Sich selbständig machen als Einzelunternehmer und Freelance-Fotograf: Worauf kommt es an?
Anfang November 2011 hat sich Barbara Hess mit pictura selbständig gemacht. Vorher hatte sie bereits Startup-Erfahrung gesammelt bei Frühjahr und Fashion Friends. Dort arbeitete sie zuletzt vollzeit als Produktionsleiterin. Ich habe Barbara gefragt, worauf es ihrer Meinung nach ankommt für einen Start in Selbständigkeit als Fotografin.
Überraschend für mich: Als Freelance-Fotografin unterwegs zu sein, sei heute einfacher, als eine Festanstellung zu ergattern, sagt Barbara. Die Jobsituation sei schwierig, so schwierig dass sie eigentlich niemandem mit gutem Gewissen zu dieser Berufswahl raten könne. Warum hat sich die gelernte Fotografin da trotzdem für’s Selbstständigmachen entschieden statt bei ihrer Festanstellung zu bleiben?
Selber gestalten
Die Aufgabe einer Produktionsleiterin besteht darin, Aufträge an Fotografen vergeben, Shootings zu buchen, vorzubereiten und Models aufzubieten. Das Bilder machen rückte damit für Barbara im Berufstalltag zunehmend den Hintergrund. Irgendwann wollte sie mehr Zeit für eigene Arbeiten – für’s Fotografieren.
Da lag das Freelancen nahe. Zu Gute kam ihr dabei, ihr Auftragsbuch schon im Vorfeld gefüllt zu haben. Auch sonst hat sie versucht, ihren Start möglichst gut vorzubereiten, um nicht zu Beginn mit leeren Händen dazustehen. Trotzdem bleibt die Selbständigkeit in der Fotografie ein hartes Pflaster. Barbaras Tipps:
Positionierung
Ein Auftragsfotograf braucht eine Positionierung. Barbara fokussiert zum Beispiel auf ihre Spezialgebiete People-, Architektur- und Werbefotografie. Mit einem solchen Fokus werde man als Ansprechpartner erst greifbar. Er gibt Agenturen – die zu den wichtigsten Kunden im Auftragsgeschäft gehören – das Vertrauen, für die jeweilige Aufgabe einen Profi an der Hand zu haben. Das wiederum bedeutet einen Wettbewerbsvorteil gegenüber einem nicht spezialisierten Fotografen.
Kontakte
Auftragsfotografie ist ein People’s Business. Entsprechend wichtig ist es, seine Kontakte zu pflegen und gezielt aufzubauen. Sein Portfolio bei Agenturen unterzubringen ist zwar ein wichtiger Schritt, reicht aber längst nicht aus. Daneben lohnt es sich, bei jeder Gelegenheit bewusst zu netzwerken und auch mal einem befreundeten Grafiker einen Auftrag zuzuschanzen – die Chancen stehen gut, dass etwas zurückkommt.
Sichtbarkeit
Neben den Kontakten: Sich im Gespräch halten ist essentiell. Dazu setzt Barbara unter anderem aufs Bloggen und Social Media. Das Marketing läuft grösstenteil über das Netz, aber nicht nur: Barbara setzt auch auf Aktionen. Zum Beispiel mit dem Avatar Day, den sie organisiert und an dem sie kostenlos für alle Interessierten Profilbilder macht: Eine gute Möglichkeit, potentielle Kunden kennen zu lernen.
In der Übung bleiben
Das Portfolio ausbauen und fit bleiben: Auch wenn gerade kein Auftrag ansteht sei es wichtig, an Projekten zu arbeiten – in diesen Fällen einfach den eigenen. Das sorge dafür, dass man in der Übung bleibe und zudem Material habe, um sich auf der eigenen Website zu präsentieren.
Best practices vom Verband
Entscheidet man sich für die Selbständigkeit und zur Auftragsfotografie, und nicht etwa für Stock-Fotografie, spiele die Mitgliederschaft im SBF (Verband der Schweizer Berufsfotografen und Fotodesigner) eine besonders wichtige Rolle, so Barbara. Dessen Guidelines helfen zum Beispiel mit Preisvorgaben dabei, passende Aufwandsentschädigungen zu finden.
Kosten sparen
Wie bei jedem Start in die Selbständigkeit gilt auch hier: Das Niedrighalten der Kosten hilft dabei, holprige Phasen zu überstehen. Statt von Anfang massiv in Ausrüstung zu investieren und ein eigenes Studio zu unterhalten sei es zum Start sinnvoller, bei Bedarf zu mieten und langsam auszubauen.
Letztlich hält das Selbständig-Sein immer Unwägbarkeiten bereit. Darum sei es nie schlecht ein weiteres Standbein zu schaffen. Das macht Barbara Hess unter anderem mit Bloggen, sie wird künftig den Blogwerk-Fotografieblog fokussiert.com leiten.