Das Top-100-Startup aus dem Wallis will in neue Märkte vorstossen. Im Gespräch verrät der CEO, warum die Software Gerocos Kernprodukt bleibt.

Das 2009 gegründete Walliser Startup Geroco bereitet nach dem Start von Ecowizz in der Deutschschweiz den Marktstart in weiteren Ländern vor, darunter Deutschland und Skandinavien. Einher mit der Internationalisierung geht eine Zurückbesinnung auf die ursprüngliche Vision der Gründer. Denn, wie uns CEO Michael Dupertuis im Gespräch erzählt: Die Ecowizz-Hardware ist gar nicht das Kernprodukt des Unternehmens.

Geroco hat sich einen Namen gemacht mit seiner Stromspar-Ausrüstung. Das Unternehmen verkauft Smartplugs, die zwischen Geräte und Steckdose gestöpselt werden, um den Stromverbrauch zu messen und diese Werte drahtlos an eine Webapp übertragen. Die Nutzer können dort Elektrizitätsverbrauch und -kosten überwachen und die Smartplugs programmieren, so dass sich diese zu festgelegten Zeiten ein- und ausschalten – und damit Strom sparen.

Die erwähnte Vision von Ecowizz baut aber längerfristig nicht auf diese Hardware, sondern auf die Ecowizz-Plattform. Die Smartplugs entwickelte das Startup, da es keine Alternative zu selbst hergestellter Hardware gab. Darum füllten die Gründer diese Lücke gleich selbst. Auch wenn ein weiteres Gerät noch unterwegs ist – dieses Jahr kommt die Ecowizz-Box auf den Markt, die als Hub für eine grössere Zahl Smartplugs fungiert –, um die Hardware sollen sich in Zukunft andere Hersteller kümmern.

Plattform fürs Stromspar-Ökosystem

Diese zentrale Verwaltung für sämtliche Energiethemen ist das Kernprodukt von Geroco. Zusammenführen soll sie dereinst alles, was mit der eigenen Energiebilanz zu tun hat: den Verbrauch bei Elektrizität, Gas, Wasser und Heizung. Damit die nötigen Daten auch ihren Weg ins Web finden, setzt das Startup auf Partner. Diese sollen nach und nach Mess- und Endgeräte zur Verfügung stellen.

Ecowizz konzentriert sich derweil auf die Plattform und baut diese aus. Jüngster Teil der Strategie ist eine mobile App, die das Startup im September 2012 veröffentlichen will. Diese soll künftig als Zugang zu allen Funktionen der Webplattform fungieren. Mit der App können Nutzer ihren Verbrauch in Echtzeit überwachen, ihre Kosten einsehen und angeschlossene Endgeräte steuern.

So sieht die Plattform derzeit aus (Bild: Screenshot ecowizz.net)

Zu diesen sollen künftig nicht nur die erwähnten Messgeräte zählen, sondern auch intelligente Haushaltsgeräte. Derzeit sind diese smart devices noch rar und Geroco damit gehörig vor der Adaptionskurve. Michael rechnet damit, dass die Geräte erst in fünf Jahren im Massenmarkt angekommen. Kooperationen will das Startup aber frühzeitig angehen, damit die Integration in die eigene Plattform dereinst funktioniert.

Wachsen durch Partnerschaften

Die Konzentration auf die Software bedeutet auch einen Shift für das Geschäftsmodell des Startups: Weg vom Verkauf von Hardware hin zum Lizenzieren der Plattform. Das heisst für Ecowizz, dass man potentiellen Partnern die Kooperation schmackhaft machen muss, damit diese nicht eigene Lösungen für ihre Geräte entwickeln. Michael sieht hier in der Aufstellung von Ecowizz einen Wettbewerbsvorteil. Gute Hardware-Hersteller seien selten gute Software-Hersteller – und umgekehrt. Für die Hersteller sei darum eine «schlüsselfertige Lösung» wie Ecowizz, das auch von den Energieunternehmen unterstützt wird, eine attraktive Option.

Bei den Vertriebskanälen ist Geroco dreiteilig unterwegs. Zum ersten verkauft man die Lösung direkt über die eigene Website. Wichtiger sind aber die direkte Ansprache von Firmenkunden und Partnerschaften mit Energieversorgern, die Ecowizz ihren Kunden als Whitelabel-Lösung weitergeben.

Wie Konkurrent opower in den USA hat Geroco in der Schweiz eine Reihe solche Partnerschaften mit Stromversorgern geschlossen. Der Grund, warum diese ihre Kunden zum Sparen anhalten wollen, liegt laut Michael darin, dass sie ihre Netzauslastung optimieren wollen. Verbrauchsspitzen, wie sie zur Mittagszeit und am frühen Abend auftreten, werden zum zunehmenden Problem für die Energieversorger. Strom sei dann so teuer, dass bereits kleine Einsparungen zu diesen Zeiten das Minus an verkauftem Strom untertags mehr als wettmachen, so Michael. Smart Metering ist darum derzeit ein Hypethema, für das sich Ecowizz zum richtigen Zeitpunkt in Stellung gebracht hat.

Rückblick

Anfang 2010 hatten wir erstmals über Ecowizz (damals noch Webnergie) berichtet. Das Gründerteam besteht aus CEO Michael Dupertuis, COO Vincent Balegno und CTO Eric Nussbaum, dessen erstes eigenes Unternehmen übrigens brosse-abo.ch war, ein Zahnbürsten-Versand nach dem Vorbild von Blacksocks. Die drei bauten zusammen nach Michaels Idee während zwei Monaten einen Garagen-Prototypen von Ecowizz, den sie an der Genfer Messe Telecom 2009 erstmals präsentierten. 2010 konnten die Gründer nach dem Sieg bei venture kick ihre Entwicklung beschleunigen und fuhren noch im selben Jahr eine erste Finanzierungsrunde über 800’000 Franken ein. Die Serienproduktion von Ecowizz nahm Geroco im Januar 2011 auf. Im April 2011 landete Ecowizz dann auf dem Westschweizer Markt. Mit der jetzigen Internationalisierung wollen die Gründer den Break-Even bis 2013 realisieren.