Arbeitsbewilligungen und (ICT-)Startups: Hürden für Jungunternehmer sind erneut Anlass für Diskussionen in der Standortförderung.

(Bild: iStockphoto)Die Frage steht im Raum: Sorgen amtliche Hürden dafür, dass Startups keine Spezialisten aus dem Ausland anstellen können? In dieser Sache suchte man gestern vonseiten des Zürcher Amts von Wirtschaft und Arbeit (AWA), Sorgen zu zerstreuen. Arbeitsbewilligungen für Jungunternehmen waren das Thema einer Infoveranstaltung im kürzlich eröffneten BlueLion-Inkubator.

Denn gerade – aber nicht nur – in der Informatik schlägt der Fachkräftemangel durch. Startups brauchen Talente. Wenn diese weder in der Schweiz noch in der EU verfügbar sind, müssen Gründer auf Drittstaaten zurückgreifen. Hier lauern jedoch eine Menge gesetzlicher Auflagen. Die Initiative Open the Gates versucht derzeit, auf das Problem aufmerksam zu machen (wir berichteten).

Kontingente nicht entscheidend

Knackpunkt ist das Ausländergesetz. Ungeachtet der Standortziele, etwa im Bereich der ICT (eZürich), sorgt Bundesrecht für Hindernisse bei der Startup-Förderung. So ist die Anzahl der möglichen Arbeitsbewilligungen limitiert und (Jung-)Unternehmen müssen ihre Gesuche umfangreich begründen. Dazu gehört auch der Nachweis, sich erfolglos anderweitig um Kandidaten bemüht zu haben.

Hier, bei den Bedingungen, vielmehr als bei den Kontingentzahlen, liegt das Problem. In der Kontingent-Frage machte Sascha Emmenegger vom AWA geltend, dass die oft geschmähten Maximalgrenzen in Zürich derzeit gar nicht spielen. So wurde die Anzahl an Aufenthaltsbewilligungen 2011 zwar fast erreicht, aber eben nicht ganz – weswegen kein Gesuch mit der Begründung «Kontingent» abgelehnt worden sei, so Emmenegger. Die laufenden Zahlen für 2012 zeigen ein ähnliches Bild, die Obergrenze wird wohl nicht erreicht.

Gleichzeitig zeigt die Statistik, dass die Ablehnungen eher marginal wirken. 20,5 Prozent der letztes Jahr ausgestellten Aufenthaltsbewilligungen B gingen im Kanton Zürich an die ICT, 5 Prozent der Gesuche wurden abgelehnt (bei den L-Bewilligungen waren es 1,5 Prozent). Vermutlich finden sich unter den angenommenen Gesuchen an erster Stelle Grossunternehmen, über die Art der abgelehnten Anträge gibt es keine Informationen. Es fragt sich daher, wie es im Durchschnitt um die Gesuche von Startups steht.

Vonseiten einzelner Startups ist zu hören, Arbeitsbewilligungen seien gar nicht so schwer zu bekommen. So meinte Doodle-Mitgründer Paul Sevinç, der ebenfalls vor Ort war, sein Unternehmen habe bisher positive Erfahrungen mit dem Bewilligungsprozess gemacht. Zwar handelte es sich nur um kurzfristige Praktikas, die drei Kandidatengesuche seien aber rasch abgesegnet worden.

Problem: Gründen ohne Geld

Bereits eine gewisse Zeit aktive, wachsende Startups, die zusätzliches Personal anstellen wollen, scheinen also weniger das Problem zu sein. Mir scheint: Neugründungen und Startups, die Boostrapping betreiben, sind die Leidtragenden.

Für eine Firmengründung durch einen Ausländer aus einem Drittstaat sind nämlich eine Reihe von Nachweisen nötig. So reicht es nicht, einfach eine Geschäftsidee im Kopf zu haben. Ein talentierter Inder, frisch von der ETH etwa, muss mit einem Businessplan das Amt überzeugen, bevor er gründen darf. Wie leicht ihm das mit einem innovativen Geschäftsmodell fallen wird, ist eine berechtigte Frage.

Ausserdem gibt es Hürden und Voraussetzungen, die erst einmal abschreckend und unüberwindlich wirken. Beispiel: Um eine GmbH zu gründen, ist eine Aufenthaltsbewilligung nötig. Diese erhält man jedoch nur, wenn man einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Für junge Gründer stellt sich praktisch die Frage nach Huhn und Ei.

Ein unlösbares Problem für viele Startups dürfte auch der gezahlte Lohn sein. Die Behörden verlangen von Unternehmen den Nachweis eines branchenüblichen Lohns, der an einen Drittstaatler gezahlt wird. Dieser Lohn ist aber in der hiesigen Informatik kaum unter 6’500 Franken zu haben. Eigenfinanzierte Startups werden darum kaum eine Chance haben, ein Gesuch bewilligt zu erhalten: Zum Beispiel Teams, die mit 2’000 Franken im Monat vom eigenen Ersparten leben und ohne Lohnzahlung ein Produkt entwickeln wollen – ein Modell, das in der Startup-Szene nicht selten anzutreffen ist.

Kein Wunder also, hörte ich in der anschliessenden Publikumsdiskussion das Votum, «Gründen ohne Geld ist ein Problem, das sich nicht lösen lässt.» Mindestens Bootstrapping, also das Gründen mit wenig Ressourcen, scheint aus rechtlicher Sicht kaum umzusetzen zu sein.

Lösungen gesucht

Eine breitere Diskussion der Bedürfnisse von Startups tut Not – wenn möglich gleich auf Bundesebene, denn hier werden die Weichen gestellt für die in den Kantonen umgesetzten Regelungen. Und ohnehin: diese Frage betrifft Startups aus der ganzen Schweiz.

Wie sind Eure Erfahrungen mit dem Thema Arbeitsbewilligungen?

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