt, noch die Politik wirklich verstehen, wie Startups und Venture-Capital funktionieren», sagt er.

Proteste führen zu Teilerfolg
Die laute Kritik ist beim Steueramt angekommen, denn am 01. März schreibt es in einer Medienmitteilung: «Um den Innovationsstandort Zürich zu stärken, passt das Kantonale Steueramt seine Praxis bei der Bewertung von Unternehmen in deren Anfangsjahren an.» Hier die zentrale Nachricht in der Mitteilung:

«Um den besonderen Rahmenbedingungen für Startups besser Rechnung zu tragen, hat das Steueramt zusammen mit Vertretern der Wirtschaft nach einer neuen Lösung gesucht. Diese sieht nun vor, dass Investorenpreise der ersten drei Geschäftsjahre steuerlich nicht berücksichtigt werden; die Unternehmen werden in dieser Periode zum in der Regel sehr geringen Substanzwert besteuert. In den folgenden zwei Jahren wird der Vermögenssteuerwert aus dem Durchschnitt zwischen dem Substanzwert und den Investorenpreisen ermittelt; dabei werden die Investorenpreise im vierten Geschäftsjahr einfach und der Substanzwert doppelt berücksichtigt; im fünften Geschäftsjahr erfolgt die Bewertung dann umgekehrt. Ab dem sechsten Jahr wird auf die erzielten Investorenpreise abgestellt. Bei den Startups der Biotech- und der Medtech-Branche ist die Startphase auf Grund der längeren Entwicklungsprozesse von drei auf fünf Jahre erweitert.»

Diese Regelung tritt ab sofort in Kraft. Die überraschende Nachricht wurde bereits von den sozialen Medien übernommen. So auch Stefan Steiner, der täglich mit Startups zusammenarbeitet. Er sieht die neue Regelung kritisch und äusserte sich zum Thema im Blick: «Das Ganze ist eine Scheinlösung und zielt am eigentlichen Problem vorbei. Die Frist von drei Jahren ist immer noch viel zu kurz. Besonders Startups im Bereich High-Tech benötigen mehr Zeit, um ihre Produkte überhaupt erst auf den Markt zu bringen. Sinnvoll wäre es, wenn man die Besteuerung beim Exit anschauen würde. Denn dann ist der Preis bestimmt und auch Geld vorhanden, um die Steuern bezahlen zu können.»

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Karim Maizar über die neue Regelung: «Es ist ein Kompromiss, wie er zu erwarten war»

Karim Maizar, Partner von Kellerhals Carrard und Head of Startup Desk, hat das Zustandekommen der neuen Grundsätze eng mitverfolgt: «Es ist ein Kompromiss, wie er zu erwarten war», sagt er. Ohne Gesetzesänderung sei einfach kein Raum für innovative Lösungen möglich gewesen. Die Gründer müssen sich aber immerhin in den Anfangsphasen keine Sorgen bezüglich Vermögensbesteuerung machen.

Die Klarstellung sieht er nur als Teilerfolg an, weil es weiterhin einige Fragezeichen mit sich bringt. Das Hauptproblem sieht Maizar darin, dass die Behörden an der Idee festhalten, dass der Finanzierungsrunden-Wert ein Benchmark für den effektiven Verkehrswert ist. «Das ist im Kern ein problematisches Konzept», sagt Maizar. «Obschon ein Investor bereit wäre, auf Basis einer Bewertung von 50 Millionen Franken in ein Startup zu investieren, heisst das noch nicht, dass das Startup unmittelbar für diese Summe verkauft werden könnte.» Diese Investition sei mit viel Hoffnung und Vertrauen in das Startup verknüpft, um später einmal einen Gewinn abzuwerfen, welches sich für alle Seiten lohnt. «Durch die neue Regelung, wurde dieses Konzept gewissermassen zementiert.» Auch das Zusammenspiel von Mitarbeiterbeteiligungen und Vermögenssteuern wird man noch mehr als bisher sorgfältig im Auge behalten müssen.
Die Regelung gilt zunächst nur für den Kanton Zürich. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass sich andere Kantone danach richten werden. «Der Kanton Zürich wird seine neue Regelung dem Vernehmen nach in die Schweizerische Steuerkonferenz einbringen», sagt Maizar.

Die neue Regelung hat aber ihre guten Seiten. Maizar erklärt: «Durch diese Klarstellung, weiss jetzt jeder, woran er ist.» Trotzdem bleibt die Frage bestehen: Bleiben die Zürcher Startups nun dem Kanton treu oder ziehen sie dennoch weg? Maizar sagt: «Mit der neuen Regelung haben die Startups, wenn man die Zeit für die Veranlagungen einberechnet, für vier oder fünf Jahre weitgehend Ruhe, was Vermögenssteuern angeht. Und während dieser Phase sollte man in der Regel wissen, ob die Firma Exit-tauglich ist. Ausserdem sind weiterhin Einzelfalllösungen mit dem Steueramt denkbar.» Daher sei die Situation für die Zürcher Startups ein wenig entschärft worden. Maizar wünscht sich für die Zukunft innovativere Lösungen. «Die Besteuerung soll erst in Kraft treten, wenn ein Exit realisiert wird. Das würde die Unternehmer und ihre Mitarbeiter enorm entlasten. Das ginge aber nur mit entsprechenden Gesetzesänderungen.» Auf die Politiker wartet also noch einige Arbeit.

Detaillierte Informationen von Maizar kann man am Donnerstag persönlich von ihm erfahren, an dem von venturelab organisierten kostenlosen Founders Circle Event. Letzten Semester stellten wir ihn ebenfalls in unserem Beitrag zu den Startup Essentials Workshops an der ETH Zürich vor. Weitere Hintergrundinformationen zum Thema #StartupSteuer findet man auf den Blogs von Stefan Steiner und Roland Zeller.