MySollars will als Webplattform Firmenkunden und Konsumenten zum gemeinsamen Klimaschutz motivieren. Das Geschäftsmodell basiert auf einem innovativen Ansatz für Loyalitäts-Marketing.

Die Idee zu mySollars entstand während des Doktorats von Gründer Felix Cardenas, als sich dieser in das Thema CO2-Kompensation vertiefte. Seine Frage: Warum ist das Carbon-Offsetting bei Staaten und Firmen angekommen, aber noch nicht bei Endkunden? Mit etwas Marktforschung kam er zum Schluss, dass es bisher zu wenig motivierend sei, es fehle die Transparenz, ausserdem gebe es eine hohe Hürde für das Bezahlen von Kompensation.

Der Onlinedienst mySollars will diesen Markt knacken.

Idee: virtuelle Währung

Das Modell funktioniert so, dass Unternehmen gegen eine Gebühr auf der Plattform präsent sein und CO2-Kompensation sponsern können. Konsumenten erhalten dann virtuelle Währung als Belohnung für Einkäufe – sogenannte Sollars. Ein Sollar entspricht einem Kilogramm CO2. Zum Vergleich: Die Kompensation einer Tonne CO2 kostet je nach Markt zwischen 15 und 150 Franken. Die Sollars können auf der Plattform in Umweltprojekte investiert werden und kompensieren die CO2-Emissionen der Nutzer. Ein Nutzer kann anhand von persönlichen Eckdaten (zum Beispiel verwendete Verkehrsmittel, Wohnsituation) seine CO2-Bilanz ausrechnen lassen. Diese zu minimieren, will mySollars zu einem Social Game machen. Nutzer sollen ihre Klimabilanz mit Freunden vergleichen und untereinander um den kleinsten ökologischen Fussabdruck wetteifern.

Bei der Auswahl der gesponserten Projekte haben die Firmen das Sagen. Diesen will das Lausanner Startup die Möglichkeit bieten, mit ihren Kunden über eine neue Art von Loyalitätsprogramm in Kontakt zu treten und gleichzeitig ihr grünes Image aufzupolieren.

Grüne «digital natives» gesucht

Als Zielgruppe auf Konsumentenseite visiert mySollars Menschen an, die ihren Lebensstil umweltfreundlicher gestalten wollen. Laut CEO Miguel Molina Cosculluela teilt sich die Bevölkerung in drei Gruppen:

  • So genannte «dark greens», die bereits sehr umweltbewusst leben (15 Prozent)
  • Menschen, die sich überhaupt nicht für eine umweltbewusste Lebensweise interessieren (15 Prozent)
  • … und die Gruppe dazwischen: Sie möchte sich zwar für die Umwelt engagieren, braucht aber Anreize und konkrete Angebote (70 Prozent)

MySollars zielt auf die dritte Gruppe, mit einem zusätzlichen Fokus auf web- und Social-Media-affine Menschen zwischen 18 und 35.

Das Startup World Climate Credit, das hinter mySollars steht, ist ein Spin-Off der ETH Lausanne. Bereits Ende 2010 gegründet, startete das Unternehmen Mitte 2011 durch mit der Entwicklung und Vermarktung der Plattform. Im letzten August stiess auch Miguel zum Team, der jetzt als CEO amtet und im November machte mySollars das Rennen im Startup Weekend Genf.

Huhn oder Ei?

MySollars ist mittlerweile in der Betaphase und steht vor der schwierigen Aufgabe, einen zweiseitigen Markt aufzubauen: Einerseits braucht der Dienst Nutzer, um für Firmenpartner attraktiv zu werden, andererseits braucht es für das Nutzerwachstum Firmen, die Kompensationsangebote schnüren. Um Unternehmen an Bord zu holen, so Miguel, sei mehr Traction notwendig. Die Plattform hat derzeit unter Tausend Nutzer, potentielle Partner wollen aber ein deutlich grösseres Publikum sehen, bevor sie einsteigen. Darum fokussiere man derzeit auf das Produkt. Die Gamification und sozialen Funktionen der Plattform sollen den nötigen Schub bringen und die Huhn-Ei-Falle überwinden helfen. Die Strategie dazu beruht auf Invites, die mit Sollars belohnt werden. Wettbewerbs-Funktionen sollen Nutzer zum Einspannen von Freunden motivieren.

Bei den Firmenpartnern will man sowohl Ladengeschäfte als auch E-Commerce-Unternehmen ansprechen. Letztere haben laut Miguel den Vorteil, dass sie Kunden Coupons via E-Mail zustellen können, während die Konversionsrate bei Papiergutscheinen deutlich schlechter sein dürfte. Um das aufzufangen, haben die Gründer aber bereits eine Idee: Eine Smartphone-App mit Codeleser soll Abhilfe schaffen. Geplant ist sie auf Ende 2012.

MySollars hat auch Konkurrenten. Es gibt eine zunehmende Anzahl von Jungunternehmen, die webgestützt umweltschonende Projekte angehen, dafür kursiert seit einiger der Begriff der Cleanweb-Startups. Mit einem ähnlichen Modell wie mySollars unterwegs sind Greenearn aus Luxemburg und Recyclebank aus den USA (beide mit einem Rabattsystem für «grüne» Produkte) und der CO2-Monitor aus der Schweiz (Unternehmen motivieren ihre Angestellten für den Klimaschutz).

MySollars ist derzeit auf der Suche nach Finanzierung und rekrutiert Entwickler.