Wie wirken sich Team, Mentoring, Finanzierung und andere Faktoren auf Startup-Erfolg aus? Ein Studie sucht nach Antworten.
Bislang gibt es noch kein Buch mit dem Titel „Startups für Dummies“. Und es dürfte auch dabei bleiben – was Unternehmer an Problemen zu lösen haben, lässt sich nicht in eine allgemeingültige Theorie pressen. Eine Firmengründung, die auf ein neues Geschäftsmodell zurückgreift, ist immer mit unvorhersehbaren Fragestellungen konfrontiert.
Trotzdem hat sich eine Initiative nun mit der Frage „Was macht Startups erfolgreich?“ wissenschaftlich auseinander gesetzt. Nach einer im Februar 2011 lancierten Befragung, an der 650 Startups teilgenommen haben, liegen die Resultate vor. Einige der Erkenntnisse gehören zum Alltagswissen, es ist aber spannend, sie einmal mit quantitativen Daten belegt zu sehen.
Da die Initiatoren zum Teil aus dem Hochschulumfeld kommen, ging es darum, inwiefern Erfolg lernbar ist. Testen wollten die Initiatoren ausserdem die Frage, welche Entwicklungsstufen Startups durchlaufen und ob es typische Strategien je nach Geschäftsmodell gibt.
An den Anfang des Berichts haben die Macher einige Take-Away-Erkenntnisse gestellt, hier eine Auswahl daraus.
- Lernbarkeit: Gründer, die an Coaching- oder Mentoringprogrammen teilnehmen, sind tatsächlich erfolgreicher als autodidaktische Jungunternehmer. Sie haben ein mehr als dreimal höheres Nutzerwachstum und erhalten siebenmal so viel Finanzierung wie andere Startups.
- Anpassungsfähigkeit: Startups, die ihr Geschäftsmodell unterwegs ein- bis zweimal nachjustieren (pivoting), sind ebenfalls erfolgreicher und erreichen mehr Finanzierung.
- Viele Investoren bringen zwei- bis dreimal so viel Kapital wie nötig in Startups ein, die noch gar kein genau fokussiertes Produkt haben. Ausserdem erhalten auffallend oft Startups viel Geld, die zu wenig technisch begabte Mitgründer an Bord haben – trotz verbreiteter Belege, dass dies ein Manko ist.
- Schnelligkeit: Das Erreichen des Phase, in der ein Startup skaliert, dauert bei Solo-Gründern mehr als dreimal so lang wie bei Team-Gründungen.
- Ausrichtung: Businesslastige Teams sind sechsmal erfolgreicher mit Sales-orientierten Gründungen als mit Produkt-orientierten.
- Balance: Teams, die sowohl Business-Wissen als auch technische Fähigkeiten im Gepäck haben, erhalten mehr Finanzierung und wachsen dreimal schneller als unausgeglichene Teams.
- Execution game: Gründer überschätzen den Wert geistigen Eigentums vor dem Launch eines Produkts.
- Produktentwicklung: Startups brauchen in der Regel zwei- bis dreimal so lang wie die Gründer erwarten, um ihren entgültigen Markt zu finden.
- Realismus: Gründer ohne Finanzierung überschätzen die Grösse ihres Marktes oft um einen Faktor in der Grössenordnung von 100.
Neben solchen Punkten versucht sich der Report ausserdem an einer Typisierung von Webstartups. Ergebnis sind vier Kategorien, in die ein Jungunternehmen fällt. Je nachdem, wie produktzentriert ein Startup ist, welche Rolle Automatisierung oder Netzwerkeffekte spielen, ob es B2B- oder kundenorientiert arbeitet, wie gross die Komplexität des Produkts ist und so weiter, wird es als einer der folgenden Typen beschrieben: Automizer, Social Transformer, Integrator oder Challenger.
Auf der Seite des Startup Genome Project gibt es eine Benchmark, mit der man überprüfen kann in welche Kategorie das eigene Startup gehört.
Den 67-seitigen Report gibt es zum freien Download.
Lanciert hat das Startup Genome Project die kürzlich gegründete Seed-Beteiligungsgesellschaft Blackbox von Bjoern Lasse Herrmann und Max Marmer, unter Mithilfe von Berkeley-Doktorand Ron Berman. Co-Autor ist ausserdem Lean-Startups-Evangelist Steve Blank, was dem Bericht auch deutlich anzumerken ist. Das Konzept des Lean Startups mitsamt Customer Development ist die Folie, vor der die Umfrageresultate angeschaut werden. Bisweilen hat man den Eindruck, dass die Untersuchung auch bemüht ist, diese Startup-Philosophie zu stützen. Nichtsdestotrotz ist der Bericht ein interessanter Einblick in mögliche Erfolgsfaktoren des Unternehmertums.
Linkwertig: Simfy, Twitter, Startups, iCloud » netzwertig.com
Hallo Herr Rothenberger,
schön dass sich noch jemand an die Übersetzung der Studienergebnisse gewagt hat. Eine Erkenntnis der Studie fällt hier aber unter den Tisch: Dass die häufigste Ursache für das Scheitern von Startups das vorzeitige Skallieren in einem unausgereiften Stadium ist. Fand ich sehr interessant. Gründungen brauchen also auch Zeit zum Reifen (bzw. um alle Stadien zu durchlaufen), und die gönnen sich die meisten Gründer und Investoren wohl nicht…
Hallo Sebastian,
Stimmt, der Punkt hats unbegründeterweise nicht in meine Auswahl geschafft. Danke für die Ergänzung!
Dann wäre ja jede Ausbildung für nichts, da man ohne das Gen ohnehin nirgends hin kommt…Sicherlich ist Erfolg lernbar. Wozu macht die Menschheit überhaupt solche Studien? Wem bringt das etwas?
@Dorothee: Das Bild der DNA ist eine Analogie. Es geht nicht wirklich um etwas angeborenes bei den Gründern, sondern um die Rezeptur erfolgreicher (Web-)Startups, und ob es da wiederkehrende Erfolgsfaktoren gibt.