100’000 Franken Startkapital im Austausch gegen eine Mehrheitsbeteiligung: mit diesem Modell sucht die IFM AG nach Startups. Das machte das Unternehmen mit Sitz in Zürich-Kloten vor wenigen Tagen mit einer Pressemitteilung publik.
Bei den Anforderungen nennt IFM «Ein qualifiziertes Management sowie ein Projekt, das dem Markt ein bis zwei Jahre voraus ist». Ausserdem haben nur Schnellstarter eine Chance: spätestens nach sechs Monaten müsse ein Startup Geld verdienen: «Sonst ziehen wir den Stecker», sagt Frank Simon, Head of Corporate Finance von IFM. Das Startup muss dann auf eigene Faust weitermachen.
So ein Zeitplan sei sportlich, meint Simon, aber man suche auch nicht das nächste Facebook. Ein schneller Return on Investment habe Priorität. Das werde in den USA zunehmend zum Standard und auch hierzulande vermehrt von Investoren nachgefragt. Die gemütlichen Zeiten seien vorbei.
Für die 100’000 Franken Kapital verlangt IFM eine klare Mehrheitsbeteiligung: 50 – 75 Prozent. Nach der Entwicklungsphase sollen die Startups dann an den Kapitalmarkt gebracht werden.
Finanzierung statt Coaching
Bei der Verwendung der Finanzierung durch die Gründer und strategischen Entscheidungen mische man sich nicht ein, sondern beschränke sich auf das Controlling, was von den Gründern geschätzt werde. Der IFM-Angebot ist denn auch mehr Finanzierungsangebot als traditioneller Inkubator – Coaching und Infrastruktur für die Jungunternehmer gehören nicht zum Paket.
Das erste Investment hat IFM im April getätigt, derzeit durchlaufen fünf Startups das Programm, ein sechstes stosse bald dazu, so Frank Simon. Welche fünf Unternehmen bei IFM sind, will er nicht verraten. «Das kommunizieren wir erst, sobald wir die Unternehmen an den Kapitalmarkt bringen, um nicht vorab andere auf die Fährte zu bringen.»
Gesucht sind Businesspläne aus der ICT und dem Pharmabereich. Ausgehend von diesen werde entschieden, ob ein Startup in den Inkubator aufgenommen oder, falls es bereits vor dem nächsten Finanzierungsschritt stehe, in Toronto an die Börse gebracht werde.
Gefragt nach Erfahrungen oder einem Track Record im Bereich der Startup-Finanzierung meint Frank Simon, dass IFM mit diesem «Modethema» Neuland betrete. Das Unternehmen spezialisiert sich bisher auf Emissionsgeschäfte mit hohen Volumina, die per Courtage funktionieren. Bei der Startup-Finanzierung gehe es dagegen darum, nach Perlen zu fischen.
Mit „Finanzierung statt Coaching“ wird definitiv eine gewisse Lücke in der Schweiz gedeckt. Die 6-Monate-Regel finde ich auch sehr gut. Allerdings fallen damit die meisten ICT-Projekte im B2C-Bereich und die erwähnten Pharmaprojekte wieder raus…
Startup-Finanzierung als «Modethema» zu bezeichnen und eine Mehrheitsbeteiligung für mikrige 100k Seed Kapital zu verlangen… da kann man tatsächlich von Neuland (bzw. totaler Unkenntnis) sprechen. Mal im ernst: Welcher Gründer der bei Trost ist gibt seine Mehrheit für 100k ab? Damit wird die ganze Motivation des Gründerteams im Keim erstickt.
Ich muss sagen, dass ich von diesem Artikel enttäuscht bin. Meiner Meinung nach sollten die von Frank Simon gemachten Aussagen hinterfragt werden.
Die gebotene Valuation ist nur der Anfang. CHF 100’000 für 50 entspricht einer pre-money valuation von CHF 100’000 was komplett lächerlich ist. Ein Gründer wird über die nächsten Runden (welche auf dem Weg zum angestrebten IPO zweifelslos notwendig sein werden) weiter verwässert. Am Ende wird den Gründern welche die ganze Arbeit erledigen kaum etwas davon bleiben. Sie sollen also das Ganze Risiko tragen aber nicht dafür entlöhnt werden.
Hinzu kommt, dass die „Innovative Financial Management AG“ und deren öffentlicher Repräsentant Frank Simon kaum Informationen über sich selbst online stellen. Das erscheint mir dubios.
Ein Grossteil des Werts von Inkubatoren wie YCombinator oder Techstars ist nicht das Geld (YCombinator nimmt sich übrigens normalerweise ca. 6% welche mit einem ca. USD 20k Investment direkt entschädigt und mit einem USD 150k Wandeldarlehen ohne Cap kompletiert werden) sondern das Netzwerk und die Strahlkraft welche einem geboten wird. Der Fokus der IFM AG auf Finanzierung anstelle von Rat hilft dabei wohl den Aufwand gering zu halten aber kaum den Startups.
Schlussendlich stellt sich die Frage weshalb die IFM Herren gut darin sein sollten Startups mit Potential zu finden. Laut Paul Graham’s letzem Artikel könnte dies aber gerade eine Stärke sein http://paulgraham.com/swan.html ;-)
Ich würde jedem ganz klar von diesem Angebot abraten.
@Marcus: Es gibt andere Programme, die ebensoviel oder mehr Anteile verlangen, auch wenn dort zugegebenermassen ausser Geld Zusätzliches geboten wird.
Ich denke auch, dass sich solche Anteilsdeals für die meisten Startups nicht eignen. Sollte jemand nur schnell ein E-Commerce-Angebot hochziehen wollen, wäre das allerdings nicht von vorherein undenkbar.
Zweifel? Durchaus, einfach da sich nicht beurteilen lässt, ob das ganze seriös ist. Da gibt es in der Tat einige Fragezeichen. Dass nichts Weiterführendes auffindbar ist und weder über die angeblich bereits teilnehmenden Startups etwas zu erfahren ist, noch es Infomaterial gibt, ist verwunderlich. Hinzu kommt, dass die IFM-Vertreter offenbar keine Veranstaltungen besuchen, um sich dort vorzustellen. Das alles zusammen heisst: (zu) wenig Transparenz. Skepsis ist sicher angebracht, bis IFM daran etwas ändert.
Danke für die Antwort.
Bei E-Commerce würde ich aber eher auf einen Partner setzen welcher mir Reichweite bieten kann.
Mir ist noch kein „Inkubator“ über den Weg gelaufen welcher solche Konditionen (auch mit Zusatzdiensten) bietet und den ich als seriös bzw. glaubwürdig bezeichnen würde. Hast du ein Beispiel? Spontan fällt mir in der Schweiz Centralway ein. Deren (aktuelles?) Angebot halte ich aus Unternehmersicht aber ebenfalls für untragbar.
Ich denke es ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, was die Wirtschaft angeht. 100.000 sind zwar zu wenig um die Beteiligung komplett abzugeben, doch kann ich mir gut vorstellen, dass zukünftig auch andere Geldgeber Interesse an solch eine Modell haben, die auch bereit sind wesentlich mehr Geld springen zu lassen.
Gute Idee, die noch umgesetzt werden muss. Aber aller Anfang ist schwer.
Die Aussage ist ja schön und gut, aber es bleibt zu bedenken, dass die Gründer dabei das Nachsehen haben. Sie werden verwässert, da meist das Kapital fehlt, um in späteren Finanzierungsrunden ihre Prozente zu halten. Dadurch werden sie sehr schnell zu Managern, die ein paar Anteile halten, aber so gut wie kein Mitspracherecht mehr besitzen. Da bleibt die Frage, wie sollen diese dann motiviert werden, wenn es dem Unternehmen einmal nicht so gut geht bzw. ein Pivot angesagt ist (was bei <99,9% von Startups mindestens einmal notwendig ist).
Natürlich sind 5% Anteile von etwas viel geiler als 100% von nichts, aber ganz ehrlich: Wenn die Lerneffekte im Unternehmen nachlassen und ein eigenes oder anderes Projekt mit mehr Potenzial daherkommt sind die sogenannten "Gründer" in so einem Fall sehr schnell wieder raus aus dem Unternehmen.
Bin neugierig geworden.
Google Treffer:
http://www.pressetext.com/news/20120424005
Ein Geschäftsfeld der IFM scheint also der Handel mit Mantel-AGs zu sein.
An sich sind Mantelgesellschaften ja nichts verbotenes. Ein kleines Detail aber sehr interessant: in beiden Pressetexten (Inkubator und Mantelhandel) wird genau der gleiche Betrag beworben.
– „(…) Für eine AG wird ein Stammkapital von mindestens 100.000 Franken (83.000 Euro) benötigt.“
– „IFM AG bietet Inkubator und 100.000 CHF (83.000 Euro) Startkapital für aussichtsreiche IT-Projekte. (…)“
Klar, die Gründung einer AG erfordert CHF 100’000. Aber die interessanteren Fragen:
– warum betreibt eine Firma einen ‚Inkubator‘ und gleichzeitg einen Handel mit Mantelgesellschaften?
– warum genau 100T im Austausch für eine Mehrheitsbeteiligung?
– Und warum findet man sonst nahezu keine Infos über die Personen hinter der IFM AG?
Na, denkt auch jemand was ich denke? Genau, ein sehr interessantes Geschäftsmodell. Ich hab da so eine Vermutung: wenn es eine Viehzucht wäre, dann ginge es nicht ums Fleisch sondern ums Leder. Zum Beispiel für einen schicken Mantel.
Aber soll sich jeder seine eigene Meinung bilden…
Zum Thema Mantelhandel nur soviel: Der Kauf eines reinen Mantels einer schweizerischen Aktiengesellschaft ist nach schweizerischem Recht schlicht nichtig, sprich zivilrechtlich gehören die Aktien auch danach immer noch dem ursprünglichen Verkäufer. Also bitte FINGER WEG und besser selbst neu gründen, sonst gibt es später nur Probleme. Geht leider immer wieder vergessen, auch weil es v.a. in Deutschland zulässig und gängige Praxis ist. Entsprechend natürliche eine Weltklasse-Idee, Mantelhandel in der Schweiz als Businessmodell zu betreiben…
Also für mich hört sich das verdächtig nach dem Versuch an, Rocket Internet zu kopieren. Die Frage ist, wer sich auf solche Deals einlässt. Bei Ideen, die „nur“ kopiert werden oder vom Inkubator selber kommen und die „Gründer“ hauptsächlich als Manager fungieren, die den Aufbau und ggf. die Internationalisierung vorantreiben sollen, kann das nicht schlecht sein und ist zum Beispiel in Deutschland bei verschiedenen Inkubatoren auch vorzufinden. Richtig innovative Vollblutgründer mit eigenen Ideen werden solche Angebote allenfalls zum ersten Erfahrungsgewinn auf Kosten anderer nutzen, um später ihre Ideen selbst umzusetzen. Sollte ein Glücksgriff dabei sein, wäre das nicht schlecht und es reichen für einen Gründer auch 5% von einem möglichen Exit-Erlös. Aber solche Glücksgriffe sind selten und die Motivation der beteiligten wird sehr schnell leiden.
Bleibt abzuwarten, was die ersten Projekte sein werden. Ich tippe auf ein klassisches Copycat für den schweizerischen Markt.
Wenn ich mit 100k Einsatz meinen Business Plan in 6 Monaten an die Börse bringen könnte, würde ich wohl nicht die Mehrheit abgeben. Solche Ziele sind völlig unrealistisch und schlagen die wildesten Träume aus der New Economy Bubble.
Wenn 100k Einsatz 50%-75% Anteil gibt, dann ist die Zukünftige Arbeitsleistung, Knowhow, IP und Risikobereitschaft des Gründer-Team insgeamt weniger als 100k wert. => Nur interessant für ein schwaches Team mit einer schlechten Idee. Oder für Gründer ohne Mathematikkenntnisse.
Its incredible, this is not a incubator, its an investment company.
In my country Chile, the incubators give CHF 115.000 in seed capital for startups for only 7% of the company…I know very well this because I was working as a technology broker there…
50-75% its off the range…
Ich habe vor Kurzem intensiv zu Seedfunding recherchiert (für eigene Business Idee), und darf ebenfalls mit gutem Gewissen bestätigen dass dieses Angebot geradezu eine Frechheit ist.
Speziell im Pharma und ICT Bereich, welche diese ja scheinbar interessiert, sind diese Konditionen inakzeptabel. Ich würde einmal beim http://www.startupbootcamp.org/ schauen, dann natürlich wenn man eine gute Idee hat bei YCombinator oder 500 Startups.
Zudem, das Fehlen des intensiven Begleitung und der „Fokus aufs Coaching“ ist kein positiver Punkt, aber ein fehlender Benefit.
Korrektur: „Fokus aufs Controlling“ natürlich, nicht Coaching.
Vom Vorgehen her ist das gleich wie bei 500 Startups http://www.500.co
Die investieren auch nur 25k – 250k USD und nach 6 Monaten muss das Projekt laufen. Allerdings auch nicht ohne Erfolg wie auf der Internetseite sieht