Wer an den Verkäufern spart, spart auch an den Verkäufen: Warum Startups Salesprofis brauchen.
Manchmal führen Schlagworte auf die falsche Fährte, besonders, wenn sie gut klingen. «Skalierbar» ist so ein Kandidat. Startup-Geschäftsmodelle sollen skalierbar sein – das heisst, dem Wachstum darf nichts im Wege stehen; ein Produkt oder eine Dienstleistung soll mit einem überschaubaren Team breit vertrieben werden. Möglichst «lean», darum wird auch gleich am Vertrieb gespart. Schliesslich will man sich keine Verkaufsarbeit aufhalsen, die zeitraubend und personalintensiv ist.
Skalierbarkeit ist anstrebenswert, aber hier fängt es an, problematisch zu werden. Nehmen wir ein Jungunternehmen, das Software für Geschäftskunden herstellt. Das Startup steht vor der Frage: Wie bringen wir unser Produkt zu den Kunden? Zu oft machen sich Jungunternehmen hier Illusionen und sind der Ansicht, es gehe auch ohne Sales. Der Druck, sich möglichst schlank aufzustellen und Kosten zu sparen, trägt dazu bei. Und es besteht oft die Hoffnung, das Internet richte es schon irgendwie und die Kunden fänden sich auf magische Weise von selbst auf der Website ein – allenfalls befeuert von ein wenig Onlinewerbung. Hier mahnt auch VC Mark Suster Vorsicht an.
Das Schlagwort Skalierbarkeit dient als Entschuldigung dafür, sich nicht mit Sales aufzuhalten. Der Gedanke dahinter ist nachvollziehbar: «Je mehr Ressourcen in die Entwicklung gehen, desto besser wird das Produkt. Ein gutes Produkt verkauft sich immer,» könnte man argumentieren. Ausserdem hofft man, Kosten zu sparen. So entwickelt man möglichst ohne Bodenkontakt und hofft auf den Durchbruch. Nur, so leicht ist es nicht:
- für Produkte im Unternehmenseinsatz ist meist Überzeugungsarbeit nötig, Widerstände gibt es immer – daher ist ein kompetenter Vertrieb unersetzbar
- in einer Startphase sind zufriedene Kunden wichtig (Testimonials), und die erhält man eher mit Unterstützung und Betreuung
- die Integration des Produkts zusammen mit dem Kunden kann lehrreich sein, und eine Inspirationsquelle für neue Features – ohne engen Kontakt über Sales wird das schwierig
- dieser Beziehungsaufbau hilft dabei, Referenzen zu erhalten und öffnet Türen für späteres Upselling
- gepflegte Beziehungen sind ein Schutz vor Konkurrenz
Neben dem Setzen auf einem unpersönlichen Direktvertrieb übers Netz besteht oft die Hoffnung, mit Hilfe von Resellern und Vertriebspartnern um hauseigene Salesprofis herumzukommen. Das ist möglich, solche Partnerschaften haben aber Nachteile. Denn:
- ein Reseller ist nie so motiviert wie jemand aus der eigenen Firma
- ein Reseller kennt das Produkt selten gleich gut
- der Anreiz, dem Kunden ein neues, innovatives Produkt anzudrehen, ist für einen Reseller begrenzt. Ein etabliertes Produkt zu verkaufen ist einfacher als ein vollkommen neues. Warum sollte der Verkäufer diesen Extraaufwand auf sich nehmen?
Das gilt besonders für Startups aus dem Bereich Unternehmenssoftware, ist aber für alle Gründer mit B2B-Produkten relevant. Sie sollten früh genug über passende Vertriebssstrategien nachdenken. Auch wenn es so aussieht, als könne man hier Ressourcen schonen: Wer an den Verkäufern spart, spart auch an den Verkäufen.
Schöner Artikel, Jan.
Ich weiß nicht, ob „Zu oft machen sich Jungunternehmen hier Illusionen und sind der Ansicht, es gehe auch ohne Sales.“ das so stimmt. Sehr häufig spielen da Ängste mit rein. Vielen Gründern fällt es schwer sich oder ihr Produkt zu verkaufen, Leute anzusprechen.
Außerdem genießt Vertrieb nicht gerade einen guten Ruf —> Vertrieb kommt von Vertreiben. Da programmier ich lieber, das macht mehr Spaß und man hat mehr „Erfolgserlebnisse“. Denn gerade am Anfang ist sehr schwer, einen Fuß in die Tür zu bekommen, wenn man keine Referenzen oder Kunden vorweisen kann. Und da heißt es halt Klinkenputzen, Dranbleiben und eine hohe Frustschwelle zu haben.
Den Kommentar verstehe ich nicht so richtig. Da programmier ich lieber….Vertrieb kommt von Vertreiben und hat einen schlechten Ruf…aber das Startup hat Ängste selbst jemand anzusprechen? Wie will das Startup dann Umsatz machen?