Das Notfall-App Uepaa! hat mittlerweile eine grosse Fangemeinde. Die Macher gehen nun aber einen Schritt weiter und bieten ihre einzigartige Technologie für weitere Anwendungen an. Wir haben uns mit CEO Mathias Haussmann darüber unterhalten.
Die P2P-Technologie von Uepaa! ist in vielen Hinsichten neu und einzigartig. So einzigartig, dass Grosskonzerne gerne wissen möchten, wie sie funktioniert. Der «451 Research» ist sogar der Meinung, dass Uepaa! dadurch einen First-Mover-Vorteil gegenüber Google und Qualcomm im Bereich «proximity based Diensten» habe. Das sogenannte p2pkit SDK wurde bereits am HackZurich 2015 von den Teilnehmenden verwendet und hat sogar zum Sieg geführt. Ein ausführliches Interview mit HackZurich-Macher Rasmus Rothe folgt in Kürze. Sowohl die neuen App-Entwicklungen als auch Firmenneuigkeiten sind nicht unbemerkt geblieben: Der Business Insider UK wählte Uepaa zu den Top 3 “Hottest Startups” in der Schweiz und drei Jahre in Folge gehört Uepaa zu den TOP 100 Startups der Schweiz.
Im Interview erklärt uns CEO Mathias Haussmann die einzigartige Technologie, geht auf den Erfolg des Notfall-App ein und hat für euch ein paar interessante Tipps.
Mathias, wie kam es zur Gründung von Uepaa!?
Die Idee kam mir auf dem Engelberger Gletscher an einem frühen Vormittag vor einer Freeride-Abfahrt. Wie ich es in meinen Studienjahren als junger Skilehrer gelernt hatte, traf ich mit weiteren Freeridern entsprechende Vorsichtsmassnahmen. Dazu gehört unter anderem auch der Austausch der Telefonnummern, um im Notfall Angehörige benachrichtigen zu können. Dabei kam ich auf die Idee, das Handy auch als Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS) zu nutzen. Nach einigen Abklärungen landete ich bei der Rega, das Institut für Schnee- und Lawinenforschung Davos, bfu, die Suva und ETH Zürich. Bei letzterem stiess ich schliesslich auf Professor Bernhard Blattner, der über das technische Know-how verfügte und die Basis für die Technologie der App entwickelte.
Und wie funktioniert die App?
Mit unserer Technologie nehmen Smartphones in der Umgebung bis zu 450 Metern untereinander via WLAN Kontakt auf. Durch diese Peer-to-Peer-Verbindung entsteht ein «Mesh»-Netz, das sich automatisch den Weg ins nächste Mobilfunknetz sucht. Ein Notsignal aus einem «Funkloch» wird solange über andere Smartphones weitergeleitet, bis eines davon in ein Mobilfunknetz gelangt und den Notruf automatisch an die Notrufzentrale weiterreicht.
Wie sehen momentan eure Nutzerzahlen aus?
Uepaa! hat momentan etwa 60.000 Nutzer und Nutzerinnen in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien. Mit dem ISPO BRANDNEW Award ist es uns gelungen, Beziehungen ins Ausland zu knüpfen und zu vertiefen. Weiter haben wir die internationalen PR- und Marketingmassnahmen vertieft. Und da wir auf dem Technologie Radar (Most Innovative mobile App am Mobile World Congress 2015) waren, hat mit Sicherheit der Awareness der Firma geholfen.
Bevor ihr voll durchgestartet seid, konntet ihr Deals mit Mammut und Swisscom einfädeln. Wie kamen diese zustande? Wer kam auf wen zu?
Das waren Kontakte, die wir zum Teil vor der Gründung der Firma etablieren konnten oder solche, die im Laufe der Entwicklung des Produktes entstanden. In beiden Fällen waren es Introductions durch das Netzwerk von Investoren und über den Verwaltungsrat.
Vor einem Monat kam die Mitteilung, dass Uepaa! seine p2pkit SDK gelauncht hat. Erklär uns doch kurz, was das genau ist.
Das SDK ist das gebündelte Know-how und der Technologie Stack, den wir in der Saftey App auf Herz und Nieren und unter extremen Bedingungen (Null-Fehler Toleranz) entwickelt und erprobt haben. Im Wesentlichen ist es die Kompetenz, Telefone für andere Telefone sichtbar zu machen. Dies scheint nichts Neues zu sein, gibt es Bluetooth, mit denen man mal Telefone koppeln kann oder GPS, das mit bestehender Internetverbindung einen Positionsabgleich vornehmen kann. Aber hier ist auch zugleich das Problem begraben: Was ist, wenn das Telefon in der Hosentasche ist? Oder der Screen ausgeschaltet ist? Oder wenn sich Unbekannte kreuzen? Oder wenn der Nutzer aus Batteriegründen kein GPS will? Oder er an Anlässen oder Orten (Subway) ist, in denen er kein GPS oder Internet hat? Hier kommen wir ins Spiel.
Die Reaktionen auf euren Release waren sehr ausgeprägt. Wie habt ihr das wahrgenommen?
Nach der Lancierung der Safety App wurden wir von einem grossen Social Media Haus kontaktiert, auch kamen Anfragen aus anderen Industrien. Alle mit der Frage, wie macht ihr das, das ist doch gar nicht möglich oder sehr komplex, oder braucht doch Unmengen von Strom. Dabei erfuhren wir natürlich sehr viel über die möglichen Einsatzgebiete. Sei es in Drittweltländern wo das Internet komplett fehlt, an Grossanlässen, wo GPS zu ungenau ist oder nicht vorhanden. Oder auch einfachere Usecases im Bereich von «Location Based Marketing», wo die aktuellen Lösungen die Installation und den Unterhalt von zusätzlicher Hardware erfordert.
Wie sehen eure nächsten Schritte aus?
Wir wollen die Folgefinanzierung sichern, um die Vermarktung der Technologie voranzutreiben. Ausserdem wollen wir das SDK funktional weiterentwickeln und es mit „Proximity Analytics“ anreichern. Viele Kunden wollen nicht nur die Möglichkeit haben, ihre App mit einer „p2p-Discovery“ Funktion anzureichern oder direkt Daten auszutauschen – sie sehen bzw. wünschen die Möglichkeit, von den physischen Kreuzungen zu lernen und damit das Produkt zu verbessern.
Was würdest du Startups, die ganz am Anfang stehen, mit auf den Weg geben?
Die 20 zu 80 Regel: Ein Startup hat nie genug Geld, nie genug Zeit und auch zu wenig Leute. Das heisst, man muss in 20% der Zeit möglichst 80% vom Inhalt liefern und abschliessen und möglichst schnell an den Markt gehen. Sachen nicht bis zum Exzess treiben, sondern eher den Markt testen lassen, wie er darauf reagiert. Und den Mut haben, gewisse Dinge abzubrechen und einen anderen Weg zu gehen.
Und zum Schluss: Wie hat euch die Venture Kick, die Initiative der Venture Kick Stiftung, bei euren Anfängen geholfen?
Die Unterstützung von Venture Kick war grossartig, ohne jetzt zu übertreiben. Vor allem das kickers camp hat mich wirklich vorangebracht. Es war ein Kick aus der Komfortzone. Venture Kick selber hat mich vor der Gründung, als ich mich zunächst privat finanzierte auch finanziell entlastet. Durch den Gewinn konnte ich alle Business Development Aktivitäten vor- sowie rückfinanzieren.