Von gemeinnützigen Apfelsaft bis zum Umweltschutz-Wettbewerb: Der Preis für soziales Unternehmertum schüttet 50’000 Franken an fünf Startups aus.
Fünf Preise in fünf Kategorien, je mit 10’000 Franken dotiert – das war die gestrige Preisverleihung der Förderinitiative Seif. 91 Bewerbungen waren eingegangen, gestern durften fünf der zehn Nominierten Schecks im A3-Format mit nach Hause nehmen.
Der Hauptpreis ging an SwissLeg. Das Tessiner Startup hat ein preiswertes Prothesensystem entwickelt. Damit wollen die Gründer amputierte Menschen in Entwicklungsländern und Krisengebieten versorgen. Die Ersatzbeine stellt SwissLeg vor Ort aus einem Polymermix her und passt sie an den Patienten an, was nur einen Tag dauere. Für die Einsätze baut das Startup auf lokale Hilfskräfte.
Das Timing der Auszeichnung stimmt:
Das Startup hat im Juni erste humanitäre Einsätze bestritten. Zusammen mit dem Flüchlingshilfswerk IOM versorgt SwissLeg Menschen im Irak und und Jordanien mit Prothesen. Am schwierigsten sei es gewesen, Zugang zu den Ländern zu bekommen. So scheiterte der Versuch, mit SwissLeg im Sudan direkt aktiv zu werden. Mitgründer Paulo Gonçalves: «Korruption und Bürokratie machen das schwierig.» Seither arbeitet das Startup für Einsätze mit humanitären Organisationen zusammen.
Ärztejargon verstehbar machen
Hinter dem deutschen Startup «Was hab ich?» stehen die Dresdner Medizinstudenten Anja Kersten und Johannes Bittner und der Informatiker Ansgar Jonietz. Patienten können ihre Befunde auf eine Onlineplattform hochladen, wo sie von Ärzten ehrenamtlich in verständliches Deutsch übersetzt werden. Ziel ist, mit laientauglichen Erklärungen Menschen ein besseres Verständnis über ihre Situation zu verschaffen. Das soll auch Medizinstudenten in ihrer Ausbildung helfen. Zur Übersetzung schaue man sich vergleichbare Befunde an und schlage in Fachbüchern nach.
Laut Johannes Bittner zeige sich an den Rückmeldungen, dass der Dienst von den Patienten geschätzt werde: «Ein Drittel der Nutzer spendet.» Das Startup ist in Deutschland etabliert, greift auf ein Netzwerk von über 1’000 Medizinern zurück und hat 13’000 Anfragen von Patienten bearbeitet. Anlass für die Auszeichnung des 2011 gegründeten Diensts ist der Start in der Schweiz.
«20 Minuten» für Literatur
Brotseiten ist ein Publishingprojekt von Marco Grüter und Adrian Fluri. Die Idee: Zwischendrin-Lesestoff für mobile Plattformen. Mit dem Format wollen die Gründer lesescheue digital natives ansprechen, die wenig für das gedruckte Wort übrig haben. Das Onlinemagazin soll im Wochenrhythmus erscheinen, Ausgaben werden einzeln oder im Abo erhältlich sein. Jede Ausgabe enthält laut den Gründern fünf Kurzgeschichten und Kolumnen mit einer Lesezeit von 15 bis 20 Minuten.
Laut Adrian Fluri zielt man auf einen Einzelpreis, der sich für Spontankäufe unterwegs eignen soll: «Wahrscheinlich im Bereich eines Songs auf iTunes.» Die Texte werden auch als Audioversionen verfügbar sein. Die aktuelle, lauffähige App für iOS macht designmässig einen guten Eindruck. Jeder Text ist illustriert und typografisch attraktiv hergerichtet. Den Sommer über wollen die Gründer an weiteren Funktionen arbeiten, starten sollen die Brotseiten im Herbst.
Die Idee ist neu und mit einem Blick für Details umgesetzt. Aber ist das Projekt gemeinnützig genug für einen Preis zu Social Entrepreneurship? Jeff Bezos gilt auch nicht als Sozialunternehmer.
Apfelernte als Integrationsprojekt
Das Konzept von Gartengold: Ungenutzte Apfelbäume zur Saftproduktion verwenden. Die beiden HSGler Leonard Wilhelmi und Albert Gebhardt sind dabei, die Idee eines Hamburger Projekts für den Kanton St. Gallen umzusetzen.
Bäume, die nicht genutzt werden, können von ihren Besitzern für das Projekt «gespendet» werden. Die Gartengold-Gründer ernten diese im Herbst ab und produzieren in einer lokalen Mosterei Apfelsaft. Ziele sind der Erhalt der Bäume und ein soziales Beschäftigungsprogramm: «Die Ernte organisieren wir zusammen mit Behindertenwerkstätten», so Albert Gebhardt.
Gamification für den Umweltschutz
WeAct ist ein 2011 lancierte Projekt der ETH-Studentinnen Majka Baur und Prisca Müller. Das Startup aus dem Zürcher Hub will mit einer Onlineplattform Firmen und ihre Angestellten zu mehr Umweltschutz bewegen. Teams sollen sich Ziele setzen und deren Erfüllung online dokumentieren. Zum Beispiel «saisonaler einkaufen» oder «mehr Fahrad fahren».
Dafür erhalten sie auf der Plattform Punkte, im Wettbewerb mit anderen Nutzern. Auf diese Weise hofft das Startup, Menschen zu umweltfreundlichem Verhalten zu motivieren. WeAct wird von Climate-KIC unterstützt und erhielt denn auch den Preis, den die Förderinitiative stiftete.
(Artikelbild: zvg)