Warum ziehen Unternehmer die oft mühsame Selbständigkeit einem bequemeren und besser bezahlten Angestelltenleben vor? Was Unternehmertum ausmacht.
Von Tao Tao, Mitgründer Getyourguide
Schlecht bezahlt, jeden Tag bis zehn im Büro, ein unsicherer Arbeitsplatz und niemand kennt die Firma, in der man arbeitet. Was nach einem ziemlich miesen Job klingt ist Arbeitsalltag für Jungunternehmer. Warum also sollte man sich so etwas antun? Ist es der Traum wie Mark Zuckerberg von Facebook den grossen Coup zu landen, um dann als Rockstars gefeiert zu werden und mit unseren Ferraris durch Zürich zu fahren?
Wer gut verdienen möchte, sollte sich einen anständigen Job suchen
Statistiken zeigen, dass Unternehmer im Schnitt weniger verdienen als Freunde aus dem Bekanntenkreis, die nach dem Studium bei grossen Firmen unterkommen – sogar wenn man die grossen Erfolge wie Facebook, YouTube und Google mitzählt. Vor allem in Zürich mit seinen vielen Banken, Versicherungen, und Beratungsfirmen sind die Opportunitätskosten für Jungunternehmer besonders hoch. Selbst als Doktorand an der ETH kann man deutlich mehr verdienen als bei uns in der Firma. Konkret lagen für die Mitglieder unseres Teams die Entscheidungen zwischen Boston Consulting, Siemens, Doktorat an der ETH, Übernahme eines grossen Familienunternehmens – und GetYourGuide, wo wir weniger verdienen als im Supermarkt an der Kasse.
Die unsichtbaren Vorteile eines Start-Ups
Beraterfirmen wie McKinsey prahlen oft damit, dass man als Berufseinsteiger direkt mit Managern von grossen Firmen in Kontakt kommt. Johannes erzählt mir allerdings, dass er in 3 Monaten GetYourGuide zehn mal mehr Kontakte als in seinem 3 Monaten Boston Consulting gesammelt hat – und im Gegensatz zur Beratung sind das Kontakte von einem Firmenchef zu einem anderen. Falls GetYourGuide einmal zugrunde gehen sollte (und die Chancen für Start-Ups stehen statistisch ja nie so schlecht), so würden wir uns nicht wirklich Sorgen um den nächsten Job machen. Angebote gibt es bereits jetzt zuhauf, weil Leute mit Unternehmergeist – sei es in einem Start-Up oder in einer grossen Firma – immer gebraucht werden. Zudem lernt man als Unternehmer unheimlich viel. Eben weil wir uns keinen Buchhalter leisten können, aber über Finanzen immer völlig im Klaren sein müssen, ist Pascal mittlerweile ein Experte in Cash Flows geworden und kein Manager ist heutzutage bei Firmen mehr gefragt als der sogenannte CFO. Im Start-up muss man immer mehrere Rollen gleichzeitig erfüllen, aber dafür lernt man auch unglaublich viel. Für viele ist das bereits ein Ziel an sich.
Die Schweiz als Spitzenstandort für Start-Ups
Auch wenn die UBS oder die ABB mit super Einsteigerprogrammen locken, so lockt die Stadt Zürich mit einer ausgezeichneten Infrastruktur für Jungunternehmer. Genannt seien nur die diversen Venture Programme und Stiftungen wie De Vigier und natürlich der Technopark mit seinen über 150 Start-Ups. Warum hat auch zum Beispiel Google eine riesiges Büro in Zürich errichtet und nicht in Zug, wo die Steuern niedriger sind? Unterstützt durch zwei hervorragende Universitäten, liquide Investmenteinrichtungen, kluge Absolventen, und eine innovationsfördernde Stadt kann sich Zürich durchaus als klassisches Technologie Cluster verstehen. Zudem hilft uns das Schweizer Label extrem bei Kontakten zu ausländischen Firmen.
Echte Rockstars
Wie die meisten Musiker wird man als Unternehmer nicht unbedingt berühmt, aber dafür vielleicht etwas glücklicher. Bestsellerautor Malcolm Gladwell beschreibt Unternehmer als hoffnungslose Romantiker: Würde man ihnen eine 50-prozentige Beteiligung an einer 10 Millionen Firma und ein 100-prozentiges Eigentum an einer 1 Million Firma anbieten, so würden Unternehmertypen mit grosser Mehrheit das Letztere wählen. Tony Hsieh von Zappos stellt in einer inspirierenden Rede zur “Science of Happiness” die Frage “Was würdest Du 10 Jahre lang tun und keinen Cent verdienen?”. Selber habe ich es mir wie so überlegt: Wenn man in die Schule geht, wird einem gesagt, dass uns die Zukunft gehört und alle Träume wahr werden können. Wenn man auf die Universität wechselt, wird der Horizont der Möglichkeiten bereits deutlich eingeengt, aber uns würden immer noch alle Türen offen stehen, denn wir seien ja die “leaders of tomorrow”.