Im Rahmen der 64. Handelstagung des GDI in Rüschlikon sprach der grossartige Mathematiker, Autor und ehemaliger IBM-CTO Deutschland Gunter Dueck vergangene Woche über Innovation und das Neue und seine Feinde. Dabei nahm er kein Blatt vor den Mund und zeigte schonungslos auf, woran Unternehmen scheitern.
Der deutsche Mathematiker und ehemaliger Innovationstreiber bei IBM Deutschland – Gunter Dueck -hielt an der Handelstagung des Gottlieb Duttweiler Instituts GDI am letzten Donnerstag einen Speech über das Neue und seine Feinde. Dabei teilte der bekannte deutsche Autor und Redner auch gerne aus – und zeigte die verschiedenen Stolpersteine auf dem Weg zur Innovation in Unternehmen auf. Vor rund 250 Vertretern aus dem Schweizer Handel und Retail-Geschäft gab Dueck seine Visionen zur künftigen Welt preis und gab den Zuhörern klar zu verstehen, dass amerikanische Konzerne wie Google oder Amazon dem mitteleuropäischen Handel längst voraus sind.
Zum Thema Innovation eröffnete Dueck sein Referat gleich mit einigen Beispielen, warum Unternehmer an ihren Ideen scheitern – sei es also Startup oder als etabliertes Unternehmen. „Sie müssen den Willen haben, es durchzuziehen – das haben die meisten nicht“, sagt Dueck. Dabei referierte er auch über seine Zeit als Chief Innovation Officer von IBM Deutschland – und zählte zahlreiche Beispiele auf, wie oft er mit Ideen gescheitert ist, weil er der Zeit voraus war. Beispielsweise wollte Dueck bereits in den Neunziger Jahren eine Art Google Maps initiieren, seine Vorgesetzten meinten jedoch, dass sei kein Geschäftsmodell.
Dabei wendete er sich auch an das Publikum und meinte: „Sie haben immer nur gelacht“. Im Handel sogar nach wie vor über das Internet, meint Dueck – obwohl es das Internet seit 20 Jahren gibt. Und führte aus: „Das Internet geht nicht mehr weg“. Trotzdem würden sich die Unternehmen noch immer schwer tun, dass Internet zu akzeptieren. Ein Beispiel: Warum verlangt eine Bank für sechs Transaktionen pro Monat fünf Euro, wenn Google zehn Gigabyte kostenloser Datenplatz zur Verfügung stellt – sowie ein ganzes Mailsystem dazu.
Mit einer grossen Prise Ironie führt Dueck seine Thesen aus – dabei verurteilt er aber nicht, sondern zeigt Beispiele und Parallelen auf, die dem Zuhörer nach einer gewissen Zeit vor Auge führen, inwieweit wir bereits in der Zukunft stehen, aber unsere Geschäftsmodelle noch nicht nach diesen Entwicklungen angepasst haben. „Dabei gibt es verschiedene Stufen bei der Innovation. Die schwierigste Stufe ist, den Punkt zu überwinden, bei dem alle sagen, es geht nicht“, so Dueck. Und ergänzt: „Man muss einfach machen, ausprobieren. So wie es Amazon oder Google macht. Einfach lancieren und dann abwarten“.
Üben, üben, üben…
Die selbstfahrenden Autos von Google nimmt Dueck als weiteres Beispiel: „Sie werden kommen. Stellen Sie sich vor, wie diese Errungenschaft die Welt verändern wird. Parkhäuser etc. – alles wird hinfällig“. Erfolgreiche Unternehmen würden zehn Jahre lang üben, bis ein Produkt sich etabliert, so Dueck. Scheitern gehöre dazu – aber nicht alle könnten diese Phase überwinden. Als weiteres Beispiel führt Dueck Zalando auf: Es schreibe kein Gewinn, hiess es bei den Wirtschaftskennern und Zeitungen. Plötzlich habe Zalando vor ein paar Wochen aber trotzdem schwarze Zahlen präsentiert. „Spitze der Hochmut“, nennt Dueck dieses Verhalten. Wenn die Gesellschaft eine neue Errungenschaft nicht akzeptieren will. Eben: Das Neue und seine Feinde. Bis es sich dann doch etabliert. Dabei steht die Entwicklung des Internets bei Dueck über allem.
„Heute ist es so, dass der Kunde schon ´gesurft´kommt“, sagt Dueck. Deshalb müssten Reiseberater, Ärtze und andere Dienstleister in Zukunft viel besser qualifiziert seien als früher. Das stelle die Arbeitnehmer vor eine neue Herausforderung, weil sie nur noch durch eine bessere Ausbildung und einer spezialisierten Kenntnis eine „Existenzberechtigung“ haben.