Der Ende August 2009 erschienene Standortvergleich von Credit Suisse hat einige Regionen schlecht aussehen lassen, darunter Wallis, Jurabogen und Zentralschweiz. Meine Frage: Sind diese Regionen auch für Startups so unattraktiv, wie es scheint?
Um herauszufinden, welche Bedingungen Hightech-Startups benötigen, um prosperieren zu können, habe ich mich mit einem Jungunternehmer darüber unterhalten. Anschliessend habe ich mich in den Regionen Wallis, Jurabogen und Zentralschweiz umgesehen.
Wir trinken Kaffee. Weil sich niemand dazu aufraffen konnte, die Kaffeelöffel abzuwaschen, verrühren wir den Zucker mit Esslöffeln. Rico Wyder entschuldigt sich wortreich dafür, aber letztlich werde ich den Eindruck nicht los, dass das Verrühren von Zucker mit Esslöffeln zum Jungunternehmertum gehört wie der stetige Eigenkapitalschwund während der ersten Monate.
Kontakt zur Szene
Rico ist Mitinhaber von Cassiber, einem fünfköpfigen Startup, das sich der Produktion und dem Vertrieb von Software für Ideenmanagement verschrieben hat. Cassiber hat ihr Hauptquartier im Zürcher Technopark, und ich will wissen: Warum gerade im Technopark? Was hat den Ausschlag gegeben, dass Cassiber hierhin gezogen ist?
Rico sagt, dass Büro im Technopark zunächst ein Qualitätssignal darstellt. Man muss zum Cluster passen, der bereits dort haust. Man muss glaubhaft darlegen können, dass es die Firma in ein paar Monaten noch gibt. Diese Hürden sorgen dafür, dass nicht jeder reinkommt. Und schliesslich bietet sich im Technopark die Möglichkeit, rasch nebenan bei Doodle frischen Kaffeerahm zu holen und sich dabei auszutauschen. In einem Einzelbüro in der Agglomeration wird das schwierig. Man ist gemäss Rico in Zürich einfach näher beim Geschehen, bei Events und bei Kunden. Das vereinfacht die Arbeit erheblich.
Infrastruktur, nicht Steuervorteile
Was ist mit dem hohen Steuerfuss in Zürich? Irrelevant, sagt Rico. „Da wir keinen Gewinn machen, haben wir auch nichts zu versteuern.“ Mit anderen Worten: Fiskalische Argumente locken den Jungunternehmer nicht – zumindest nicht, solange er noch keinen Gewinn schreibt. Ein zentraler Parameter zur Beurteilung der Standortqualität in der jüngst erschienenen Studie der Credit Suisse verliert damit an Bdeutung – zumindest für Startups. Viel wichtiger ist eine flexible und günstige Infrastruktur. Die Verfügbarkeit von Personal scheint zunächst einmal nicht so eine grosse Rolle zu spielen, weil die Firmen am Anfang meist nur aus den Gründungsmitgliedern bestehen.
Je nach Branche spielen Finanzierungsaspekte eine mehr oder weniger gewichtige Rolle. Wo teure Apparaturen und hohe Energiekosten anfallen, sind externe Kapitalgeber häufig unumgänglich. Wenig kapitalintensive Firmen wie Cassiber können sich aber gut über ihre Gründer finanzieren.
Nach dem Gespräch mit Rico und einigen Recherchen erhalte ich folgendes Bild vom optimalen ‚Inkubations‘-Ort: Primär muss er die nötige Infrastruktur günstig anbieten können. Was nötig ist, hängt von den jeweiligen Branchen ab. Zweitens muss die Clusterbildung entweder möglich oder schon fortgeschritten sein. Sei es in Form von Kaffeerahm bei Doodle oder Networking-Events. Und wenn die Zugehörigkeit zu diesem Cluster wie beim Technopark ein Qualitätsmerkmal darstellt, umso besser.
Wie es bezüglich dieser Kriterien im Wallis steht – das schauen wir uns im nächsten Teil dieser Serie an.