Mark Forster, CEO von Adello, ist einer der zehn Gewinner des venture leaders China 2015. Wir haben uns mit ihm getroffen und über die anstehende Reise in den Fernen Osten und über sein Unternehmen gesprochen.
Das Mobile-Technologie Unternehmen Adello startet durch. Im vergangenen August schlossen sie eine Finanzierungsrunde mit zwei Millionen Dollar ab – das Geld wurde von Swisscom Ventures zur Verfügung gestellt. Die Einnahmen wurden in die Auslandsexpansion und in ein neues Datacenter in Asien investiert. Im kommenden Herbst zieht es CEO Mark Forster wieder nach Asien. Diesmal im Rahmen des venture leaders China Programms. Was er sich von dieser Reise erhofft und wie es zurzeit um seine Firma steht, erklärt er uns im Interview.
Mark, stell dich kurz vor. Wer bist du? Was hast du in der Vergangenheit gemacht?
Ich bin Unternehmer im digitalen Bereich. Mitte der 80er hatte ich zu programmieren begonnen. Die Faszination für Technik wich dann rasch der Erkenntnis, dass sich ein neues Geschäftsfeld auftut. Nach dem Studium an der HSG stieg ich deshalb ins Marketing, statt ins Consulting, ein. Aufgrund der Erkenntnis, dass Marketing bei Konsumgüterfirmen die neuesten Trends aufnimmt, bevor dies alle anderen Branchen erfasst. Um die Jahrtausendwende war Mobile/Digital im Advertising noch sehr neu und musste sich zuerst beweisen. Mein Mut, das Neue auszuprobieren, hat sich ausbezahlt. Meine Marken wuchsen in einem stagnierenden Umfeld. So bekam ich Angebote von Technologiefirmen, die Leute mit technischem Verständnis und Fähigkeit zur Kommerzialisierung suchten.
Aus der ersten Welle Mobile (SMS) heraus gründete ich danach weitere Firmen, wie die OnEmotion, die sich bereits 2006 auf den Bereich App-Entwicklung fokussierte. Und nun mit Adello sind wir erneut seit Jahren im Bereich mobile Advertising-Technologie führend. Ich versuche mir vorzustellen, welche langfristigen Trends sich abzeichnen werden. Und welchen Beitrag ich dazu realistischerweise leisten kann.
Adello ist ein Mobile-Technologie Unternehmen. Was macht ihr genau?
Vereinfacht gesagt versuchen wir vorherzusagen, welches Device sich im jetzigen Moment für welches Produkt mit welcher Wahrscheinlichkeit interessieren wird. Konkret heisst das, dass wir pro Tag über 10 Milliarden Informationsfragmente sehen und dann zusammen auf Basis unseres bereits erarbeiteten Wissens die Vorhersagen für jedes einzelne Gerät tätigen. Wir sprechen mittlerweile von rund 4 Petabyte an Daten, welche wir auf über 100 unserer eigenen Rechner verarbeiten. Das sind in Spitzenzeiten über 200‘000 Vorhersagen pro Sekunde.
Wie ist die Idee dazu entstanden? Wie sieht das Team aus?
Die Idee entstand aus der simplen Erkenntnis heraus, dass Werbung hochgradig ineffizient ist. Heutige Verfahren basieren auf Durchschnitts-Segmenten. Wenn ich also einen BMW bewerben möchte, sagt mir irgendeine Segmentierung, dass zum Beispiel Männer im Alter zwischen 35 und 55 Jahren auf Finanztiteln besser auf Werbung reagieren. Also kauft eine Agentur quasi jeden Werbeplatz, der in die Kategorie 35-55 Jahre alt, männlich, auf Finanztiteln ein. Und vielleicht klickt auch 0.2% aller Beworbenen auf die Werbung. Denn: Die Werbung berücksichtigt nicht mein aktuelles Verhalten. Ich kann zwar in die Kategorie fallen, aber eher Audi oder Mercedes kaufen. Oder ich hab gerade ein anderes Auto gekauft, werde also die nächsten 6 Jahre kein Neues kaufen. Und es kann sein, dass ich auf den Finanztiteln nicht genügend Inventar vorfinde, um meine Kampagne zu fahren.
Unser Ansatz geht dahin, für jedes beworbene Produkt jede einzelne Werbemöglichkeit zu prüfen und die Wahrscheinlichkeit der Interaktion im aktuellen Moment vorherzusagen. Dies auf Basis von über 50‘000 beobachteten Attributen. Dadurch bekommen wir normalerweise eine drei- bis achtfache Steigerung der Reaktivität hin. Wenn Personen dann Werbung sehen, die relevant ist, ist sie auch viel weniger störend.
Mehr als ein Drittel unseres Teams sind im Bereich Engineering/Data Science angesiedelt. Das sind vom Profil her meist Leute, die sich jahrelang mit Physik oder Deep Learning beschäftigt haben. Mehr als 80% unseres technischen Personal hat in einem solchen Bereich doktoriert. Es ist nicht einfach, diese Talente zu finden. Normalerweise arbeiten diese im Finanzbereich als Quants, an Projekten wie am CERN oder bei Firmen wie Google.
Ein weiteres Drittel des Teams sind im Bereich Sales/Account Management/Operations tätig. Dort geht es darum, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und die Kampagnen zu managen. Trotz aller Technologie kaufen Menschen von Menschen.
Nun bist du beim venture leaders Programm in China (wir berichteten) dabei. Was erhoffst du dir vom Programm?
Ich erhoffe mir Einblick in einen Markt, der heute noch aus diversen Gründen von vielen Technologiefirmen nicht erschlossen wird. Die Herausforderungen sehe ich in der unterschiedlichen Mentalität, den rechtlichen Rahmenbedingungen, der Sprache und den technischen Hürden. Da wir bereits erfolgreich in Asien unterwegs sind und mittlerweile in 17 Ländern in der Region Kampagnen fahren, will ich verstehen, ob sich mittelfristig auch eine Opportunität für uns in China auftut.
Was willst du in China erreichen?
Zunächst einmal will ich die Marktdynamik verstehen. Was sind dort die aktuellen Themen, welche Anbieter und Nachfrager sind auf dem Markt präsent und mit welchen Angeboten. Und ich will mich vernetzen. Einerseits mit den anderen venture leaders, andererseits aber auch mit den chinesischen Partnern. Vielleicht kann ich einem Partner behilflich sein, vielleicht erhalte auch ich einen Tipp oder einen spannenden Kontakt. Man weiss es nie. Sie kennen ja die Geschichte von Jack Ma, einem der reichsten Chinesen. Er war als Englischübersetzer und Touristenführer an der Chinesischen Mauer tätig, wo er 1997 den CEO von Yahoo, Jerry Yang, begleitete. Die beiden lernten sich kennen und Yang investierte in die kleine Firma von Jack, Alibaba. Alibaba ist heute über 200 Milliarden USD wert.
Was willst du neben den geschäftlichen Pflichten in China machen?
Klar werde ich versuchen, die Reise zu geniessen. Reisen sind immer Gelegenheiten, sein eigenes Weltbild zu hinterfragen. Aber daneben muss ich mich natürlich auch weiter dem Tagesgeschäft widmen.
Am Beispiel von greenTEG sieht man, dass sich der Trip nach China lohnen kann. Hast du schon bestimmte Firmen/Investoren/Personen in Aussicht, die du dort treffen willst, um deine Idee zu pitchen?
Wir haben diverse Kontakte zu asiatischen Firmen geknüpft. Mit einigen arbeiten wir bereits zusammen, andere sind interessiert, unsere Technologie zu lizensieren, andere kommen eventuell für eine Partnerschaft oder ein Investment in Frage. Klar interessiert es mich, wie die grossen lokalen Technologiefirmen uns sehen. Wir haben eine Liste mit Firmen zusammengestellt, die arbeiten wir in den nächsten Wochen ab.
Wie sieht die Zukunft aus? Stehen in Kürze grosse Ankündigungen an?
Wir unterhalten uns täglich mit Firmen, die zwar grundsätzlich verstehen, dass enorme Mehrwerte in Daten schlummern, die aber keine Möglichkeit sehen, diese Daten zu nutzen. Unser Thema Big Data/Predictive Advertising kommt eben erst richtig in Fahrt. Das sehen wir als Bestätigung für unsere Strategie, als erste Schweizer Firma seit 2013 auf Basis von Daten Predictive Programmatic Advertising anzubieten. Wir werden sehen, ob wir den internationalen Durchbruch organisch oder durch weitere Partnerschaften oder Akquisitionen schaffen werden. Für Ankündigungen ist es zu früh.
Reebok, Nokia, YouAppi.