Der Kauf des Schweizer Startups Bitspin vor einigen Tagen durch Google sorgte für Gesprächsstoff in der Szene. Bitspin-Mitgründer Christian Reiter könnte bereits jetzt bei Google im Silicon Valley sitzen – ein Traum von vielen. Stattdessen hat der 25-jährige sich beim Verkauf von seinen Geschäftspartnern getrennt und möchte nun etwas Eigenes auf die Beinen stellen. Über den Google-Deal darf Reiter im 9-Fragen-Interview mit Startwerk zwar nicht sprechen, dafür erzählt er uns über seine Zukunftspläne.
Wann habt ihr Bitspin gegründet?
Ich habe an der ETH wie meine Mitgründer Informatik studiert und wir haben schon während dem Studium Apps für Transportunternehmen zusammen entwickelt. Im Sommer 2013 haben wir Bitspin gegründet und mit dem Wecker-App Timely das erste Produkt auf den Markt gebracht. Spannend war zu sehen, dass auch die Premium-Version, die vier Franken kostete, gekauft wurde. Jetzt ist die App gratis. Bisher haben rund drei Millionen Menschen das Timely-App heruntergeladen.
Weshalb habt ihr eine Wecker-App entwickelt und weshalb wurde sie erfolgreich?
Wir wollten eine schöne und ansprechende App für Android machen – die meisten Wecker auf Android waren nicht wirklich schön. iOS war da etwas weiter – auch weil die Apps schon vorangehend ausgewählt werden. Bei Android kann jeder seine App hoch laden. Wir waren aber sicher, dass wir ein schöneres Produkt machen können als die bestehenden. Wir haben grossen Wert auf die Usability und das Design gelegt, dabei noch einige Features dazu gebracht – aber alles ohne die App zu überladen. Timely ist simpel und funktioniert. Das haben wohl auch die User geschätzt und deshalb das App gekauft.
Wann kam das Angebot von Google?
Ich kann keine Details über das Wie und Wann des Google Deals sagen.
Deine Mitbegründer sind jetzt bei Google im Silicon Valley. Du hast als Einziger der Versuchung widerstanden für Google zu arbeiten. War das nicht auch verlockend für dich?
Klar ist das verlockend und viele wünschen sich eine solche Position. Meine Kameraden Selim Cinek, Jorim Jaggi und Adrian Roos sind jetzt bei Google. Ich bin aber noch zu jung, um meine Selbständigkeit schon aufzugeben. Ich denke, es ist doch auch noch später möglich für ein grosses Unternehmen zu arbeiten. Ich möchte unabhängig neue Projekte initiieren können. Ich möchte meine eigene Ideen in nächster Zeit verwirklichen und mich nicht einschränken. Ich möchte später nicht bereuen, meine Ideen nicht verwirklicht zu haben.
Was sind das für Ideen? Was für ein Startup willst du gründen?
Es sind Ideen für alle möglichen Apps – beispielsweise habe ich eine Idee, wie man Übereinkommen und Abmachungen, Ideen und Projektskizzen, die während einem informellen Treffen zwischen Unternehmern entstehen, besser dokumentieren und speichern kann. Damit man das nicht mehr auf eine Serviette schreiben muss. Ich baue nun einige Prototypes und möchte schauen, wie sie funktionieren. Ich bin jetzt noch in einer frühen Phase.
Kommst du jetzt einfacher an Kapitalgeber?
Ich kenne durch Bitspin und den Verkauf jetzt ein paar mehr Leute mehr aus der Szene. Aber ich bin nicht auf der Suche nach Kapital. Schliesslich brauche ich in der jetzigen Phase kein grosses Startkapital. Mein PC ist vor allem mein Arbeitsgerät, vielleicht könnte man sich ein Büro mieten. Die Ausgaben halten sich bei dieser Art von Business in Grenzen, es ist alles sehr „leicht“.
Was sind deine mittelfristigen Ziele?
Ich bin noch offen für das, was ich machen möchte. Es kann klein sein, es kann gross sein. Der Bereich Mobile ist spannend und wird noch wachsen. Ich möchte Dienste entwickeln, die den Menschen nützlich sind. Ich möchte aber auch keine Kopie von schon bestehenden Apps. In meiner Freizeit entwickle ich übrigens auch Games. Aber in meiner Zukunft möchte ich Business-Anwendungen entwickeln. Schade finde ich in der Schweiz, dass das Mindset für Selbständigkeit noch nicht ausgereift ist. Auch in den Hochschulen herrscht keine ausgeprägte Kultur, sich später selbständig zu machen.
Dann gibt es also noch Nachholbedarf bei der Gründung von Startups und Selbständigkeit in der Schweiz?
Die Schweizer Startup-Szene braucht noch mehr Stimmen und Unterstützer in der Schweiz, damit das Entrepreneurship auch politisch verankert wird. Das Beispiel von Bitspin kann vielleicht auch bei anderen Jungunternehmern etwas bewegen und zeigt auf, dass man mit einem guten Produkt erfolgreich sein kann. Ich hoffe, dass mehr Leute in der Schweiz ein Risiko eingehen und besonders im jungen Alter etwas versuchen auf die Beine zu stellen.
Also sollte man nach dem Studium zuerst eine Firma gründen, sich ausprobieren?
Besonders im Bereich Informatik hat man doch viele Möglichkeiten. Wenn das eigene Unternehmen doch nicht funktioniert und man sagt, man sollte es lieber sein lassen, kann man doch danach immer wieder einen Job finden. Ich denke, man sollte seine Zukunft auch unter einem anderen Blickwinkel planen.