Vertrauen und Ehrlichkeit sind auch für Startups wichtige Werte, gerade bei der Wahl geeigneter Geschäftspartner. Wenn sie fehlen, führt das unweigerlich zu Problemen.
Von Dominic Blaesi, Gründer Flaschenpost.ch
In meinen bisherigen Artikeln habe ich von spezifischen, sachlichen Herausforderungen im Aufbau von Flaschenpost und unseren diesbezüglichen „lessons learned“ berichtet.
In diesem Post möchte ich ausnahmsweise einmal auf etwas „Emotionales“ zu sprechen kommen. Es geht um die Verletzung grundlegender Werthaltungen wie Ehrlichkeit, Verantwortung und Fairness, mit der Renzo und ich in den vergangenen Monaten ein paar Mal konfrontiert waren.
Alle „Erlebnisse“ liefen nach demselben Muster ab: Ausgangspunkt waren auf Dienstleistungsvereinbarungen basierende Geschäftsbeziehungen zwischen Flaschenpost und externen Partnerfirmen. Im Laufe der Zusammenarbeit passierten auf Seiten der Partner Fehler oder es wurden vereinbarte Leistungen nicht erbracht, was schliesslich zu (zum Teil substanziellen) Mehrkosten führte.
Bis hierher gibt es grundsätzlich kein Problem, denn Fehler passieren, vereinbarte Leistungen können aus den unterschiedlichsten Gründen nicht wie geplant erbracht werden und Kosten können höher zu liegen kommen als angenommen. Wenn der Partner in dieser Situation die Verantwortung für seine Fehlleistungen trägt, kann man gemeinsam Massnahmen treffen, damit gleiche Probleme in Zukunft vermieden werden. Dann kann die Zusammenarbeit nachhaltig – vielleicht sogar gestärkt – weitergehen.
In den erwähnten Fällen passierte jedoch das Gegenteil: Die Partner gaben zwar offen zu, dass sie die aufgetretenen Fehler zu verschulden hätten, erwarteten aber, dass wir den entstandenen Schaden vollständig tragen würden.
Werte sind nicht selbstverständlich
Betrachtet man die sachliche Komponente dieser Vorfälle, sind es Herausforderungen wie andere auch und damit dazu da, gelöst zu werden. Die „weiche“ Komponente jedoch, welche die zugrunde liegenden Werte betrifft, gibt zu denken. Warum ist es nicht selbstverständlich, dass in einer Geschäftsbeziehung jeder Partner die volle Verantwortung für sein Handeln trägt? Welche Werthaltung führt dazu, dass eine Firma versucht, eigene Fehlleistungen auf dem Rücken ihrer Kunden auszutragen? Und welche rationalen Überlegungen können eine Firma dazu motivieren, sich aus der Verantwortung zu stehlen?
Für die letzte Frage gibt es eine ökonomisch einfache Antwort: eine wirtschaftlich effiziente Lösung muss nicht zwingend eine faire Lösung sein. Die Ökonomie hat per se kein Konzept von Fairness – ein grosses Manko dieser Wissenschaft, an dem ich mich als Volkswirt seit meinem Studium stosse.
Die ersten beiden Fragen sind für mich offen gestanden unerklärlich. Deshalb frage ich mich, was mein Beitrag war, dass es zu diesen Situationen kommen konnte und was ich tun kann, um solche Konflikte in Zukunft zu vermeiden. Eine abschliessende Antwort habe ich noch nicht, doch spontane Reaktionen wie „Ab sofort mache ich alles nur noch schriftlich“ oder „Ich misstraue jedem, bis er mich von seiner Vertrauenswürdigkeit überzeugt hat“ sind kaum zielführende Ansatzpunkte. Stattdessen glaube ich (und hier wiederhole ich mich), kann man nicht genügend Aufmerksamkeit auf die Wahl seiner Geschäftspartner legen. Vor diesem Hintergrund würde ich die Kriterien bei der Partnerwahl in meinen Post vom vergangenen November um den Aspekt der Firmenwerte ergänzen. Selbstverständlich meine ich hier nicht die wohlklingenden „Core Values“, die sich in der Imagebroschüre finden, sondern die Werthaltungen, die einem das Gegenüber im persönlichen Kontakt vermittelt. Diese richtig wahrzunehmen ist zugegebenermassen nicht immer ganz einfach und fällt einem umso leichter, je mehr Erfahrung man hat. In diesem Sinne ist das Ganze positiv, denn um Erfahrungen sind wir auf jeden Fall reicher geworden…
Hallo zusammen. Ich kann beiden Beiträgen nur zustimmen. Als Einkäufer habe ich mich viele Jahre mit dem Thema Lieferaten- und Partnerwahl beschäftigt.
Neben der geschickten Anwendung geeigneter Auswahlkriterien und Wertemassstäben ist auch die Definition der Beziehung entscheidend und hilft, Unstimmigkeiten und Misserfolge zu vermeiden. „Partner“ sind nicht Lieferanten. Die Übergänge sind zwar fliessend, man muss diese zwei Beziehungsformen aber grundsätzlich unterscheiden.
Eine einfache Herangehensweise könnte sein: Wenn man auf der einen Seite von „Kunden“ spricht, sitzen auf der anderen Seite „Lieferanten“. „Partner“ sind meistens gleichwertig. In der Regel treten Partner in definierten Bereichen als eine Einheit auf. Die Zusammenarbeit kann zeitlich begrenzt oder von Dauer sein.
Ich gehe davon aus, dass im Beispiel oben mit „Geschäftspartner“ Lieferanten gemeint sind. Man kann auch mit Lieferanten partnerschaftliche Beziehungen pflegen, die Spass machen. Das ist aber ein längerer Weg, der gemanaged werden muss und immer auch von den beteiligten Personen abhängt. Diese können ein Unternehmen aber sehr schnell wieder verlassen…
Aus meiner Erfahrung als Einkäufer kenne ich (leider) hauptsächlich drei Methoden, die eine langfristige und harmonische Zusammenarbeit mit Lieferanten sicher stellen: 1. Wettbewerb, 2. Wettbewerb, 3. Wettbewerb.
Das bedeutet aber nicht, die Preise zu drücken, sondern der „Lieferantenbasis“ offen und glaubhaft seine Strategie zu erklären und deutlich zu machen, dass es noch andere gibt und dass das beste Preis-Leistungs-Verhältnis den Auftrag erhält. Das heisst also auch: Finger weg von Monopolisten und Freunden/Familie.
Je nachdem wie gross der Einfluss von externen Produkten oder Dienstleistungen auf das Geschäftsergebnis ist, könnte man Methoden eines „Strategischen Einkaufs“ anwenden, um Lieferanten oder Partner und damit Ausgaben und die verbundenen Risiken und Chancen zu managen. Das ist anstrengend und hält Gründer oder Inhaber von wichtigere Themen ab. Daher lohnt es sich, diese Aktivitäten an Profis auszulagern oder diese zu Rate zu ziehen. Ausserdem kann man dadurch eine Objektivierung erreichen und ein mögliches „Beziehungskartell“ von Mitarbeitern mit befreundeten Unternehmen auflösen.
Viele Grüsse
Thomas Hayk
Im Geschäftsleben (überhaupt im öffentlichen Leben) zählen nur Verträge. Jemand, der das Vertrauen überhaupt nur durch die Finger fliessen lässt oder gar in den Mund nimmt, der ist nicht nur argwöhnisch zu begutachten, sondern als Partner zu meiden. Derartige Menschen versuchen nur, einen naiven Partner zu finden, der sich darauf einlässt und dem man im Nachhinein sagt: „Du hättest ja nicht auf mich hören müssen.“.
stimmt. Allerdings kann man bei Vertragsverhandlungen viele Fehler machen. Letztendlich solle ein Vertrag dazu dienen, zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen und Regeln zu definieren. Dabei ist Unterstützung von einem Anwalt sinnvoll. Man sollte Verträge aber ohne Rechtsanwalt und Übersetzer verstehen können.
Eine der Herausforderungen in der Welt der Startups: Sicherstellen, ernst genommen und entsprechend behandelt zu werden, auch ohne mächtigen Namen im Hintergrund.
Oftmals anscheinend nur möglich, wenn man sich schriftlich absichert und gut beraten ist.
Danke für deinen neuen Blogeintrag, Dominic :) LG