Was ist schief gelaufen? Darüber spricht niemand gern, dabei sind Misserfolge meist lehrreicher als Erfolgsgeschichten.

Der Fail-Stempel

Die Startupszene mit ihren Wettbewerbswinnern und Erfolgstorys hat eine Kehrseite. Oft ist von satten Überlebensquoten von Startups aus diesem oder jenem Inkubator die Rede.

Weniger oft wird von den unvermeidlichen Misserfolgen und den missglückten Unternehmensgründungen gesprochen. Verlässliche Zahlen über den Anteil gescheiterter Startups sind schwierig zu bekommen. Jedoch klar ist, dass mehr als die Hälfte der Jungunternehmen es nicht in die Gewinnzone schafft. Das sind Startups, deren Teams mit genauso viel Enthusiasmus und Herzblut ins Unternehmertum gestartet sind.

Dass so wenig gesprochen wird über gescheiterte Unternehmen ist verständlich: Niemand breitet gerne seine Misserfolge aus. Und im Nachhinein erscheinen die Fehlentscheidungen immer offensichtlicher als unter Stress und im Tagesgeschäft, die Alternativen klarer. Ausserdem möchten sich Gründer nicht mit dem Makel des gescheiterten Unternehmers ihre Zukunft verbauen. Dabei hätte ein offenerer Umgang mit dem Thema, wie er unter anderem in den USA gespflegt wird, viele Vorteile.

Wenn ich sage, dass das Scheitern von Jungunternehmern zu wenig thematisiert wird, dann moniere ich dies vor allem aus zwei Gründen:

  1. Lessons learned und wichtige Erkenntnisse: Gerade Erstgründer können aus dem Fazit eines gescheiterten Unternehmens wertvolle Denkanstösse erhalten. Vielfach sind diese auch hilfreicher als die beliebten „best pratices“, da sie kritischer über das eigene Geschäftsmodell nachdenken lassen während Erfolgsstorys meist alles ganz einfach aussehen lassen.
  2. Das Schreckgespenst des Ruins austreiben. Ein missglücktes Startup bedeutet für die Gründer nicht das Ende der Welt. Trotzdem ist der geschäftliche Misserfolg eines Jungunternehmens oftmals mit einem ähnlichen Stigma behaftet wie ein Privatkonkurs. Das ist Unsinn und schadet der Bereitschaft, das Risiko einer Firmengründung überhaupt erst auf sich zu nehmen.

Wie hochspannend Analysen gescheiterter Startups sein können, sieht man an den folgenden Beispielen. Sie geben auch einen Einblick in die möglichen Gründe, warum eine junge Firma das Zeitliche segnen kann – eine Auswahl an mahnenden Worten vom Startup-Friedhof:

Reich werden mit Kondom-Schlüsselanhängern? Ein Stanford-Absolvent erzählt über seine Idee des next big thing und wie er damit 10’000 Dollar in den Sand gesetzt hat. Schlicht und einfach eine grossartige und sehr witzige Geschichte.

Jonathan Tang versuchte mit GameClay eine Spieleentwicklungsplattform für Casual Games zu starten. Für seinen Rückblick auf die gemachten Anfängerfehler hat er gleich einen ganzen Blog aufgesetzt: Diary of a failed Startup – und liefert eine ausführliche und lesenswerte Analyse des überambitionierten Projekts.

Kazzong: Herzstück der deutschen Download-Plattform für Musik war ein Shop-Widget, das Website-Betreiber direkt auf ihren Seiten einbinden konnten. So sollten Musiker ihre Songs direkt auf den eigenen Seite verkaufen können. Kazzong scheiterte an der hapernden Monetarisierung: Statt Einstellgebühren von den Kunden zu verlangen, setzten die Gründer auf eine prozentuale Provision, was letztlich nicht reichte.

Ebenfalls auf deutsche-startups.de findet sich die Story von Want2do.  Das Unternehmen war ein 2008 gegründeter Klon des US-amerikanischen 43things. Wie das Vorbild (und eine Reihe von weiteren Kopien in anderen Ländern) wollte die Firma ein Austauschort für persönliche Vorsätze und Lebensziele sein. Die Idee kam aber nie bei den Kunden an. Fazit der Gründer: „Die Verkaufssau hat gefehlt.“

Why Wesabe Lost to Mint. Marc Hedlund schreibt über seinen missglückten Webservice, der Kunden beim Management der eigenen Finanzen helfen sollte. Spannend hier: Wesabe hatte mit Mint einen direkten Konkurrenten, der am Schluss das Rennen gemacht hat. Hedlung vergleicht rückblickend und listet einige der Ursachen.


(Bild Nima Badley, CC-Lizenz)