Bedürfnisse machen Geschäftsideen – darum lohnt es, die eigenen auf ihre Lösbarkeit abzuklopfen. Denn es hat ein paar Vorteile, wenn man sich selbst als ersten Kunden hat.
Die immer noch einfachste Methode, eine Idee für ein Startup zu finden, lautet Scratch your own itch (frei übersetzt: Kratz Dich am besten selber, Abkürzung: SYOI). Wenn Du ein Problem hast, das Du gerne gelöst hättest, und für dessen Lösung Du bereit wärst Geld auszugeben – dann könnte das auch ein Problem sein, für dessen Lösung evtl. Kunden bereit sind, Geld auszugeben. Das wäre dann möglicherweise bereits ein funktionierendes Geschäftsmodell.
Beispiele für Scratch your own itch
In ihrem Buch Rework (Affiliate-Link) nennen die Gründer von 37Signals, Jason Fried und David Heinemeier Hansen einige Beispiele, welch gute Ideen aus Scratch your own itch bereits entstanden sind:
- Jason Dyson fand seinen Staubsauger unpraktisch und erfand den Dyson-Staubsauger
- Vic Firth spielte ein Instrument für das Boston Symphonie-Orchester und brauchte Drum Sticks. Er entwickelte selber welche, sein Unternehmen hat heute 62 Prozent Weltmarkt-Anteil
- Sport-Coach Bill Bowerman fand, dass sein Team bessere Schuhe brauchte. Also goss er Gummi in ein Waffeleisen und erfand Nikes berühmte Waffelsohle.
Die Produkte von 37Signals sind übrigens durchweg entstanden, weil die Gründer nach Tools gesucht haben, um ihr Geschäft voranzubringen. Dabei entstanden erfolgreiche Tools wie Highrise (Test von Highrise bei Imgriff.com), um Kontakte zu verwalten, oder Basecamp, um Projekte zu managen.
Die Vorteile
Wenn Du ein Produkt baust, so Fried und Hansson in ihrem Buch, musst Du jeden Tag an die hundert Entscheidungen treffen, wie Du das genau machst. Löst Du ein fremdes Problem, stocherst Du dabei konstant im Dunkeln. Löst Du Dein eigenes Problem, weisst Du genau, wie sich alles auswirkt und anfühlt. Du kannst sofort feststellen, wie sich Deine Entscheidung auf die Qualität auswirkt. Du musst niemand anders fragen, ob es ihnen gefällt – und Dir dann Sorgen machen, ob Du die richtigen Leute gefragt hast und wie ihre unterschiedlichen Meinungen zusammen passen. Scratch your own itch kann Dir also helfen, sehr lean zu sein.
Marketing: Du bist Teil Deines Zielmarkts und weisst somit ziemlich genau, worauf es ankommt. Du hast wahrscheinlich eine ganz gute Ahnung, wie Du mit Dir selber kommunizieren solltest, damit Du Dich angesprochen fühlst. Du weisst, welches Design Du magst und was Dir beim Lösen Deines Problems am wichtigsten ist. Das heisst nicht, dass Du nicht auch nach anderen Nischen Ausschau halten solltest, in denen Deine Lösung hilft. Aber die erste Nische, der Du Dich widmest, ist Deine eigene: Du weisst, was wichtig ist und was nicht.
Zu guter Letzt sorgt Scratch your own itch dafür, dass Du Dich in Dein Produkt verlieben kannst: Wer gründet, beschäftigt sich (hoffentlich) eine ziemlich lange Zeit mit seinem Vorhaben. Da ist es gut, wenn es sich um etwas handelt, das einen wirklich interessiert.
Abwandlung: Bringe etwas Erfolgreiches in Deine Nische
Eine Abwandlung für Scratch your own itch ist die Kombination mit dem Kopieren einer erfolgreichen Idee von woanders. Nimm eine erfolgreiche Idee und wende sie auf Dich und die Nische an, in der Du Dich befindest. Wenn Du beispielsweise findest, dass Groupon cool ist, Du selber als barttragender Linkshänder mit Mountain-Bike überhaupt nicht angesprochen wirst von den offerierten Deals – warum arbeitest Du dann nicht an einem Groupon-Klon mit spezieller Ausrichtung auf barttragende, linkshändige Mountain-Biker?
Probleme
Wir wollen aber nicht verschweigen, dass es mit diesem Prinzip auch Probleme geben kann. Zu beachten:
- es kann sein, dass die Lösung Deines Problems zwar Sinn macht, aber es einfach zu wenig Leute gibt, um diese Lösung als Geschäftsidee zu betreiben
- Zwar mag es sein, dass Du für die Lösung dieses Problems bezahlst. Andere haben aber vielleicht einen kostenlosen Work-Around, der ihr Problem zufriedenstellend löst
- vielleicht hast Du einfach nicht genügend Wissen, um Dein eigenes Problem sicher zu lösen (Beispiel: ich finde, mein Auto fliegt nicht gut genug)
Ein spannender Artikel mit guten Beispielen, wie „Scratch your own itch“ zum Erfolg führen kann. Genau so entstand bei uns TimeTac: Wir wollten ein Tool, mit dem wir produktiver zusammenarbeiten können.
Die angesprochenen Probleme kann man minimieren, wenn man nicht nur auf sich selbst schaut, sondern vor allem auch auf die Kunden: Was sie brauchen, sich wünschen. Auf diesem Weg haben wir mittlerweile schon zahlreiche maßgeschneiderte Lösungen für Kunden angefertigt und auch sehr gute Anregungen bekommen, wie wir unsere Software weiterentwickeln.
In diesem Sinn: Nicht egoistisch sein und nur sich selbst kratzen, sondern gut schauen, wo’s juckt und ob man helfen kann.