Eine Charakteristik, die Google von vielen anderen Firmen und Konzernen abhebt, ist die Anstellungspolitik. Deren Bottom-Up-Prinzip setzt sich aber auch in der Evaluation der Leistung aller Mitarbeiter fort.
Medientermin bei Google Schweiz: Stolz erklärt Nelson Mattos, Vice President EMEA Product & Engineering, die (berühmt-berüchtigte) Anstellungspolitik des Suchgiganten.
An der scheint sich seit den Anfängen im Dorm von Larry Page und Sergey Brin nicht viel geändert zu haben – und von der Methode könnten Startups und jedenfalls so manche etablierte Firma etwas lernen:
Das Prinzip ist das des „Bottom-Up“. Bei Neueinstellungen hat das Team, das mit der neuen Kollegin arbeiten wird, das Sagen – klassisches HR und auch die Teamleiter sind nicht in der Entscheidungsposition.
Was das bringt? Mattos: „Wenn ein Teamleiter unter Termindruck eine Vakanz füllen muss, ist die Versuchung gross, die nächstverfügbare Kandidatin statt die beste anzustellen, um das Projekt in der Zeitplanung zu halten.“ Das führt zu suboptimalen Stellenbesetzungen. Der Kandidat, welcher am schnellsten anfangen kann, ist nicht immer der bestqualifizierte – eigentlich ist ja eher vom Gegenteil auszugehen.
Und auch wenn Mattos‘ Aussage, bei Google habe „jeder Mitarbeiter, vom Putzpersonal bis zu den Programmierern, ein College-Degree“ eher ein Versprecher gewesen sein dürfte: Wenn das Team, in dem ein Kandidat mitarbeiten soll, über seine Aufnahme entscheidet, ist davon auszugehen, dass neben menschlichen Qualitäten und passender Mentalität („googliness“) automatisch die motiviertesten, cleversten und rundum geeignetesten Bewerber das Rennen machen.
Und noch ein Effekt spielt mit: Berichte von stolzen Googlern, die von einem halben Dutzend und mehr intensiven Befragungen durch das Team erzählen, halten das Image des exklusiven Clubs der Top-Experten aufrecht. In dieser Firma ist niemand durch Beziehungen zu seinem Job gekommen. Am kollegialen Prüfmechanismus ist selbst nach Empfehlungen kein Vorbeikommen.
Was könnte diese Methodik untergraben? Interne Politik, Grabenkämpfe und Intrigen im Team natürlich. Also muss Google verhindern, dass die Teams zu „Dschungelcamps“ werden und die Karrierepolitik über Strategieüberlegungen jenseits der Leistung zu spielen beginnt.
Dazu dient die Selbst-Evaluation: Nicht nur setzt sich jeder Mitarbeiter eigene Ziele pro Quartal. Er ist es auch, der die Bewertung vornimmt, ob er sie erreicht und wie er performt hat.
Damit nicht genug. Zielsetzung und Selbstevaluation sind laut Mattos für das Team „und die ganze Firma“ einsehbar.
„Ich habe keine Möglichkeit, mich besser darzustellen, als ich bin. Wenn ich in der Einschätzung beschönige, sehen alle, dass ich Mist erzähle.“
Zugleich wird sich jeder hüten, unrealistische Ziele zu setzen – und zwar nach unten genau so wie nach oben.