Als lärm- und abgasfreie Taxi-Alternative plant ein Basler Unternehmer einen Shuttledienst mit Elektro-Rikschas – und tritt auch selbst in die Pedale.

Gründer Tilmann SchorTilmann Schor hat Lust auf ein Experiment. Der Basler Grafiker möchte einen kleinen Beitrag zur Verkehrsentspannung leisten, für mehr Umweltbewusstsein werben und gründet dazu ein Unternehmen. Am Anfang der Idee stand die Beobachtung, dass in seinem Stadteil der ÖV nicht engmaschig genug funktioniere.

Für ältere Menschen gebe es nicht genug Angebote und die Naherholungsgebiete seien schlecht erschlossen. Da eine Lücke zu füllen und gleichzeitig ein ökologisch sinnvolles Projekt zu lancieren, reizte Schor – und die Velotaxi Idee war entstanden.

Das Konzept: Ein velobasierter Taxi-Shuttleservice. Als Taxi dient ein Citycruiser, quasi eine moderne Form der Rikscha, zweisitzig, mit einem Elektro-Stützmotor. Später auch ausbaufähig, soll das Taxi zunächst für den Basler Stadtteil Gundeldingen-Bruderholz starten. Das „Gundeli“, wie das Quartier dort heisst, liegt südlich vom Bahnhof und auf der Kantonsgrenze, weshalb es ÖV-technisch weniger gut erschlossen ist als andere Quartiere. Zugute kommt Schor bei seinem Projekt, dass gerade kürzlich ein Verkehrsberuhigungsprojekt für das Viertel beschlossen wurde.

Anfang als One-Man-Show

Schor möchte das Projekt bewusst klein starten, statt einem grossangelegten Auftakt will der Gründer den Bedarf erst in einer Pilotphase testen. Das Anrühren „mit grosser Kelle“ ist ihm zudem nicht sympathisch. Deshalb startet das Velotaxi zunächst als One-Man-Show. In einem Vorprojekt, das bis Ende 2011 gehen soll, tritt der umweltbewusste Graphiker erst einmal selbst in die Pedale. Die erste Phase ist als Teilzeit-Versuch angelegt, Schor will weiterhin auf seinem Job arbeiten um finanziell vom Velotaxi unabhängig zu sein. Am 25. November startet der Shuttle und ist Donnerstag, Freitag und Samstag, jeweils von 11 bis 20 Uhr im Einsatz. Dies erst einmal bis Weihnachten, nach diesem ersten Promo-Test soll es dann im Frühling weitergehen – mit neuer Hardware. Schor möchte bis dann einen Citycruiser der neusten Generation in der Garage stehen haben. „Ein echtes Hightech-Gerät“, freut sich der angehende Unternehmer. Es stehe bei der Abschreibung besser da als ein Auto und sei darum auch eine gute langfristige Investition. Das Leichtbau-Modell hat mit seinen zwei Autobatterien eine Reichweite von 50 Kilometern. Kostenpunkt des Vehikels: rund 12’000 Franken.

Diversifiziertes Geschäftsmodell

Auf der Einnahmenseite ist das Velotaxi bewusst breit aufgestellt. Sponsoren sind eine primäre Finanzierungsquelle und erste Gönner haben bereits ihr Interesse angemeldet, darunter ein Energieunternehmen und ein Umweltverband. Neben der Laufkundschaft erhofft sich Schor ein Stammpublikum bei älteren Leuten aus dem Quartier, für die ÖV und eigene Verkehrsmittel nicht ausreichen. Firmenkunden zielt Schor ebenfalls an, diese können Werbefläche auf der Rikscha mieten oder  Fahrten-Abos kaufen, beispielsweise für das Chauffieren von Geschäftskunden. Eine weitere Option soll die Zusammenarbeit mit Kurierdiensten bieten. Sightseeing-Touren sind ebenfalls angedacht.

Bei den Fahrpreisen will das Velotaxi sich, pro Kilometer gerechnet, etwa im Bereich konventioneller Taxis bewegen, mit einem Basistarif von etwa fünf Franken und etwa 15 Franken pro halber Stunde. „Auf jeden Fall ein Preis für Normalsterbliche“, meint Schor. Neben den ökonomischen Gründen für die Diversifikation ist es für den 42-jährigen Basler auch der abwechslungsreichere Alltag, der langfristig motivierender sei.
Schor hat bereits zahlreiche Ideen für einen möglichen Ausbau und möchte dereinst auch bei der Vermarktung möglichst innovative Wege gehen.

Velotaxi-Vorbilder

Der Proof-of-Concept soll aber zuerst zeigen, wie die Stadt die ÖV-Ergänzung annimmt und ob Bedarf für die Velo-Rikscha da ist. Wie es später weitergeht, beispielsweise mit dem Aufbau einer ganzen Flotte, soll sich dann weisen.

Die Velotaxis hatten zur Zeit der Expo 02 einen kurzen Boom erlebt, waren aber bald wieder von der Bildfläche verschwunden. Ein ähnliches Mini-Projekt in Wil war ebenfalls von begrenzter Dauer, konnte sich aber immerhin eine zeitlang im Verkehrsmix der Stadt behaupten. Laufende Velotaxi-Projekte gibt es im nahen Ausland, beispielsweise in Berlin und Wien, wo die Taxis (in Wien: „Faxis“) vor allem als Touristenattraktion unterwegs sind. Um von den Erfahrungen der früheren Projekte zu profitieren, nam Tilmann Schor sowohl mit den Schweizer Pionieren wie mit den Unternehmen im Ausland Kontakt auf. Es stellte sich heraus, dass das Expo-Velotaxi zu einem schweizweiten Angebot hätte ausgebaut werden sollen, aber an bürokratischen und organisatorischen Hürden scheiterte. Auch deshalb hat sich Schor wohl entschieden, klein anzufangen. Zunächst möchte er Risiko und Fixkosten niedrig halten.

Als erstes stehen jetzt das Rühren der Werbetrommel und die Suche nach Unterstützung. Ein entsprechendes Formular findet sich auf der Webseite des Velotaxis.