Vollzeit oder Nebenjob? Dominic Blaesi blickt zurück auf die Entscheidung, seinen Job zu kündigen und zu 100% für sein Startup zu arbeiten.

von Dominic Blaesi, Gründer Flaschenpost.ch


Flaschenpost ist damals aus der Diplomarbeit meines Geschäftspartners Renzo Schweri entstanden. Renzo hat sich damals mit der Frage beschäftigt, inwiefern Qualitätsweine als Finanzanlage etwas taugen. Das Resultat: Wein sollte man trinken und nicht für Investitionszwecke halten.

Neben diesem Ergebnis sind wir aber auch zum Schluss gekommen, dass das Weinsuchen- und bestellen viel komplizierter ist, als es eigentlich sein könnte: Einen bestimmten Wein zu finden kann mit einem erheblichen Suchaufwand verbunden sein. Will man dann noch Wein bei verschiedenen Händlern bestellen, so muss man mehrere Bestellungen vornehmen und bezahlt am Ende erst noch mehrmals Transportgebühren – von der verpassten Möglichkeit eines kumulierten Mengenrabatts ganz abgesehen.

Inspiriert durch diese Situation haben wir uns vorgenommen, das Weinsuchen und -bestellen so einfach, bequem und preiswert wie nur möglich zu machen – und der Rest ist Geschichte:

Im ersten Jahr (2007) haben wir Flaschenpost als Pilotprojekt neben unseren damaligen Tätigkeiten geführt. Bevor wir alles auf eine Karte setzen, wollten wir zunächst ein Gefühl für den Markt bekommen und ehrlich gesagt, fehlte uns auch ein bisschen der Mut, um gleich richtig einzusteigen, so ganz ohne Netz und doppelten Boden.

So arbeiteten wir also Nachtschicht für Nachtschicht am Aufbau unseres Startups. Alles in allem kamen wir sehr gut voran, auch wenn wir uns zuweilen wie Zirkusjongleure vorkamen, bei unseren Bemühungen gleichzeitig die Erwartungen unserer damaligen Arbeitgeber und Flaschenpost unter einen Hut zu bringen. Gleichzeitig war es eine spannende Erfahrung, festzustellen, mit wie wenig Schlaf der Mensch über längere Zeit auskommen kann und wie viel Energie und Motivation der Wunsch, die eigene Idee zu verwirklichen, freisetzen kann.

Doch trotz aller Bereitschaft zum Extraeffort kamen wir gegen Ende unseres ersten Geschäftsjahres an einen Punkt, an dem wir uns eingestehen mussten, dass wir so nicht weitermachen können. Zum einen, weil die eigenen Ressourcen nicht unerschöpflich sind und zum anderen, weil die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichend waren, um Flaschenpost weiter aufbauen zu können. Nach dem wir also zu dieser Einsicht gelangt waren und der „Proof of Concept“ erbracht war, mussten wir uns der entscheidenden Frage stellen: Hören wir auf oder steigen wir 100% ein und kündigen unsere Jobs zugunsten von Flaschenpost?

Obwohl die Konsequenzen dieser Entscheidung weit reichend waren (Lohneinbusse, finanzielles Risiko, Aufgabe von Karrieremöglichkeiten beim bisherigen Arbeitgeber etc.) war bald klar, dass wir unser „Baby“ nicht sterben lassen konnten. Und so entschieden wir uns, unsere Anstellungen zu kündigen, um uns ab dem neuen Jahr (2008) mit ganzen Kräften dem Aufbau von Flaschenpost zu widmen.

Es ist bis heute ein unvergesslicher Moment: 7. Januar 2008, der erste Tag als Vollzeit-Flaschenpöstler. Ein Gefühl von Freiheit, Überschwänglichkeit und ein bisschen so, wie wenn man eine lange Reise antritt:

In der Rubrik Startup-Diary schildern Jungunternehmer wöchentlich, mit welchen praktischen Problemen sie in ihrem Gründeralltag konfrontiert werden und welche Lösungsansätze sie gefunden haben.
neugierig, mutig, glücklich und nicht ohne Respekt, vor dem, was einem erwartet. Gleichzeitig überzeugt davon, dass man unzählige tolle Dinge erleben und alles gut kommen wird, weil man sich mit aller Energie und allem, was man ist, auf die sich präsentierenden Herausforderungen einlässt. Schliesslich die mehr oder weniger unbegründete Gewissheit, dass die Entscheidung, die Reise zu tun, goldrichtig ist.