Für die Unternehmergeneration des 21. Jahrhunderts gehört die Firmengründung schon fast selbstverständlich zur Ausbildung.
Will studiert in England – und macht in den USA gerade ein Unternehmen auf. Stress belastet ihn nicht, auch wenn er viel davon hat: „Sorry, ich bin etwas under the gun und auf dem Sprung in die USA“, das war der erste und letzte Satz einer seiner Mails an mich diese Woche
„Under the gun“ heisst so viel wie nicht eine Minute verfügbar, und das ist bei ihm auch nicht weiter verwunderlich: Will ist Mitte dreissig, hat in den USA ein Studium in Verfahrenstechnik absolviert, in der Industrieforschung gearbeitet und eine Verkaufsabteilung geleitet. Jetzt arbeitet er seit zehn Monaten an der Saïd Business School der Universität Oxford auf seinen MBA hin.
Aber damit gibt er sich nicht zufrieden: Zugleich hat er in den USA sein eigenes Start-up gegründet.
Jetzt muss er sich eine halbe Woche lang um Investoren, Kunden und Kontakte kümmern. Seine Firma berät Unternehmen in Clean Tech, dem neusten Wachstumstrend. Zeit zum Abwarten hat Will nicht: Jetzt muss seine Firma in die Startlöcher, weil Präsident Obama im Rahmen seiner Konjunkturprogramme einige Milliarden Dollar in das Feld investieren will.
Am Wochenende wird Will nach England zurückfliegen – denn nächste Woche sind Prüfungen. Das bedeutet Vorlesungen, Unterricht, Gruppenarbeiten und sich am Abend durch Case-Studies durchbeissen. An einer Eliteuni wie Oxford ist das auch für smarte Studenten kein Spaziergang.
Ich erinnere mich an meine eigene Studienzeit, in der sich keiner für Start-ups interessiert hat. „Will, wie schaffst Du das?“ „No problem“, ist seine Antwort. „Die Sachen interessieren mich halt und dann mache ich sie einfach.“ Der Arbeitsaufwand ist einfach kein Thema. „Ausserdem gehört es heute einfach dazu, ein Unternehmen aufzuziehen.“
Wenn ich mich bei Schweizer Studenten umhöre, ist die Begeisterung Unternehmer zu werden, vor allem in der Romandie riesig. Knapp zwölf Prozent aller Studierenden wollen dort ihr eigener Chef sein. Zurückhaltung in der Deutschschweiz: weniger als zwei Prozent spielen mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. Lügt die Statistik oder sind die Romands schon im Studium die geborenen Gründer?
Naja… 12% ist ja nun auch nicht gerade viel oder schon?
was? nur 2% wollen sich selbständig machen? resp. sie spielen nur mit dem gedanken? – ich bin schockiert.
@Oliver: Die 2 % und der Vergleich mit der Romandie sind absoluter Blödsinn. Ich weiss auch nicht, wo du Deine komischen Statistiken her ziehst. Tatsache ist, dass z.B. bei venture kick die Verteilung der Projekte ziemlich exakt den Bevölkerungsanteilen entspricht: 67% Deutsche Schweiz, 30% Romandie und 3% Ticino. Auch bei venturelab(bisher rund 9000 Teilnehmende in den letzten 5 Jahren) sehen wir keinen wirklich signifikanten Unterschied zwischen den Landesteilen!
Die Zahlen stimmen und sie beziehen sich nicht auf die Bevölkerungsanteile, sondern auf die Anzahl der Studierenden und ihre Einstellung zum Thema «Gründung». Das ist eine ganz andere Bezugsgrösse und mit Projekten auch nicht unbedingt in Beziehung zu setzen.
Und ein Wort zum Stil: Wir diskutieren sachlich und schenken uns hier Formulierungen wie «absoluter Blödsinn». Das würden wir ja auch im persönlichen Gespräch nicht sagen.
@bugsierer: Das sagt die Statistik. Es gibt – wie immer im Leben – noch ein paar andere Angaben aus anderen Befragungen. Die meisten ähnlich tief. Ich hab‘ mal für die BILANZ ein paar Jahre lang die Karrierewünsche von Absolventen verfolgt. Top sind UBS, McKinsey, Bundesverwaltung, ABB usw. Das Thema Selbständigkeit ist jenseits vom Mainstream.
Bei einigen Studiengängen, wie Ingenieuren, ist das ja auch kein Wunder. Wie will man als Greenhorn ein Kraftwerksbauer werden und gegen Siemens antreten. Will man als Autoingenieur Opel 2.0 aufmachen? Hopeless, no chance. Forget about it. Join a winning team.
Die Zahlen sind in der Tat Blödsinn. Und das sage ich Dir auch gerne im persönlichen Gespräch in einer sachlichen Diskussion. „Blödsinn“ bezieht sich dabei auf die angezweifelten Zahlen und nicht auf Dich.
Erstens unterscheidet sich der relative Anteil der interessierten studentischen Teilnehmerschaft bei den venturelab-Modulen zwischen den Landesteilen nicht signifikant. Zweitens resultiert daraus ein proportionaler Output an konkreten Startup-Projekten. Und drittens zeigt auch die umfassende wissenschaftliche Evaluation von venturelab in allen drei Landesteilen keine signifikanten Unterschiede bez. Gründungsneigung.
Der Experte zu diesem Thema heisst Frank Halter von der Uni St.Gallen mit seiner internationalen GUESS Studie. Er kommt 2006 zum Schluss, dass direkt nach dem Studium nur rund 10% die Selbständigkeit als Karriereziel sehen. Nach den ersten 5 Lehr- und Wanderjahren will dann aber ein Drittel selbständig sein. Die Resultate von 2008 sind sicher schon in der Pipeline. Ich bin gespannt, ob es in diesen zwei Jahren eine Veränderung der Gründungsneigung der Studierenden in der Schweiz gegeben hat.
@Beat Schilling:
Das ist doch eigentlich ziemlich genau was der Text aussagt, oder nicht?
Es es geht ja im Text nicht darum, wie viele Studierende 5 Jahre nach dem Studium wollen, sondern wer während dem Studium ans Gründen denkt…
@Dani Schenker: Das ist ja auch nicht der Punkt.
Der Punkt ist der mit dem Röstigraben (12% vs 2%). Die GUESS-Zahlen beruhen nämlich grossmehrheitlich auf der Deutschschweiz.