Aus 137 Businessplänen wurden die zehn Finalisten sowie der Gewinner von 60‘000 Franken gekürt. Wir waren beim Finale dabei.
Gestern fand an der ETH Zürich der Abschluss des alle zwei Jahre stattfindenden venture-Wettbewerbs statt.
Nachdem im März bereits zehn Geschäftsideen prämiert worden waren, wurden nun die besten Businesspläne und das Gewinnerprojekt ausgezeichnet. Das Rennen gemacht hat Swissto12. Die Entscheidung fiel der Jury offenbar nicht leicht: Angeblich wurde sie erst wenige Stunden vor der Verkündung des Gewinners gefällt. Aus insgesamt 137 eingesandten Businessplänen kürte das Advisory Board die Top fünf, sowie fünf zusätzliche Finalisten.
- Swissto12
- Sophia Genetics
- Bcomp
- OsmoBlue
- Rayneer
Alessandro Macor und Emile de Rijk vom ETH-Spin-off Swissto12 räumen damit innert einer Woche gleich zweimal ab. Erst vor einigen Tagen konnten sie schon das Finale von venture kick für sich entscheiden.
Ihr Startup zielt auf die Kommerzialisierung der Terahertz-Signalübertragung, ein Teil des elektromagnetischen Spektrums, der heutzutage noch nicht stark genutzt wird. Die möglichen Anwendungen sind dabei sehr unterschiedlich: Egal ob medizinische Analysetechniken, Prüftechniken für industrielle Prozesse, Satellitensysteme oder die chemischen Industrie, Swissto12 möchte weltweit führender Anbieter von Komponenten für Terahertz-Anwendungen sein.
Inzwischen haben die Gründer mit der Herstellung erster Produkte begonnen, erste Umsätze verbucht und Geschäftskunden im Bereich der Medizinaltechnik gewonnen. „Die Herstellung benötigt Uhrmacherkunst“, meint venture-Gründer Thomas Knecht. Und tatsächlich arbeitet Swissto12 auch mit der traditionellen Uhrenindustrie zusammen. Doch woher stammt eigentlich der Name? „Kurz und bündig: ein Terahertz entspricht 10 hoch 12 Hertz, also die 12te Zehnerpotenz“, so Emile de Rijk.
Mehr Projekte von anderen Hochschulen
Laut der Organisatoren ist die Durchmischung der Startup-Bewerbungen breiter als in den Vorjahren. Neu sind vor allem die Anmeldungen aus der Universität Zürich, der Universität St. Gallen und den Fachhochschulen stark gewachsen.
Dies sind die zehn Finalisten von venture 2012 in alphabetischer Reihenfolge:
Abionic: Eine schnelle und günstige Allergiediagnose verspricht die auf Nanotechnologie basierte Methode von Abionic. Man setzt auf die Nachfrage nach schnelleren Diagnosemethoden kombiniert mit der Zunahme an Allergieleidenden. Dabei möchte Abionic viel Wert auf die Benutzerfreundlichkeit der Diagnose legen. Die Experten stufen Abionic als interessantes Nischenprodukt mit viel Potential im Markt des Point-of-Care-Testing (POCT) ein.
AppAware: Täglich 1’200 neue Apps: Der Android-Markt kann rasante Wachstumszahlen vorweisen. Doch das Ganze hat einen gewichtigen Nachteil: Viele interessante Apps bleiben unentdeckt. Hier setzt AppAware (Startwerk-Porträt) als soziales Netzwerk an und aggregiert Informationen, um Apps nach eigenem Geschmack und Bedürfnissen zu empfehlen. Zudem werden App-Entwickler mit einem eigenen Promotionsystem bei der Erreichung neuer Nutzer unterstützt.
Bcomp: Die Ingenieure von Bcomp entwickelten einen nachhaltiges Material basierend auf Naturfasern, welche aktuelle Verbundwerkstoffe wie Glasfaser, Aluminium oder Carbon in bestimmten Industrien ersetzen soll. Bcomp konnte seine Technologie bereits im Sport- und Freizeitmarkt erfolgreich einführen und Partnerschaften in der Verpackungsindustrie für sich gewinnen. Die Investoren stellen die sorgfältige Auswahl der zukünftigen Märkte als entscheidenden Faktor in den Vordergrund.
OnlineGV: Dass es nicht jeder Aktionär zur Generalversammlung (GV) schafft, ist aufgrund von Reisekosten und anderen Terminen verständlich. Doch die Zahlen sind ernüchternd: durchschnittlich werden nur 25 Prozent der Shareholder mittels GV erreicht. OnlineGV ermöglicht die Stimmabgabe per Internet und integriert einen Live Webcast. Verkaufsargument der OnlineGV (Startwerk-Porträt) ist es, die Corporate Governance entscheidend zu vereinfachen.
OsmoBlue: Mit Hilfe seiner patentierten Technologie möchte das Team von OsmoBlue Abwärme in Elektrizität verwandeln. Rechenzentren sowie Chemie- und Verbrennungsanlagen erzeugen viel Abwärme, die für die Stromerzeugung genutzt werden kann. Der Vorteil des Systems ist, dass es bereits bei Temperaturen unter 100 Grad Celsius funktioniert. Mit einem Patent im Rücken möchte OsmoBlue erste Zielmärkte ansprechen und weiterhin in Forschung & Entwicklung investieren.
Phocone: Die Messung von Gasen ist in vielen unterschiedlichen Bereichen essentiell – man denke beispielsweise an die Entdeckung von Sprengstoffen oder an die medizinische Atemanalyse. Phocone hat eine Methode mittels Infrarotlaser entwickelt und patentiert, um Konzentrationsmessungen durchzuführen. Die Technik soll präzise, schnell und billiger als herkömmliche Methoden sein. Die venture-Coaches sehen das Teams als sehr akademisch an, was für die Technologie zwar positiv aufzufassen sei, dennoch wünschen sie sich erfahrene Manager als Ergänzung.
Rayneer: Rayneer (Startwerk-Porträt) ermittelt anhand des Facebook-Profils den Musikgeschmack eines Nutzers und generiert daraus ein personalisiertes Musikfernseh-Angebot. Das Geschäftsmodell setzt dabei auf Werbeeinblendungen. Rayneer ist für den Webbrowser sowie Smartphones konzipiert. Dank abgeschlossenen Verträgen mit Musiklabels konnte Rayneer vor circa einem Monat starten. Nach Einschätzung der venture-Coaches sei das virale Potential via soziale Netzwerke noch nicht ausgeschöpft.
Sophia Genetics: In den letzten Jahren stieg die Popularität von DNA-basierten Tests, was durch erhöhte Computerleistung und Senkung der Kosten zu begründen ist. Im Bereich Datenmanagement setzt das Projekt Sophia Genetics an und möchte über eine Webanwendung genetische Dateien der Patienten speichern, analysieren und visualisieren. Diese Visualisierungsfunktionen und die Algorithmen für die Analyse konnten die Coaches sehr überzeugen. Als Schwachpunkt nennen die Experten das vorgeschlagene Umsatzmodell mit Zahlung pro Verwendung. Zurzeit baut Sophia Genetics ein Partnerschaftsnetzwerk mit grossen Schweizer Krankenhäusern auf und möchte Anfang 2013 weiter in Europa expandieren.
Uepaa: Unfälle beim Bergsport oder beispielsweise Lawinenunglücken sind nicht selten und werden aufgrund der Abgeschiedenheit schnell zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Uepaa ist eine Smartphone-Anwendung und macht so das Handy zu einem Tracking-, Alarm- und Rettungsgerät. Mit mobiler Peer-to-Peer Technologie kann die genaue Position der verunfallten Person ermittelt werden. Das Team von Uepaa Swiss Alpine Technology konnte bereits ein starkes Partnernetzwerk aufbauen.
Der Wettbewerb läuft in zwei Phasen ab. In der ersten erarbeiten die teilnehmenden Teams ihre Geschäftsidee und reichen diese bei der Venture-Jury ein. Diese bewertet die Ideen und wählt die zehn besten aus – die übrigen bekommen ein ausführliches Feedback, das ihnen die Weiterentwicklung ihrer Idee ermöglichen soll.
In der zweiten Phase erarbeiten die Teams einen systematischen Business-Plan. Die Jury wählt die fünf überzeugendsten Pläne aus und lädt die entsprechenden Teams zu einer Schlusspräsentation ein. An dieser werden die Teams prämiert, der Sieger erhält 60′000 Franken. Insgesamt schüttet Venture 150′000 Franken an Fördermitteln aus.