Was taugen sie wirklich? Positiv-Beispiele, Success Storys und ihre Grenzen als verlässliche Startup-Ratgeber.
«Survivor bias» ist auch für Nicht-Statistiker ein spannendes Konzept. Im Grunde genommen dreht es sich einfach darum, dass Gewinner uns mehr interessieren als die Verlierer. Wer sich auf der Suche nach Erfolgsrezepten Sportteams, Stars oder Aktienkurse anschaut, wird sich typischerweise auf die Gewinner zu konzentrieren und deren Taktiken viel Aufmerksamkeit schenken. Zu viel: Wer die Verlierer ausblendet, gelangt zu einem schiefen Bild.
Wenn es um erfolgreiche Geschäftsmodelle geht, passiert dies besonders oft. Die Taktiken von Gründern, die es geschafft haben, Firmen mit globalem Einfluss auf die Beine zu stellen, unterscheiden sich oft gar nicht so stark von denen, die damit gescheitert sind. Wie viele Mitbewerber hatte beispielsweise Starbucks, von denen wir nie etwas gehört haben und die genau dieselbe Vision hatten?
Auf der falschen Fährte
Steven Levitt, Autor von Freakonomics, untersuchte Business-Literatur auf dieses Problem und fand Interessantes heraus. Die untersuchten Bücher waren From good to Great und In Search of Excellence, die beide als Standardwerke gelten. Im Buch von Jim Collins etwa werden elf US-Unternehmen vorgestellt, die nach einer Phase der Stagnation eine überdurchschnittlich gute Performance vorweisen konnten. Levitt stiess bei beiden Ratgebern auf dasselbe: Das Problem, dass sich der Text nicht um Gegenbeispiele kümmerte – also Firmen, die mit den gleichen Konzepten gescheitert waren. Was als Erfolgsrezept einleuchtend erschien, wurde dann auch noch sehr bald von der Wirklichkeit widerlegt: Wer zur Zeit des Erscheinungs von Good to Great in die dort erwähnten Firmen investiert hätte, wäre damit schlechter gefahren als mit dem Querschnitts-Aktienindex S&P 500.
Kernproblem beim «survivor bias» ist die Annahme, überdurchschnittliche Firmen würden ihren Erfolg bewusster herbeiführen können als andere Firmen ihr Scheitern. Wir nehmen automatisch an, das wir von den Gewinnern mehr über Geschäftsmodelle lernen können als von der Mehrzahl der Unternehmen, die weniger gut dastehen. Dabei wird statistisch – wenn es genug Wagemutige gibt – immer jemand überdurchnittlich abschneiden: Wie Jason Cohen in einem Blogpost zum gleichen Thema vorrechnet: Die Chance, dass eine von 1’000 Personen bei zehn Münzwürfen zehnmal Kopf erhält, ist stolze 62 Prozent. Darum hier die Frage: Sollten wir weiterhin erfolgreiche Unternehmer als ideale Experten hinzuziehen?
Was denkt ihr? Was können Startup-Tipps, best-practice-Beispiele und Fallstudien wirklich leisten? Und was kann man tun, um sich selbst gegen survivor bias zu immunisieren?