Die beste aller Leitfragen für das Entwickeln eines Produkts ist: Was würdest du dir wünschen, das jemand für dich herstellen sollte?
Gründer-Papst Paul Graham schreibt in einem aktuellen Essay über das Finden von Startup-Ideen. Sein zentraler Punkt, der auch das typische Kopfzerbrechen erklärt: Gute Geschäftsideen sehen zu Beginn eigentlich nie so aus, ganz im Gegenteil. Weil das Einschätzen des Potentials von Ideen ohne spezifisches Know-How meist hoffnungslos sei sollte man sich darum lieber auf den inneren Kompass verlassen, der einem bessere Dienste leistet:
Die Vorhersage von fremden Kundenbedürfnissen ist schwierig. Darum sollte man Produkte für sich selbst entwickeln.
Finger weg also vom Orakeln über Kundenwünsche. Wer als junger Gründer nicht jahrelange Erfahrung in einem Geschäftsfeld mitbringt oder sonstwoher weiss, was eine bestimmte Zielgruppe braucht, soll es lassen. Stattdessen ist man laut Graham besser beraten, sich auf die eigene Lebenswirklichkeit zu konzentrieren: Was wären Produkte oder Dienste, die man selber gebrauchen könnte? Dann fällt die Antwort auf die Schlüsselfrage „Wer kauft das am Schluss?“ leichter, die viele Unternehmen am Markt vorbei entwickeln lassen hat. Stattdessen setzen die Gründer auf eine organische Startup-Idee, für die sie von sich selbst aus extrapolieren können: „Jemand wie ich würde das kaufen, für mich wäre es ein gutes Produkt, weil…“
Organische Startup-Ideen sehen auf den ersten Blick nicht wie Geschäftsideen aus. Dafür gibt es aber jede Menge davon.
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, warum er nicht vor Mark Zuckerberg auf die Idee kam, eine Webseite für Profile von Studenten zu bauen? Der springende Punkt dabei: So etwas sah damals halt nicht nach einer (guten) Geschäftsidee aus. Gleiches galt für Steve Wozniaks Apple I oder Bill Gates‘ Basic Interpreter: Diese hatten mehr den Charakter von Projekten, und anfangs wies noch gar nichts in Richtung Unternehmensgründung. Dass sie dabei die Grundlagen legten für einige der erfolgreichsten Konzerne der heutigen Zeit hat sicher mit einer Menge weiterer Faktoren zu tun. Die Grundvoraussetzung aber war und ist der Tatsache geschuldet, dass sie echte Probleme lösten – was die Gründer beurteilen konnten weil es um ihre eigenen Bedürfnisse ging. Steve Wozniak baute den Computer, den er gern selbst benutzen wollte.
Grahams Credo lautet darum auch:
Just fix things that seem broken, regardless of whether it seems like the problem is important enough to build a company on.
Während junge Gründer es schwieriger haben, das Marktpotential eines Produkts abzuschätzen – und generell weniger Business-Knowhow mitbringen – sind sie für Graham durch ihre Technologieaffinität näher am Essentiellen: Dem Ideenreservoir, das die Summe aller verbesserbaren Produkte und Dienste letztlich ist. Darum bleibt die wichtigste Frage:
Was fehlt? Was liesse sich verbessern, unabhängig davon ob eine Mehrheit das jetzt für eine gute Idee hält?
Das Verbesserungspotential ist es, an dem Graham die Sache letztlich aufhängt. Wer etwas findet, das sich eigentlich besser lösen liesse, stösst vielleicht auf Gold. Damit das aber passiert braucht es vor allem eins, nämlich ein Bedürfnis, von dem aus sich der Wert einer Lösung vermessen lässt. Und je näher das bei einem selber liegt, desto einfacher.