Praktisch jede Branche hat Ihre Messe und als Startup wird man von den Veranstaltern bald einmal umworben, Aussteller zu werden. Ob und wie man es tut, muss gut überlegt sein.

von Manuel Reinhard, Gründer Ticketpark

Einige sind klein und familiär, andere gross und weitaus bekannt: Messen und ähnliche Branchentreffe. In meist jährlichem Rhythmus treffen sich die Anbieter und Konsumenten der verschiedenen Branchen in den Hallen dieser Welt.

Da das Veranstalten von Messen selbst ein Business ist, wird auch ein Startup sehr bald mal angelockt, mit einem Stand vor Ort zu sein. Bei sorgfältiger Abwägung, Planung und Durchführung kann sich eine Präsenz durchaus lohnen.

Die Wahl der richtigen Messe  


Jede Messe hat ihr Zielpublikum. Damit die eigene Anwesenheit Sinn macht, muss sich dieses Zielpublikum möglichst stark mit dem eigenen decken. Es ist daher wichtig, sich im Vorfeld intensiv damit zu beschäftigen, ob man in eine Messe auch hineinpassen würde. Auf den ersten Blick ist dies nicht immer ersichtlich. Wodurch unterscheiden sich beispielsweise die Swiss Online Marketing, die ONE Schweiz und die Topsoft? Um dies herauszufinden kann man die Ausstellerlisten vergangener Durchführungen studieren. Sind eigene Konkurrenten oder Partner darin aufgeführt? Wenn ja, ist dies schon mal ein positiver Indikator. Ein Anruf beim Veranstalter kann zusätzlich zu mehr Einblick verhelfen – vorausgesetzt, man ist sich bewusst, dass dieser natürlich eine möglichst hohe Auslatung erzielen will und auch ein Verkaufsgespräch führen wird. Gezielte, konkrete Fragen bringen einen weiter: Wie gross ist der Anteil der Besucher aus dem Segment X? Wieviele Aussteller aus der Branche Y sind wiederkehrende Aussteller?

Wenn die Möglichkeit vorhanden ist, kann man bei einer Messe auch erst mal als Besucher vorbeischauen, um ein Bild der Möglichkeiten zu erhalten.

Die Kosten berechnen

Kommt man zum Schluss, dass eine Messepräsenz das richtige Publikum anspricht, muss man sich den Kosten stellen. Nebst dem Messestand und Zusatzgebühren für Strom, Verzeichniseintrag und dergleichen gibt es viele weitere versteckte Ausgaben. Dazu gehört die Arbeitsleistung der Mitarbeiter während der Messezeit und deren Vorbereitung. Dazu kommt aber auch die Einrichtung des Messestandes, der Transport, die Verpflegung vor Ort, möglicherweise Übernachtungen, die Herstellung von Prospekten und anderem Promomaterial – selbst Knabbereien für die Standbesucher können an einer publikumsintensiven Messe zum Budgetposten werden.

Gerade als Startup macht es Sinn, sich die Gesamtsumme vor Augen zu führen und sich zu überlegen, wie man diese Zeit und den Betrag anderweitig einsetzen könnte. Gibt es Aktivitäten, die mit diesen Ressourcen mehr Nutzen bringen?

Vor Ort ein klares Ziel verfolgen

Um auf diese Frage eine Antwort zu erhalten, muss man sich klar werden, welches Ziel man an einer Messe verfolgt: Geht es darum, Neukunden zu generieren? Sucht man potentielle Vertriebspartner? Will man sich mit der Konkurrenz vergleichen?

Entsprechend können passende Unterlagen oder Demonstrationsobjekte vorbereitet werden. Mit einem klaren Ziel im Kopf kann man auch die Zeit für Gespräche effektiv nutzen und die Kontakte in die gewünschte Richtung lenken. Schweizer Standbesucher sind vielfach zurückhaltend, fragen nur scheu nach einem Prospekt und sind rasch wieder weg. Mit einer konkreten Frage kann man sie aktiv in ein Gespräch verwickeln. Wenn man weiss, worauf man hinaus will, kann man dann Schritt für Schritt die erhofften Informationen einholen und vermitteln sowie abschätzen, ob der Kontakt interessant ist. Je mehr das Angebot zum Bedürfnis des Kontakts passt, desto mehr wird dieser über sich preisgeben.

Die wichtige Nachbearbeitung

Nach dem Abbau des Messestandes beginnt der wichtigste Teil der Arbeit: die Nachbearbeitung der erfolgten Kontakte. Es ist essentiell, sich alle interessanten Kontakte zu notieren und mit den notwendigen Informationen festzuhalten. Dazu gehören Kontaktdaten sowie konkrete Projekte oder Probleme, die der Standbesucher erwähnt hat.

Kurze Fragen, kurze Antworten: Einmal pro Woche horchen wir in dieser Fragerunde einen Startup-Gründer aus. Das Format funktioniert wie eine Staffette; der jeweilige Interviewpartner sucht den nächsten aus. 
So wird man sich auch nach einer mehrtägigen Messe noch an die wichtigen Personen erinnern – während man in deren Erinnerung wahrscheinlich wieder verblassen wird. Deshalb ist es wichtig, in den Tagen nach dem Anlass wieder in Kontakt zu treten – je nach Situation kann dies schriftlich oder telefonisch erfolgen. Je konkreter die Angaben sind, die man über sein Gegenüber herausfinden konnte, desto besser kann man zu diesem Zeitpunkt ein konkretes Angebot oder einen Vorschlag für eine Zusammenarbeit machen.

Die Messe als langfristiges Marketinginstrument

Unsere Erfahrung zeigt, dass die Präsenz an wenigen, aber klug ausgewählten Messen einem Startup die notwendige Vertrauenswürdigkeit geben kann. Eine regelmässige Präsenz führt dazu, dass man die gleichen Leute innerhalb der Branche immer wieder trifft und das Verhältnis schrittweise vertiefen kann, ausserdem zeugt es von Ernsthaftigkeit und Stabilität. Viele Anbieter sind Eintagsfliegen, die einmalig an einer Veranstaltung erscheinen und dann wieder verschwinden. Gerade in Nischenbranchen fällt rasch auf, wer nur kurz aufblitzt und wer als ernstzunehmender Partner zu betrachten ist.