Wenn Frauen Nachwuchs bekommen, dann müssen sie sich oft zwischen Karriere und Kind entscheiden. Weil viele Unternehmen in der Schweiz noch immer relativ unflexibel sind, um beides zu vereinen, gründen viele Mütter ihr eigenes Startup. In den USA sind die so genannten „Mompreneurs“ bereits im Vormarsch – aber auch in der Schweiz wagen immer mehr Frauen den Schritt in die Selbständigkeit, um Beruf und Familie in Einklang zu bringen.

Frauen sind in der Schweiz bei der Gründung von Startups noch immer in Unterzahl: Nur knapp 4000 Frauen wählen hierzulande den Weg in die Selbständigkeit. Das sind rund 25 Prozent der Jungunternehmer. In Deutschland ist die Zahl doppelt so hoch: Dort sind rund 40 Prozent der Gründer weiblich. Verschiedene Initiativen wie etwas Aspire wollen Frauen zur Selbständigkeit ermutigen (Startwerk berichtete). Diese Initiativen sprechen jedoch vorwiegend Frauen ohne Familien und mit einem grossen Wille, Karriere zu machen oder mit einem eigenen Startup erfolgreich zu sein, an. Inzwischen macht aber ein neuer Trend die Runde: Die Anzahl der so genannten „Mompreneurs“ steigt auch in der Schweiz, nachdem diese Entwicklung in den USA bereits Fuss gefasst hat.

Selbständigkeit ist sinnvoll bei einer Familie

Frauen, die Kinder haben und den Sprung in die Selbständigkeit wagen, sind auf dem Vormarsch. So porträtierte etwa das Migros-Magazin vor Kurzem drei Unternehmerinnen, die ihre Rolle als Mutter und Unternehmerin vereinen. Dort präsentieren die Autoren auch Zahlen: So wurde laut einer Erhebung der Gründerplattform Startups.ch 2013 jedes vierte Unternehmen von einer Frau gegründet. 1993 waren es lediglich fünf Prozent. Die Hälfte der Gründungen seien auf Frauen zurückzuführen, die eine Familie haben und sich selbständig machen, sagt startups.ch-CEO Michele Blasucci gegenüber dem Migros-Magazin. Auch 20 Minuten berichtete über diesen Trend und führen den Ursprung darauf zurück, dass in der Schweiz noch immer zu wenig Möglichkeiten für flexibles Arbeiten bestehe. 

Für Frauen ist es noch immer eine Herausforderung, nach der Babypause in den Beruf zurückzukehren. In der Schweiz sind Teilzeitanstellungen noch immer relativ selten, besonders in Berufen, bei denen hochqualifzierte Arbeitskräfte tätig sind. Dabei geht es aber nicht nur um die Problematik zwischen Vollzeit- und Teilzeitanstellung. Auch wenn eine Frau Vollzeit arbeitet, kann sie oft nicht den gleichen Effort am Arbeitsplatz aufbringen wie ihr kinderloses Pendant.  „Während die kinderlosen Kollegen noch um 20 Uhr ein Meeting abhalten, möchte die Mutter nicht auch noch den Gutenachtkuss dem Partner oder der Nanny überlassen. Das stresst und frustriert.“, sagt Clivia Koch, Präsidentin des Verbands Wirtschaftsfrauen Schweiz, in dem Artikel. 

Deshalb macht die Gründung eines Startups nach der Gründung einer Familie Sinn: Mütter können ihre Arbeitszeit flexibel einteilen, von zu Hause arbeiten und flexibel bleiben. Flexible Arbeitszeiten, kurze Wege, die Freiheit, einen Auftrag auch mal abzulehnen, wenn er gerade nicht in den Zeitplan passt, sind Faktoren, die laut Blasucci die Selbständigkeit nach der Babypause so attraktiv machen. Damit Frauen aber nicht nur Startups im Dienstleistungsbereich gründen, sondern sich allenfalls auch im Bereich der Tech-Startups betätigen, hat der Verein Aspire kürzlich diverse Programme lanciert. Aspire möchte künftig auch Kurse für angehende Unternehmerinnen anbieten, die speziell auf deren Bedürfnisse und Businessmodelle ausgerichtet sind.

Wobei sich die Bedürfnisse von Frauen mit Kindern auch klar von den Vorstellungen von Gründerinnen, die keine Familie haben, unterscheiden. So sind es nicht Frauen, die mit ihren Startups die Szene aufmischen wollen wie etwa die Geekeetes-Gründerinnen in Berlin, sondern sie möchten nebenbei ihr eigenes Business aufziehen. Oft machen Jungunternehmerinnen mit Familie ihr Hobby auch zum Beruf und richten einen Onlineshops ein. Dort entwerfen sie beispielsweise Kleider oder bieten Backwaren feil. Auch wenn der Umfang dabei kleiner ist als bei Investoren-geförderten Startups ist das Potenzial gross – besonders weil sich Müttern durch den Handel über das Internet neue Möglichkeiten auftun. Zentral für die Förderung solcher Unternehmermodelle sind aber auch der Zusammenschluss zu Vereinen oder Interessengruppen wie etwa in Deutschland das Netzwerk Mompreneurs (im Bild Natacha Neumann mit ihrem Startup Freche Freunde). Diese Erfolgsgeschichten helfen und ermutigen noch mehr Frauen mit Familien, ihr eigenes Business zu gründen.