Den Startup-Groove ins Schaufenster stellen, authentisch sein und auf unkonventionellen Wegen suchen: So findet man gute Mitarbeiter fürs eigene Startup.
Die unangenehme Wahrheit vorab: Recruiting ist aufwändig. Man nicht darum herum kommt, sich dafür viel Zeit zu nehmen – obwohl Startups im Alltag ohnehin schon mit knappen Ressourcen kämpfen. Es hilft darum, stets die Augen nach möglichen Kandidaten offen zu halten, statt erst erst mit der Suche zu beginnen, wenn’s brennt.
Wir haben einige Ansätze dazu zusammen getragen, wie ein Jungunternehmen an gute Bewerber kommt. Zum Beispiel, warum man gelegentlich in einer Cafeteria herumstehen sollte:
Abseits von ausgetretenen Wegen suchen
Jobboards sind eine angenehme Sache. Hat man hohe Ansprüche oder ist auf der Suche nach Spezialisten, reichen diese aber oft nicht aus. Besonders in der IT, wo der Markt ausgetrocknet ist, muss man sich mehr engagieren. Dazu gehört, auch passive Kandidaten anzufragen. Eine der wichtigsten Quellen ist hier das eigene, erweiterte Netzwerk.
Daneben mag es helfen, gelegentlich das Büro zu verlassen und auf Kandidatenpirsch zu gehen. Zum Beispiel wie der US-Gründer Chris Dixon: Er besuchte einmal über Wochen hinweg täglich die Cafeteria der Elite-Uni MIT und sprach einfach jeden an, der wie ein Programmierer aussah.
Startup-Stärken ausspielen
Jungunternehmen können selten dabei mithalten, was etablierte Unternehmen an Löhnen bieten. Dafür haben andere Stärken, die sie im Wettbewerb um Kandidaten ausspielen können. Dazu ist nötig, diese Stärken erst zu kennen. Es lohnt sich, herauszufinden, was man Bewerbern anbieten kann, das sie andernorts nicht bekommen – flexible Arbeitszeiten etwa.
Schon die erste Begegnung sollte man zur Differenzierung nutzen. Die meisten Menschen graust es (zu Recht) vor dem künstlichen Rollenspiel, das einen Bewerbungsprozess normalerweise ausmacht. Ein Startup kann es sich leisten, persönlich und authentisch zu sein. Wer mit einem Bewerber ein persönliches Gespräch beginnt und auch etwas über die eigene Motivation und die High- und Lowlights seit der Gründung erzählt, erfährt wahrscheinlich mehr über den Kandidaten und kann etwas vom Startup-Groove vermitteln.
Bei der Jobbeschreibung im Gespräch sollte man statt einem HR-mässigen, nichts sagenden Aufgabenpitch lieber Beispiele sprechen lassen. Die Gründer sind bis über beide Ohren im Tagesgeschäft, entsprechend gut kennen sie Arbeitsalltag. Das hilft, die Aufgaben anschaulich zu machen. Was waren spannende Dinge, die man bisher umgesetzt hat, wie sah der Weg dahin aus?
Das Team einbeziehen
Die Chemie im Team ist bei einem Startup viel relevanter als in einem grösseren Unternehmen. Die Mitarbeiter müssen eng und flexibel zusammenarbeiten, in der Diskussion Entscheidungen treffen und man hat keine Chance, sich aus dem Weg zu gehen. Deshalb spielt das ganze Team beim Bewerbungsprozess eine Rolle. Eine scheinbare Kleinigkeit, die man darum beachten sollte: Das Bewerbungsgespräch dann ansetzen, wenn das ganze Team vor Ort ist. Es sollte den Kandidaten gleich beim ersten, längeren Gespräch kennenlernen können.
Das ist nicht nur hilfreich bei der Entscheidung, ob der Bewerber ins Team passen würde. Ein Kandidat, der ein cooles Gründerteam kennenlernt, ist auch motivierter, die Stelle anzutreten.
Leute einstellen ist Übungssache
Egal, wie viel Mühe man sich gibt – es wird zu Absagen kommen. Wunschkandidaten sind für Startups nicht immer zu holen. Das sollte nicht entmutigen, sondern Startups sollten die Gelegenheit nutzen, beim nächsten Kandidaten ihre Vorzüge besser zu präsentieren.
Wichtig dafür ist, herauszufinden, was Kandidaten von einer Stelle erwarten – eine Frage, die ohnehin zu einem seriösen Bewerbungsgespräch gehört. Das Problem: Bewerbungsratgeber haben hier den Schaden angerichtet, dass die meisten Kandidaten nur mit abgenudelten Standardsätzen antworten. So ist es oft nicht leicht, aus einem Bewerber herauszubekommen, was ihm wirklich wichtig ist. Ein Trick, der hier vielleicht weiterhilft: Stattdessen fragen, was für das Gegenüber bei wichtige Entscheidungen zählte und warum er sie so getroffen hat, in erster Linie bei Jobs, aber auch bei anderen Themen, zum Beispiel der Wahl der Studienrichtung.
Wenn ein Wunschkandidat ablehnt, sollte man nicht verschupft reagieren, sondern versuchen, den Kontakt zu halten. Vielleicht ist die Consultingstelle doch nicht das richtige und überlegt er es sich nach einem halben Jahr anders.
Fair sein
Warum Fairness wichtig ist, ist eigentlich klar. Trotzdem sollte man sich beim Recruiting stets noch einmal bewusst machen, warum man wie handelt, denn nicht alles davon ist offensichtlich. Zum fair sein gehört nämlich, einem Kandidaten den wahren Grund für eine Absage mitzuteilen. Offen und ehrlich. Auch dann, wenn man der Meinung ist, dass der Bewerber gar nicht für den Startupalltag geeignet ist. Vielleicht hilft man ihm damit für weitere Jobentscheidungen, und vielleicht ist der Bewerber sogar dankbar für das direkte Feedback – und empfiehlt einen anderen Kandidaten.
Habt ihr eigene best practices fürs Recruiting entwickelt?
Wenn man als Startup recruitet ist ein Probetag auf jeden Fall sehr zu empfehlen. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht und auch der Bewerber profitiert, weil er einen besseren Einblick erhält.
Was hier in der Schweiz fehlt ist ein Headhuntingdienst, der sich auf Startups spezialisiert. Denn bestehende Headhunters können und wollen da nicht aktiv sein.