Patrick Künzler will das Sitzen revolutionieren. Deshalb haben er und seine Firma Inno-Motion den Limbic Chair vor vier Jahren auf den Markt gebracht. Nun geht man einen Schritt weiter und verbindet den Stuhl mit Sensoren.

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Der Limbic Chair ist das etwas andere Sitzen. Der Stuhl nimmt intuitive Bewegungen auf und ermöglicht gleichzeitig ein stabiles und bewegungsfreies Sitzerlebnis. Die mit dem Limbic Chair ermöglichten Bewegungen, stimulieren das limbische System, eine mit dem Nervensystem des Rückens verbundene Funktionseinheit des Gehirns, für ein neues Körpergefühl und geistiges Wohlbefinden. Bewegung, Berührung und Dynamik haben nicht nur einen grossen medizinischen Einfluss auf das Leben und die Gesundheit, sondern fördern die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sowie Kreativität. Nun gehen sie einen Schritt weiter und benutzen den Stuhl für sensorische Tätigkeiten. Der Limbic Controller ist geboren. Wir haben mit Patrick Künzler über sein Unternehmen Inno-Motion – so heisst die Firma, die den Limbic Chair und den Controller herstellt – gesprochen.

Patrick, bevor wir uns um deine Babys (Limbic Chair/Controller) unterhalten, stell dich kurz vor.
Ich habe Medizin an der Uni Zürich studiert, und am Ende meiner Zeit am MIT, als ich die Geschichte mit der Kombination von Hirnforschung, Medizin und Design angefangen hatte, habe ich noch einen Master gemacht. Wenn wir von der Neurologie ausgehend designen, können wir Gemütszustände, Gefühle beeinflussen, und so den Menschen helfen, besser zu arbeiten, sich mehr zu entspannen, etc.

Wann hast du Inno-Motion gegründet?
In Zürich, als ich nach 12 Jahren USA wieder zurückgekommen bin.

Du hast am Venture Kick Programm teilgenommen. Was hat dir diese Erfahrung gebracht?
Es ist schon eine Weile her, aber mir ging es nach 12 Jahren USA vor allem darum die Schweizer wieder kennenzulernen, um mich zu vernetzen und um Unterstützung für mein Startup zu gewinnen. In den USA war ich sehr gut vernetzt und kannte die Mentalität sehr gut. In der Schweiz musste ich wieder bei Null starten. In dieser Hinsicht war das Venture Kick Programm sehr hilfreich.

LimbIC Chair_Motion_02_AMWie ist dein Team aufgestellt?
Zuerst war ich alleine und habe alles gemacht, von der Idee, dem Prototypenbau, der Produktentwicklung mit einer Ingenieurfirma und einem Designer bis hin zum Verkauf. Jetzt ist Mark van Raai dabei, ein Astrophysiker, der als Game-Designer und Sensorspezialist arbeitet.

Wie hat sich die erste Phase gestaltet? Wie seid ihr an Kapital gelangt?
Sehr schwierig. Frisch aus den USA kommend, wollte ich Kapital und ein Team finden, um dann verschiedene Produkte zu lancieren oder mit Partnern auf den Markt zu bringen. Als Fremder in der Schweiz, der zwar perfekt Schweizerdeutsch spricht, aber die Mentalität nicht mehr kennt und kein Netzwerk hat, war das unmöglich. Mit einer Runde F&F, etwas Consulting und den Verkäufen des Limbic Chairs geht es einigermassen. Ich glaube, ohne das ETH oder Fachhochschulnetzwerk ist es ein bisschen, wie wenn man in einer „bildungsfernen“, armen Familie aufwächst und an die Universität will.

Wieso sollte man einen Limbic Chair kaufen?
Er ist gesund und macht glücklich. Wir haben vom Gehirn ausgehend entwickelt und untersucht, welche Haltungen und welche Bewegungen einen entspannt und glücklich machen, einem das Gefühl von Freiheit, Leichtigkeit, und Sicherheit geben. Aber das ist nur die eine Seite. Wir haben auch sehr gute Resultate mit Rücken-, Hals- und Hüft-/Beckenpatienten, auch mit Kunden mir Erkrankungen des Nervensystems, z.B. Multiple Sklerose, haben wir sehr gute Resultate. So gut, dass z.T. die IV oder Krankenkasse den Stuhl bezahlt. Trotzdem, die meisten Kunden kaufen den Limbic Chair wegen des Gefühls, weil sie in Bewegung und fit sein wollen – fit und vor allem happy und entspannt bleiben am Arbeitsplatz.

Der Stuhl ist seit 2011 auf dem Markt. Wie waren die Kundenreaktionen?
„Was ist das? Kann man darin sitzen? Wie kommt man denn da drauf?“ Das waren die ersten Reaktionen. Bis die Leute mal dringesessen haben. Dann war, „Wow, das fühlt sich gut an. Es ist wie fliegen. Ich bin so entspannt. Ich will nicht mehr raus.“ Die Kunden werden „Fanboys,“ einige schreiben mir spontan Erlebnisberichte.

Im Video wird der Limbic Chair vorgestellt:

Ihr habt den Chair weiterentwickelt und an der ICT Skills 2015 den Limbic Controller vorstellen können. Was ist der Controller genau?
Im Limbic Chair sitzt man ja automatisch gerade, und man macht immer kleine Bewegungen, sogenannte „incentivized movements“. Das sind Bewegungen die man gerne macht, die einen glücklich machen. Wenn wir schon sitzen und uns dabei bewegen, warum nicht diese Bewegungen verwenden um damit Sachen zu steuern? Die Maus, ein CAD Objekt, Sport- und medizinische Apps. etc. Neurologisch ist es so, dass der Fokus unserer Augen mit den Händen koordiniert ist, und die periphere Sicht mit den Hüften und den Beinen. Deshalb können wir beispielsweise SMS schreibend durch den Bahnhof laufen, ohne das etwas passiert. Wir bedienen uns dieser neurologischen Tatsache. Das heisst, wenn man im Limbic Controller Sachen steuert, hat man nicht nur die Hände frei, sondern auch die Hirnareale, die wir zum Denken und Handeln mit den Händen brauchen.

Limbic_bwFür 3D-Spiele scheint der Controller geeignet zu sein. Wo kann man ihn im Alltag anwenden?
Für 3D Spiele ist er genial, weil man sofort „drin“ ist, „total immersion“ also. Und wegen der gesunden, incentivized movements. Im Alltag gibt es diverse Möglichkeiten: Stellt euch vor, euer Bürostuhl ist gesund, ihr bewegt euch (einige mm genügen) und steuert damit alle möglichen Sachen: die Maus, ein Fitnessprogramm, etc. Ich denke, wenn das neue Interface mal ubiquitär wird, werden Apps dafür wie Pilze aus dem Boden schiessen – wie damals für Smartphones. Auf dem Weg dahin wird es zuerst spezialisierte Anwendungen geben – für Ingenieure, in der Medizin, für Architekten, für akademische Institute die mit virtuellen 3D Welten schaffen.

Eine der grossen Fragen die mit der Kommerzialisierung der 3D Brillen kommen wird, ist: „Wie bewegen wir uns intuitiv und effizient im virtuellen 3D Raum, ohne dabei die Hände zu gebrauchen?“ Die will man ja frei haben, um zu arbeiten, zu zeichnen, zu operieren oder zu spielen.

Wie sieht es mit Investoren aus? Wie könnt ihr euer Produkt fördern?
Wir suchen jetzt Investoren und Leute, die das Team abrunden können, v.a. im Bereich Business Development.

Habt ihr schon Grosskonzerne kontaktiert? 
Wir sind jetzt dran. Aber wir brechen mit so vielen Konventionen, ich denke, das wird eine Weile dauern.

Im Video erklärt Patrick den Limbic Chair: