Open Data ist nicht bloss eine staatspolitische Angelegenheit. Startups dürften sich zukünftig Andockstellen für smarte Geschäftsideen bieten.

Businessmodell Open Data?

Eigentlich ja eine grosse Überraschung: In den letzten 12 Monaten hat es mit Open Data ein sehr technisches Thema ins Bewusstsein – zumindest der internetaffinen – Bevölkerung geschafft.

Grund dafür ist – neben der Popularität von Open Source – dass sich die Netzgemeinde zunehmend dafür interessiert, wie Behörden arbeiten und darauf pocht, dass diese ihre Daten auf dem Web verfügbar machen. Die Stossrichtung geht vor allem entlang dem Konzept von Open Government, das sich die Forderung nach mehr Transparenz im Staatswesen auf die Fahnen geschrieben hat.

Ein wichtiger Aspekt offener Datenreservoire, die Journalisten und Bürgern neue Einblicke und Kontrollmöglichkeiten eröffnen, ist aber auch der monetäre Wert der Daten. Gerade der hat bislang auch die Freigabe von vorhandenden Daten gebremst. So haben viele einzelne Amtstellen, die auf spannenden Ressourcen sitzen, bislang die Auflage diese nur gegen Entgeld herauszugeben. Entsprechende Gesetzesänderungen sind darum bei den Hauptpunkten auf der Wunschliste von Open-Data-Befürwortern.

Open Data Startups

Mit fallenden Hürden werden die angehäuften Informationsberge zu einer spannenden Ressource für innovative Geschäftsmodelle – mit der Chance auf lukrative Verwertungsmöglichkeiten. In der Schweiz werden zurzeit erste Daten freigegeben, so wie die GIS-Informationen des Bundes 2010. Was da weltweit langsam in Gang kommt, nennt Berkeley-Businessprofessor Viwek Wadhwa eine „stille Revolution“.

Ökonomisch betrachtet, ergeben sich eine Menge Chancen. Geht man davon aus, dass in einer reifen Marktwirtschaft früher oder später alles an Geschäftsfeldern erschlossen wird was gewinnbringend ist, der Rest dafür aber nicht, so kann dieses Hand in Hand von Verwaltung und Privatwirtschaft neue Geschäftsmodelle eröffnen. Güter, die der Wirtschaft sonst nicht zur Verfügung stünden, weil sie nicht kostendeckend produziert werden können, sind plötzlich nutzbar. Aufbauend auf diese können neue Ökoysteme für Unternehmen entstehen, die irgendeine Form von Mehrwert bereitstellen. Die Möglichkeiten sind umfangreich und gehen von simplen Applikationen bis hin zu spezialisierten Informationsdienstleistern. Einfaches Beispiel für Ersteres: Etwa eine Smartphone-App, die den nächsten Briefkasten anzeigt, basierend auf freigegebenen Daten der Post.

Dabei spielt auch die Tatsache, dass die Daten für jeden frei und kostenlos verfübar sind. Es ist nicht so, dass sich ein Unternehmen die Daten leisten kann und andere aussen vor bleiben. Ein deutlicher Vorteil für die Konsumenten: Da die Wettbewerber alle die gleichen Karten haben, entscheiden Qualität und Preis das Rennen und nicht das höchst Gebot.

Beispiele aus den USA

Es fragt sich, wer diese neue Ressourcen am besten monetarisieren kann. Bewegliche und innovative Unternehmen bieten sich an, insbesondere dann wenn sie nah bei aktuellen Technologien sind. Ideale Bedingungen also für spezialisierte Startups.

So fragt sich ein Blogger von Sunlightlabs, warum es nicht bereits mehr Datenstartups gebe und verweist auf das in den USA umjubelte Brightscope. Brightscope ist ein Informationsdienstleister für Rentenpläne. Das amerikanische System der 401 (k) plans ist funktioniert wie eine Art Mischung zwischen BVG und dritter Säule: Der Arbeitgeber zahlt ein, aber der Arbeitnehmer kann die Anlagestrategie selbst bestimmen. Brightscope bietet nun seinen Kunden Vergleichsmöglichkeiten bei den Anbietern und ihren Angeboten und versucht, Transparenz bei den Erträgen der Anlagefirmen und ihren Kommissionen zu schaffen. Zu diesem Zweck haben die Gründer Stück für Stück per Informationsanfragen und ausdauerndem Lobbying die Freigabe staatlicher Daten erwirkt, darunter von der US-Börsenaufsicht, staatlichen Regulatoren und der Wertpapieraufsicht.

Neben dem gehypten Brightscope gibt es eine ganze Reihe weiterer junger Startups. FlightCaster ist ein amerkanischer Webservice für Vielflieger, der öffentliche Daten von Fluginformationssystemen und Verkehrsinfos bis hin zu Wetterdaten aggregiert und damit Flugverspätungen voraussagt.

Nachdem eine Reihe von US-Städten mehr und mehr ihrer Zensusdaten zur Verfügung stellen sind auch eine ganze Reihe von Geolocation-Apps entstanden, die zumindest teilweise auf diesen basieren. Zum Beispiel Ecofinder, iTriage oder eine Menge von Fahrplanapps.

Trotzdem: Das Feld ist noch dünn besiedelt. Die von Viwek Wadhwa beschworene Goldgräberstimmung hat sich jedenfalls noch nicht eingestellt. Vielleicht tut sich da aber bald etwas. An der Schweizer opendata.ch-Konferenz von 24. Juni in Bern dreht sich immerhin einer der angebotenen Workshops um Daten und Business.