Eine gute Idee ist die halbe Miete. Doch wie verhält man sich, wenn andere plötzlich ein Stück vom Kuchen wollen? Unser Gastautor teilt seine persönlichen Erfahrungen.
Von Marcel Graf, Gewinner Startup-Weekend
Ständig heißt es: „Neue Unternehmer braucht das Land.“ Natürlich wird das ein steiniger Weg, gerade am Anfang. Aber der Ausblick, dass eine Abkürzung wie IKEA meinen Namen anstelle dessen von Ingvar Kamprad in alle Welt hinaustragen könnte, und ich mich irgendwann als Steuerflüchtling mit meinen Milliarden am Genfersee niederlassen müsste, erscheint mir reizvoll. Das Beste ist, dass es in der Schweiz viele Startup-Veranstaltungen gibt, die solche (noch) kleinen Visionäre fördern wollen.
Es gibt Startup-Events unterschiedlicher Couleur, aber stets dreht es sich um Innovationen und Networking. Du gehst dort hin, um Erfahrungen zu sammeln und es ist völlig in Ordnung, dass Deine Idee noch nicht marktreif ist und Du erst einmal Fehler begehst. Startup-Events sind eine tolle Sache, weil sie da sind um Dir zu helfen. Die Teilnehmer sind allerdings nicht mehr so altruistisch, wenn sie Geld am Horizont sehen. Es wäre schade darum, wenn Du Dein Lehrgeld mit dem Verlust Deiner Idee bezahlen müsstest. Anhand meiner eigenen Fehler und durch Beobachtung konnte ich viel fürs Leben lernen.
Das Startup-Weekend, an welchem ich selbst teilgenommen habe, war ein wenig wie eine Poolparty im Haifischbecken: Sehr sonnig an der Oberfläche, aber nicht ganz harmlos. Hier meine 13 Tipps wie Du bei einer Pool-Party überlebst, während unter Dir die Haie lauern:
- Stelle Deine Idee nicht beim ersten Start-Up-Event vor auf den Du gehst. Gehe erst einmal als Teilnehmer hin, ohne eigene Idee, und lerne den Zirkus der Möchtegern-Unternehmer kennen. So gehst Du mit Deiner Idee nicht gleich unter und weißt besser, wie Du Dich bei der nächsten Veranstaltung über Wasser halten kannst.
- Sei immer aufrichtig und lasse niemanden im Dunkeln. Du kannst ohnehin nichts verstecken was es nicht gibt, eine Business-Idee auf Papier ist noch kein Geld wert. Teile was Du weißt und schaffe kein Informationsmonopol. Du willst später auch integere Partner haben.
- Gestalte aktiv Spielrunden: Nach jeder davon wird analysiert und ausgesiebt. Wer sich nicht für den nächsten Schritt qualifiziert, muss gehen.
- Sei immer höflich und erfinde zur Not unnütze Titel, zum Beispiel: „Manager of Onboard Facilities“. Das ist gut fürs Ego und hilft vor allem, machthungrige BWL-Studenten für eine Weile ruhig zu stellen, bis man sie bei der nächsten Evaluationsphase ohne Gesichtsverlust und Kleinkämpfe hinauskomplimentieren kann.
- Hole Dir nur die Besten mit ins Boot. Das sind selten die Leute aus Deinem Studiengang oder aus Deiner Region. Wenn Du soweit bist, zu wissen wen Du suchst, dann nutze Angebote wie Jobzippers. Ziel ist es, dass jeder in Deinem Team besser ist als Du selbst.
- Spätestens wenn Dich jemand unter Wasser tunken will, ist es Zeit, ihn klipp und klar von Board zu werfen. Denk daran, dass eine Drohkulisse nur aufgebaut wird, wenn die inhaltlichen Argumente ausgehen. Und das wäre wirklich nicht die Grundlage für ein nachhaltiges Business. Aus der Event-Teilnahme entstehen Dir keine Verpflichtungen.
- Beim Kampf gegen die Haie schreckt auch ein Freund nicht davor zurück, sich mit Deiner Idee selbstständig zu machen. Konfrontiere ihn mit seiner Mogelei und gib ihm die Möglichkeit, sich mit Dir wieder zu versöhnen.
- Auch wenn es manchmal schwerfällt: Mache niemanden zur Sau. Gerade von Deinem Hai wird Deine Fairness im Nachhinein geschätzt und belohnt.
- Vergiss nie, dass es Dein Projekt ist und die anderen sich bei Dir verdient machen müssen und nicht umgekehrt (NDA helfen).
- Nicht Schleimen! Dann hast Du vielleicht einen Rotzfilm auf der Wasseroberfläche, aber die Haie sind immer noch darunter. Überhaupt, mit einer guten Idee siehst Du klar. Außerdem freuen sich Investoren auch mal über Schleimfreie Zonen.
- Hole dir eine Frau an Board. Eine Frau hat meist ein anderes Temperament – sie wird Dein Team bereichern. Und das hilft Dir bei der Konfliktlösung.
- Vergiss die Leute, die sich sofort eine Beamtenposition in der Verwaltung sichern wollen. Solange man klein ist und erst rudern lernt braucht man niemanden, dessen Arbeit es ist, den anderen Arbeit zu machen.
- Ein Wirtschaftsstudent im Team ist genug.
Quintessenz: Der Erfolg hat viele Väter; der Misserfolg nur Dich. Mache das Beste daraus. Nimm das Geld und teile den Ruhm. Spätestens bei der nächsten Krise musst Du alles bezahlen und die Selbstdarsteller lassen dich ohnehin alleine kentern.
Gratuliere Marcel für deinen sehr wertvollen Artikel!
Ein zusätzlicher „Tipp“: ein einfaches Konzept zu erzählen, ohne wie du es realisieren wirst (die „Magic Sauce“ geheim halten)!
Vielen Dank Sébastien!
Das mit dem Magic-Sauce-Zurückhalten erscheint auf den ersten Blick interessant. Allerdings besteht die grosse Gefahr, dass die Teilnehmer sich für dumm verkauft fühlen und sich so kein Team entwickeln kann. Daraus habe ich Regel Nr. 2 abgeleitet. – Vertrauen ist wichtig. Richtige Resultate möchte man natürlich auch gewinnen können und das geht meiner Meinung nur mit der ganzen Wahrheit.
Die besten Ideen sind die, die man nicht voreilig aufdeckt. Oder auf deutsch gesagt: man sollte sein Pulver nicht zu schnell verschießen.
Den Artikel find ich gut, wirklich. Sind sicher ein paar sehr hilfreiche Sachen drin. Und den letzten Punkt kann ich voll und ganz unterstützen – auch wenn ich selber ein BWL Student bin.
Eine Sache, die ich aber schade finde ist -auch wenn ich die Kommentare richtig verstehe – die grundsätzliche Einstellung, dass alle „Haie“ sind und „Ideen klauen“ wollen. Es ist ja eine Tatsache, dass viele Unternehmen gerade deshalb funktionieren, weil verschiedene Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten an einem Projekt arbeiten. Wenn also ein Ingenieur und ein BWLer zusammenfinden wollen ist es wohl eher selten, dass sie zusammen eine Idee haben, besonders wenn es sich z.B. um ein technisches Produkt handelt. Zusammen eine Idee weiterzuentwickeln und an den Markt zu bringen hat spätestens ab dem Moment, wo zwei oder mehr Leute Arbeit reinstecken wohl nichts mehr mit „klauen“ zu tun.
Hallo Christoph,
Es freut mich, dass Du Deiner eigenen Kaste auch so kritisch gegenüber eingestellt bist. Ohne gute Kritik kommen wir nicht weiter. ;)
Die Idee des Artikels war es, dass wir alle als Team im gleichen Boot sitzen und unter uns tummeln sich die Haie. Nun ist die Versuchung gross zu meutern und den Ideen-Kapitän von Board zu werfen. – Da es nur ein Startup-Weekend ist, spielt es nicht im grossen Meer, sondern im Pool. Und der Kapitän ist noch kein CEO, sondern einer der auf der Party unterhält.
Du hast Recht, leider ist es mir nicht gelungen diese Unterscheidung stärker hervor zu streichen und in einem Punkt habe ich meiner Idee selbst etwas widersprochen (Nr. 8). – Aber vielleicht ist die schwache Trennschärfe auch nicht ganz widersinnig. ;)
An Startup Events werden Probleme gelöst, Projekte initiiert und gemeinsam weiterentwickelt. Pures Konsumieren mit oder ohne „Magic Sauce“ ist hier meines Erachtens fehl am Platz.
Hallo Anregung,
Wie hast Du den Eindruck gewonnen, dass es nur um „pures Konsumieren“ geht? Auf einer Poolparty trinkt man ja nicht nur Alkohol, sondern unterhält sich auch intensiv mit den Teilnehmern; das macht ja den Reiz einer Party aus. Oder habe ich Dich missverstanden?
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: http://xkcd.com/827/