Fundraising funktioniert in der Schweiz und in Deutschland sehr ähnlich. Trotzdem gibt es für Schweizer Gründer einige wichtige Punkte zu beachten, damit ihre Termine bei Investoren in Deutschland erfolgreich verlaufen. Tim Weiss, Autor des Buches „Startup Fundraising“, erklärt uns, worum es sich dabei handelt.

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Den Investitionsfokus beachten
Grundsätzlich gelten bei der Ansprache von ausländischen Investoren die gleichen Regeln wie bei heimischen Investoren. Dein Startup sollte einen möglichst guten Fit mit dem Investitionsfokus des Investors haben. Der Investitionsfokus eines Investors setzt sich aus drei Bereichen zusammen: a) der Geographie, in die er investiert, b) den Branchen, in die er investiert und c) den Finanzierungsphasen, in die er investiert. Den Investitionsfokus eines Investors kannst du am besten dadurch bestimmen, indem du dir auf einer Plattform wie crunchbase.com oder dealroom.co seine letzten Beteiligungen anschaust. Falls sich der Investor in den letzten Jahren in einer ähnlichen Branche zu einem vergleichbaren Zeitpunkt an einem Startup aus der DACH Region beteiligt hat, dann dürfte der Fit mit deinem Startup gut sein. Der Phasenfokus des Investors spielt dabei häufig eine zentrale Rolle. Ein VC wird sich nicht mit 100.000 CHF an einem frisch gegründeten Startup beteiligen, wenn er normalerweise nur Finanzierungsrunden in Millionenhöhe in etablierte Startups abschließt. Für Schweizer Gründer ist zudem bei der Ansprache von deutschen Investoren der geographische Fokus von großer Bedeutung.

Hat der Investor bereits außerhalb Deutschlands investiert?
Grundsätzlich sind deutsche Investoren nicht abgeneigt, in der Schweiz zu investieren. Aufgrund der großen Anzahl an potentiellen Investitionsmöglichkeiten auf dem deutschen Markt gibt es allerdings viele Investoren, die überhaupt nicht außerhalb Deutschlands investieren. Bei solchen Investoren hat man als Schweizer Startup von vornherein wenig Chancen. Du solltest deshalb vor der Absprache eines potentiellen Investors prüfen, ob er bereits eine Beteiligung außerhalb Deutschlands getätigt hat. Diese muss nicht unbedingt in der Schweiz erfolgt sein, obwohl dies natürlich ein gutes Zeichen ist. Es ist deutlich einfacherer, einen Investor von einer Beteiligung in der Schweiz zu überzeugen, wenn dieser bereits Erfahrungen mit Investments im Ausland gesammelt hat. Nicht alle Geschäftsmodelle sind jedoch für ausländische Investoren gleich interessant.

Wann ist mein Startup für deutsche Investoren interessant?
Deutsche Investoren sind in der Regel nur dann an einem Schweizer Startup interessiert, wenn dieses einen globalen Markt bedient oder zumindest eine Expansion innerhalb Europas plant. Die Schweiz ist trotz ihres hohen Pro-Kopf-Einkommens ein zu kleiner Binnenmarkt, um es einem Startup zu ermöglichen, dort allein auf eine interessante Größe zu wachsen. Da VC Fonds ihre gesamte Rendite von einigen wenigen großen Exits erwirtschaften, muss dein Startup ein entsprechend großes Umsatzpotential vorweisen können, um für sie interessant zu sein. Dabei zählt die langfristige Vision deines Startups deutlich mehr als der derzeitige operative Status Quo. Dein Startup kann also durchaus bislang nur in der Schweiz aktiv sein, solange du Pläne für eine Expansion bereits in der Schublade liegen hast. Ein deutscher Investor wird normalerweise nicht in ein Startup investieren, welches in absehbarer Zeit ausschließlich in der Schweiz aktiv sein wird.

Wie sollte die Ansprache konkret aussehen?
Um deine über den Schweizer Markt hinausgehenden Ambitionen zu verdeutlichen, solltest du das Pitch Deck unbedingt auf Englisch verfassen. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass du mit dem gleichen Pitch Deck neben deutschen Investoren auch andere ausländische Geldgeber ansprechen kannst. Dazu gehört natürlich auch, dass du den Finanzplan in Euro oder in US-Dollar berechnest. Falls dein Startup hauptsächlich in Europa aktiv sein wird, würde ich dir zu Euro raten. Bei globalen Kunden und Geschäftsbeziehungen eher zu US-Dollar. Teilweise reicht es allerdings nicht aus, den richtigen Investor mit einem passenden Pitch anzusprechen.

Beteiligt sich ein Schweizer Investor an der Finanzierungsrunde?
Häufig sind deutsche Investoren bei interessanten Anfragen aus der Schweiz zwar an einer Beteiligung interessiert, scheuen es aber aufgrund der räumlichen Distanz und der abweichenden Gesetzesregelungen die volle Verantwortung für einen Deal zu übernehmen. In einem solchen Fall kann ein starker lokaler Co-Investor den Unterschied ausmachen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er bereit ist, die Position des Lead-Investors zu übernehmen. Der Lead-Investor einer Finanzierungsrunde verhandelt mit den Gründern für alle beteiligten Investoren die wirtschaftlichen Konditionen und das zugrundeliegende Vertragswerk. Insbesondere Business Angels und kleinere VCs werden sich bevorzugt als Co-Investor an einer Finanzierungsrunde in der Schweiz beteiligen wollen. Ein deutscher Investor wird sich generell wohler fühlen, wenn sich ein Schweizer Investor mit an der Finanzierungsrunde beteiligt, da dieser das Startup aufgrund der größeren räumlichen Nähe besser betreuen kann. Bei dem Schweizer Co-Investor kann es sich natürlich auch um einen der bestehenden Investoren handeln, der sich erneut an dem Startup beteiligt.

Mein persönliches Fazit
Für Schweizer Gründer bieten deutsche Investoren eine gute Option, um in späteren Finanzierungsrunden das notwendige Geld für eine erste internationale Expansion aufzunehmen, insbesondere wenn Deutschland einer der nächsten Zielmärkte ist. Für auf die Schweiz beschränkte Geschäftsmodelle sind deutsche Investoren dagegen in der Regel die falsche Wahl und eine Ansprache hat wenig Aussichten auf Erfolg.

 

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tim_weiss960%e2%80%86x%e2%80%86640Über den Autor Tim Weiss
Tim Weiss hat für zwei deutsche Venture Capital Fonds gearbeitet, den Bereich Finanzen und Investor Relations für ein VC-finanziertes Unternehmen geleitet und war Mitgründer von zwei Startups in Deutschland und den USA. Zudem hat er als Consultant und Advisor zahlreiche Startups beim Einwerben von Investorengeldern beraten. Sein gesammeltes Wissen zum Thema Fundraising hat er in dem neuen Buch Startup Fundraising zusammengefasst.

startup_fundraising1200x1200Über Startup Fundraising:
Startup Fundraising vermittelt dem Leser das notwendige Fachwissen, um erfolgreich Geld von Investoren einwerben zu können und dabei häufig begangene Fehler zu vermeiden. Für Fortgeschrittene bietet das Buch zahlreiche Tipps und Tricks, mit deren Hilfe sie ihr nächstes Fundraising effizienter gestalten und bessere Ergebnisse erzielen können. Auf startupfundraising.de gibt es neben dem Buch weitere Informationen zum Thema Fundraising.