Barcode-Scanning wird in Zukunft das Multichannel-Erlebnis von Kunden im Supermarkt beeinflussen. Deshalb buhlen die beiden Zürcher Startups Codecheck.info und Scandit um Konsumenten und Kunden im Detailhandel. Während Codecheck.info Informationen über die nachhaltige Beschaffenheit von Lebensmitteln an Kunden vermittelt, möchte Scandit mit neuen Smartphone-Apps die Detailhändler auf das Einkaufserlebnis von morgen einstimmen.
Laut neusten Studien benutzen in den USA bereits 30 Prozent der Kunden beim Einkauf im Supermarkt ein Smartphone. Sei es für Preisvergleiche oder für Informationen über die angebotenen Produkte. Das Einkaufen mit der Verwendung des Smartphone und somit einer Internetverbindung wird sich in den nächsten Jahren weiter verstärken. Anfang Oktober hat der grösste Detailhändler der Schweiz – die Migros – einen kostenlosen Wlan-Zugang in 450 Filialen eingerichtet. Weshalb Migros diesen Schritt gemacht hat, wurde nicht detailliert kommuniziert. Das Vorhaben ist jedoch klar: Der Detailhändler will damit das Einkaufserlebnis steigern. Der Kunde kann beim Einkaufen ein Rezept nachschauen oder eben mehr über die Produkte herausfinden.
Bei diesem Multichanneling-Einkaufsverhalten möchten die Zürcher Startups Scandit und Codecheck.info ansetzen: Beide bieten Barcodescanning-Lösungen für Smartphones oder Tablets an. Mit diesen Apps sollen die Detailhändler auch ihre internen Abläufe vom Lager über die Verwaltung bis auf die Verkaufsflächen vereinfachen. Der Kunde profitiert von zusätzlichen Informationen zu den Produkten. Das Zücher Startup Scandit, das im April dieses Jahres auch ein Office in San Francisco eröffnet hat, stellte vor einigen Tagen eine neue Serie von Apps für den Detailhandel vor. Dabei sollen die Barcodescanning-Verfahren die Händler und Kunden beim Point-of-Sale, beim Mobile Shopping, beim Self-Checkout, Einkaufslisten oder bei der Beschaffung unterstützen. „Um im heutigen Konkurrenzkampf bestehen zu können, müssen Detailhändler den Kunden und Mitarbeitern ein stark differenziertes Mobil-Erlebnis bieten“, sagt Samuel Mueller, CEO von Scandit. Mit seinen Apps garantiere er auch eine schnelle und günstige Einführung. „Einzelhandelsketten suchen nach neuen und innovativen Möglichkeiten, Kunden zu binden und ihre Aktivitäten zu rationalisieren“ sagt Mueller.
Mit ihrem patentierten Barcodescanner bedienen bereits mehr als 15 000 Lizenznehmer in 80 Ländern, die mehrere hundert Millionen Scans pro Jahr durchführen. Zu den Kunden von Scandit gehören Bayer, Coop, Tesco oder Saks Fifth Avenue. Scandit wurde 2009 von Forschern des MIT und der ETH gegründet. Noch nicht so lange auf dem Markt ist das Zürcher Startup Codecheck.info. Das Unternehmen verfolgt jedoch einen anderen Ansatz als Scandit. Codecheck.info bietet auch ein Barcode-Scanning mittels App an – beschränkt sich jedoch auf die Funktion, Produktinformationen preiszugeben. Die Datenbank von Codecheck.info umfasst mittlerweile rund 20 Millionen Produkte und deren detaillierte Informationen. Im Juli 2014 hat das Zürcher Startup eine Finanzierungsrunde von 1, 2 Millionen Schweizer Franken abgeschlossen, vor einigen Tagen ein Redesign der Website mit einem neuen Bewertungssystem eingeführt. Dabei sind die Produkte auf die Bereiche Kosmetik, Nahrung, Haushalt oder Familie angelegt. In einem Blog werden aktuelle Konsumententhemen zudem redaktionell aufbereitet.
Codecheck.info, die mit dem Slogan „Produkte checken und gesund einkaufen“ möchten den Konsumenten durch Informationen zu einem nachhaltigeren und bewussteren Einkaufserlebnis verhelfen. „Der Konsument muss normalerweise viel Zeit aufbringen, um an professionelle Produktbewertungen zu gelangen. Wir wollen den Käufern helfen, dass sie bewusst und nachhaltig konsumieren können“, sagt PR-Verantwortliche Antje Babbe von Codecheck.info. Das Startup sei unabhängig und arbeitet mit Experten von Öko Test, Greenpeace, Stiftung Warentest, dem WWF oder Foodwatch zusammen. Deshalb auch der Fokus auf Gefahr von Inhaltsstoffen für Körper und Umwelt.
Das Barcode-Scanning soll auch Hinweise geben, ob ein Produkt gesund sowie sozial- und umweltverträglich ist. Falls nicht, schlägt die App alternative Produkte vor. Im Bereich der Nahrungsmittel zeigt Codecheck zu den detaillierten Nährwertangaben in Ampelfarben auf einen Blick, ob ein Produkt zu viel Zucker, Salz oder Fett enthält. Eine solche einfache Kennzeichnung wird seit Jahren von Ärzten gefordert. „Angesichts der zunehmenden Sensibilisierung der Konsumenten für Gesundheits- und Umweltthemen und der steigende Präsenz dieser Themen sind wir am Puls der Zeit“, sagt Antje Babbe von Codecheck.info. „Zudem nehmen Unverträglichkeiten und Allergien in der Bevölkerung immer mehr zu. Auch hier bieten wir Informationen zu den Produkten“.
Der Ansatz ist bei beiden Startups verschieden: Während Scandit auf ein umfassendes Handling des Barcode-Scannings setzt und darin auch Potenzial beim Ausbau mit Werbung, Self-Checkout, Produktinformationen und auch die Integration in die Warenbestellung sieht, möchte Codecheck.info vor allem mit grünen oder roten Farben den Käufer auf die Hintergründe eines Produkts aufmerksam machen und ihn beim Kauf unterstützen. Beide Bereiche sind Wachstumsmärkte: Einerseits ist der heutige Konsument bewusster und auch emanzipierter beim Einkaufen geworden. Anderseits müssen auch die Supermärkte künftig mehr Mobile-Inhalte anbieten und dem Kunden mit digitalen Dienstleistungen ein neues Einkaufserlebnis anbieten.