Zwei Spieleentwickler hängen ihren Job an den Nagel und machen sich selbständig – Ziel: social gaming made in Switzerland.
Die junge Spielefirma games2be ist eine eigentliche 2-Mann-Show. Gegründet wurde das Unternehmen vor einem halben Jahr, inzwischen hat das Tandem aus Gerhard Oester und Max Keilbach sein erstes Produkt fertig, das Browserspiel Spoing, das seit einem Monat kostenlos auf Facebook spielbar ist. Anfang November soll eine Version für Apples iPhone folgen.
An der Story von games2be hängt auch die Verwirklichung eines Traums. Obwohl Gamedesign schon immer als sein Karriereziel feststeht, macht Gerhard Oester zuerst eine Lehrerausbildung – aus dem einfachen Grund, dass es noch keine entsprechenden Studiengänge gibt und ihm ein Informatikstudium zu trocken ist. Als die ersten Kurse zu Gamedesign an der ZHDK starten, wechselt er kurzerhand. Nach seinem Abschluss 2008 fängt er beim deutsche Entwicklerstudio Gameforge an, wo er zuletzt als game director arbeitet. Hier lernt er auch seinen späteren Mitgründer Max Keilbach kennen, der als Chefprogrammierer für Browserspiele zuständig ist. Gerhard hat die Idee zum inzwischen fertigen Spoing bereits länger mit sich herumgetragen, schon seit dem Studium, wo auch ein erster Prototyp entstanden war. Während sie bei Gameforge arbeiten, entwickeln Gerhard und Max das Spiel in ihrer Freizeit weiter.
Bald kommen sie an den Punkt, wo sie die Entwicklung intensivieren wollen, dies aber neben ihrem Job nicht mehr möglich ist: „Nach einem 9-Stunden-Tag regelmässig noch vier Stunden am eigenen Projekt arbeiten – das klappt nicht dauerhaft.“ Spoing ist ihnen inzwischen so wichtig, dass sie den Sprung in die Selbständigkeit wagen. Nicht zuletzt weil es sie reizt, etwas eigenes aufzubauen. Im Frühling 2010 gründen sie games2be. Die Entwicklung geschieht verteilt, während Gerhard vom argauischen Berikon aus arbeitet, programmiert Max im deutschen Mannheim, intensiver Kontakt via Skype ermöglicht die Teamarbeit. Dabei konzentriert sich Max auf die technische Seite, also das Coding, während Gerhard sich hauptsächlich mit der Spielmechanik, dem Leveldesign und der Grafik auseinandersetzt.
Chancen durch Umbruch
Die zunehmende Demokratisierung der Spielbranche in den letzten Jahren haben ein Unternehmensmodell wie das von games2be erst möglich gemacht. Neue Vertriebkanäle wie der iStore und günstige SDKs wie die Unity-Engine erlauben es Entwicklern zunehmend, unabhängig von grossen Publishern zu operieren. Auch die Monetarisierung ist mittlerweile möglich – und theoretisch einfach -, via Werbung bei Browserspielen oder per Verkauf direkt über Onlinestores. Der Trade-off besteht aber klar darin, als selbständiger Spielentwickler im Marketing und Vertrieb mit den grossen konkurrieren zu müssen, die ihre Veröffentlichungen mit teuren Kampagnen begleiten können. Hinzu kommt, dass die Spieleentwicklung eine der am stärksten internationalisierten Branchen überhaupt ist. „Und dem Spieler ist es egal, woher sein Game kommt,“ so Gerhard. Entsprechend stark zu spüren ist der Wettbewerb, und ein Standort wie die Schweiz ist bei den Entwicklungskosten schwer im Nachteil. Trotzdem habe eine hiesige Spielebranche eine Zukunft, meint Gerhard, denn Ressourcen seien vorhanden. Während in Deutschland talentierte Leute bereits so knapp sind, dass Studios sie einander mit grossen Ablösesummen abjagen, blieben hier entsprechende Talente noch ungenutzt.
Facebook als Teaser
Unabhängig sein zu wollen, heisst für die games2be-Gründer mehr eigene Freiheit, bedeutet aber auch, dass man sich für Aufgaben wie die Vermarktung begeistern kann. Das ist auch der Grund, aus dem sich Gerhard und Max entschlossen haben, auch eine Facebook-Version ihres Spiels zu veröffentlichen. Hier soll zuerst eine Userbasis aufgebaut werden, die sich nachher vielleicht in App-Verkäufe umwandeln lässt. Für die Werbung setzen sie zum einen Cross-Promotion ein, also Austausch von Traffic mit anderen, ähnlichen Angeboten, sowie ein Minimum an (teurer) Klickwerbung.
Während viel Idealismus und Begeisterung bei der Gründung von games2be mitschwingt, wollen die Gründer mittelfristig von ihren Spielen leben können. Das Unternehmen ist derzeit komplett eigenfinanziert und als Bootstrapping-Startup unterwegs. Bis nächsten Sommer müssen erste, substanzielle Einnahmen erzielt werden, damit Gerhard und Max in Vollzeit weiterentwickeln können.
Das Team hat bereits mehrere Konzepte für weitere Spiele ausgearbeitet. Vom Erfolg von Spoing wird abhängen, ob es weiterentwickelt werden soll, also eine Fortsetzung erhält, oder sich das Team eher einem neuen Projekt zuwenden wird. Eine realistische Perspektive für unabhängige Entwickler sei denn auch, so Gerhard, zu diversifizieren und eher fünf kleinere Spiele auf den Markt zu bringen statt eines grossen. Dann sei es auch einfacher, einmal gewonnene Nutzer von einem Spiel zu einem anderen weiterzureichen, anstatt jeweils wieder bei Null anzufangen.
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