Das Startup Cabtus will mit mehr Transparenz und Mehrwert-Features den traditionellen Taxizentralen das Heft aus der Hand nehmen.
Wenn gesetzliche Beschränkungen fallen, wandeln sich Märkte und Chancen für innovative Startups entstehen. Ein gutes Beispiel dafür ist Cabtus.
Das Zürcher Jungunternehmen will für den Taximarkt den Umbruch einleiten, der bei den Reiseanbietern bereits stattgefunden hat: Wettbewerb im Netz statt lokale Unternehmen, die vor Ort den Markt beherrschen. „Die Tage solche Platzhirsch-Modelle sind gezählt,“ meint Cabtus-Mitgründer David Brunner.
Die zunehmende Liberalisierung des Taximarkts kommt dabei dem Unternehmen entgegen. Vor kurzem kippte das Bundesgericht das fixe Tarifsystem in Zürich und setzt nur noch eine Obergrenze.
Das bringt Bewegung in den Markt und dürfte längerfristig zum einem Mindset für mehr Wettbewerb führen. Für den Kunden ergibt sich so die Chance, von besseren Preisen zu profitieren. Das geht aber nur unter der Bedingung, dass die Anbieter kostengünstiger arbeiten können. Den Schlüssel dazu bietet das Hightech-Equipment, das wir mittlerweile alle mit uns herumschleppen: Smartphones. Taxibetreiber haben bisher hohe Fixkosten für ihre Visibilität – wer städtische Standplätze bedienen will, braucht eine Lizenz. Wer Kunden von einem Taxiunternehmen zugeteilt bekommen will, muss in eine teure CB-Funkanlage investieren und monatliche Gebühren für die Vermittlung berappen. Das Geschäftsmodell von Cabtus dagegen ist einfach: Das Unternehmen erhält ein Kommission von fünf bis zehn Prozent vom Fahrpreis.
Handy als Schaltzentrale
Cabtus nutzt Smartphones mit GPS per App als Vertriebskanal. Taxianbieter und Fahrgäste benutzen dieselbe App. Fahrer machen per Login ihr Fahrzeug auf der Karte sichtbar, von der aus die Kunden ein Fahrzeug in der Nähe orten und buchen können. Taxichauffeure können dabei ihr eigenes Tarifsystem festlegen, inklusive Rabatten. So lassen sich unterschiedliche Preise je nach Streckenlänge definieren – wer weiter fährt zahlt weniger pro Kilometer.
Ginge es nur um die Buchung, würde sich für die Kunden nicht viel ändern. Einige Taxianbieter wie in Zürich Alpha oder 444 haben schon eigene Apps in petto. Diese setzen jedoch bei den traditionellen Anrufzentralen an und decken immer nur einzelne Städte ab – hier will Cabtus Abhilfe schaffen. Der eigentliche Clou ist aber die Idee, die Fahrt vorab zu einem feststehenden Fixpreis zu kaufen. Zusätzliches Feature ist die Identifizierbarkeit der Taxifahrer. So kann ein Kunde gezielt einen bestimmten Fahrer bestellen, zum Beispiel, wenn er mit diesem gute Erfahrungen gemacht hat.
Neben den bestehenden Taxianbietern haben die Cabtus-Gründer im internationalen Raum auch direkte Konkurrenz. Kollege Weigert hat kürzlich über das deutsche Startup myTaxi berichtet, das ähnlich aufgestellt ist wie Cabtus und im Heimmarkt bereits einen Fahrerstamm aufgebaut hat. Ein zweiter Konkurrent ist das israelische Startup GetTaxi. Beide haben eine baldige Expansion angekündigt. Hier wird entscheidend sein, wie schnell sich Cabtus am Markt positionieren kann. Die Erfahrung zeigt: wer erst einmal die Suchresultate in App Store und Market anführt, ist schwer von dort zu verdrängen.
SaaS als zweites Standbein
Für Cabtus steht momentan im Vordergrund, möglichst viel intelligente Logistik in ihre App zu integrieren. So kann zum Beispiel auch ein besetztes Taxi gebucht werden, das sein Fahrziel in der Nähe des eigenen Standorts hat. Ein weiteres, geplantes Feature sind geteilte Fahrten. Gehen mehrere Anfragen mit fast identischen Routen ein, sollen Kunden und Fahrer eine Benachrichtigung erhalten. Der Fahrer kann dann mehrere Fahrgäste mitnehmen, die im Gegenzug einen Rabatt auf den Tarif erhalten.
Neben dem Vermittlungs-Geschäftsmodell sehen die Gründer ein zusätzliches Standbein in B2B-Lösungen für Unternehmen mit einem Fuhrpark, den es zu koordinieren gilt. Ihnen will Cabtus ein Software-as-a-Service-Modell anbieten. Kleine Taxiunternehmen sollen damit ihre eigene Zentrale aufsetzen und eine App als Whitelabel-Lösung veröffentlichen können.
Die App, gegenwärtig noch im Pilotstadium, ist für iPhone und Android erhältlich. Erste Fahrer sind in Zürich und Zug aktiv. Momentan ist das Startup aber noch angewiesen auf Betatester, die mit Feedback beim Feintuning des Diensts helfen. Der offizielle Launch der App ist für September 2011 geplant.
Gegründet wurde Cabtus 2009 von David Brunner, Christoph Müller und Stefan Kaspar. Die gegenwärtig sechsköpfige Team hat sein Hauptquartier im Zürcher Technopark. Das Unternehmen ist bis dato komplett eigenfinanziert, steuert aber eine Finanzierungsrunde für Ende 2011/Anfang 2012 an und sucht Kontakte zu Investoren.
Schön. Bloss; dieser erwähnte „Taximarkt“ ist eine Fiktion, diesen „Markt“ gibt’s so gar nicht. Im Taxiwesen fungiert die so genannte Kundschaft direkt als Arbeitgeber der Taxilenkenden. Jeder Franken weniger Einnahmen geht den Arbeitenden von deren Verdienst ab. Was da als Wettbewerb angepriesen wird ist tatsächlich der Versuch, die investierte Lebenszeit anderer, der Taxilenkenden, billiger zu bekommen; also Lohndrückerei seitens der Arbeitgeber.
Auf dem Platz der Stadt Zürich müssen auch Pauschal-Fahrten, also Taxifahrten zum voraus bestimmten Preis, mit eingeschalteter Taxiuhr ausgeführt werden und die Pauschale darf den städtischen Höchsttarif nicht überschreiten. Private FahrerInnen ausserhalb der gesetzlichen Kontrolle, welche sich als „Taxi“ anpreisen, sind ohnehin gesetzeswidrig.
Sehr geehrter Herr Pfister
Besten Dank für Ihren Kommentar. Der freie Markt, den wir mit unserer Platform schaffen, ist tatsächlich eine Neuigkeit im sonst hochregulierten Taxigeschäft. Dass die Marktkräfte die Fahrpreise nach unten bewegen würden ist nicht auszuschliessen, aber sicherlich weder unsere Absicht noch die Regel. Im Gegenteil, diejenigen Anbieter, die sich im höheren Preissegment sehen, haben nun die Möglichkeit sich damit von den „Billiganbietern“ zu differenzieren.
Wir bieten weitere Vorteile für unsere Fahrer: Mit unserem System haben wir auch die Möglichkeit geschaffen, neue Stammkunden aufzubauen und diese besser an sich binden zu können. Wenn ich als Kunde mit einem Fahrer, seinem Service und seinem Fahrzeug zufrieden bin, dann werde ich ihn gerne immer wieder buchen. Es entsteht eine gewisse Vertrautheit, die ich als Kunde sehr schätze.
Ausserdem optimiert unser Logstik-System die Aufträge in der Art, dass für die Fahrer weniger Leerfahrten und mehr Folgefahrten entstehen. Dadurch kann der Fahrer seine Kosten reduzieren.
Wir sind bestrebt das Niveau der Angebote hoch zu halten und haben lieber gute Fahrer, die auch ihren Preis wert sind, als solche, die nur auf einen billigen Preiskampf aus sind. Vor allem unsere Firmenkunden sehen das auch so. Es hat sich auch schon gezeigt, dass diese Rechnung aufgeht.
Alle Fahrer, die bei uns ihre Dienste anbieten sind Fahrer mit dem entsprechenden Führerausweis für gewerblichen Personentransport, den wir prüfen, bevor wir jemanden freischalten. Allerdings beschränken wir uns nicht auf „Taxi“-Angebote, denn vorbestellte Fahrten können auch Limousinenfahrten oder sonstige gewerbliche Personentransporte sein, die keiner Taxiverordnung unterliegen.
David Brunner, CEO von cabtus AG
Sehr geehrter Herr Brunner
Besten Dank für Ihre Antwort. Mit Bezug auf die Stadt Zürich würde ich nicht von einem, wie Sie schreiben, „hochregulierten“ Taxigeschäft ausgehen, weil die Anzahl der durch die Behörde vergebenen Taxi-Betriebs-Bewilligungen offen ist, d.h., im Juni 2011 hielten 1261 Taxihaltende 1512 Taxifahrzeuge im Betrieb. Das ist, nebenbei, mit Bezug auf Anzahl Taxi pro Tausend Bevölkerung ein europäischer Höchstwert.
Das von Ihnen angesprochene Geschäft der Bestell-Vermittung ist lediglich ein Teil-Aspekt des ganzen Taxiwesens. In Zürich arbeiten, geschätzt, etwa fast die Hälfte der Taxis ohne Bestellungen.
Als möglichwerweise vom Gesetz her als problematisch sehe die die Vermischung von „Taxi“ mit anderem. Auch wenn versicherungs-technisch alles unter Mietwagen inkl. lenkendem Personal subsummiert wird, Taxi kommt von Taxa-Meter und bezeichnet die Fahrt von A nach B mit eingeschalteter Taxiuhr durch ein von der Behörde als Taxi zugelassenem Fahrzeug mit den ensprechenden Auflagen. Ergo können auch nur solche Fahrten als „Taxi“ beworben werden ohne in Konflikt mit unlauterem Wettbewerb zu geraten.
Dass nur Personen mit der entsprechenden Bewilligung im Führerschein Personentransporte ausführen dürfen versteht sich von selbst.
Wohin aber die Vermischung führen kann, hat dramatisch der Fall von Lady Di in Paris deutlich gezeigt, welche kein reguläres Taxi benutzte, sondern leider den hoteleigenen privaten Service vorzog.
Taxi ist auch eine Sache des Vertrauens und Kontrolle ist besser wie Vertrauen. Eine strikte und strenge Kontrolle und Regulierung der Taxi ist darum Voraussetzung für ein gesundes Taxiwesen [für die Kundschaft auch eine Form von Lebens-Versicherung nebst Absicherung von Übergriffen]. Ein privater, weitgehend unkontrollierter Grau-Markt unter dem Label „Taxi“ ausserhalb der Taxi-Verordnung darf, so gesehen, gar nicht erst entstehen.