Lessons learned, Strategiewechsel, neue Geschäftsfelder? Ab und zu lohnt bei Startups ein Zwischenstand und Update – diesmal besuchen wir die Webrepublic.

Die Gründer: Tom Hanan und Tobias Zehnder

Die SEM-Agentur Webrepublic ist seit etwas mehr als einem Jahr im Geschäft. Gestartet waren der Ex-Googler Tom Hanan und Mitgründer Tobias Zehnder Mitte 2009. Im Januar hatten wir auf Startwerk.ch einen ersten Augenschein genommen, als die Website der Gründer erst wenige Tage online war.

Inzwischen ist das Unternehmen beinah dem Startupalter entwachsen; zwei neue Geschäftsbereiche sind hinzugekommen, das Team ist gewachsen und besteht ab Februar aus zehn Leuten. Neben weiteren Account-Betreuern stehen nun zusätzlich eine Grafikerin und ein Programmierer im Sold der Webrepublic.

Eine gute Gelegenheit für ein Follow-Up und ein paar Fragen an die Gründer, etwa darüber wie man ein Jungunternehmen skaliert und was für „Lessons Learned“ nach einem guten Jahr in business zusammen gekommen sind. Das Interview drehte sich vor allem um drei Themen:

  • Wie bringt man einen solchen Ausbau erfolgreich über die Bühne?
  • Wie entwickelt sich dabei das Geschäftsmodell?
  • Wie ist es, vom Gründer zum Chef mit Personalverantwortung zu werden?

Stichwort Nummer eins beim Ausbau ist für Tobias das Recruiting. Für die Suche nach Account Managern haben sich die Gründer einen eigenen Bewerbungsprozess ausgedacht. Dabei achten sie weniger auf ausgewiesene Qualifikationen als auf den Eindruck der Kandidaten und ein eigenes Assessment. Eine solide, wissenschaftliche Ausbildung ist zwar quasi als Eintrittskarte die Voraussetzung, darüber hinaus ist Branchenerfahrung aber nicht zwingend. Stattdessen checken die Gründer selbst, wie sich die Bewerber in der Praxis bewähren würden. Diese haben dazu einen Probecase zu lösen: sie bekommen einen fiktiven Beispielkunden, für den sie in groben Zügen eine Kampagne entwerfen müssen. Im Beispiel geht es um SEM für eine Café-Kette und deren Internetauftritt – darum heisst das Beispiel intern auch „Coffee-Case“. Es hat sich bewährt. Anhand eines praxisnahen Übung sehe man schnell viel; nämlich wie kreativ jemand mit der Aufgabe aus dem Tagesgeschäft umgehe. Umgekehrt sei es auch ein guter Check für den Bewerber, der einen Vorabeinblick in seine Arbeit erhalte.

Gezielt suchen

Weitere Erkenntnis: Es lohnt sich, im vornherein genau zu überlegen wo und wie man die Bewerbungen streut. Startups haben selten die Ressourcen, mehrere Dutzend eingehende Bewerbungsdossiers zu prüfen. Daher haben Tom und Tobias eher selektiv gesucht, vor allem über einzelne Kanäle: Im näheren Umfeld via Twitter, Xing und Facebook mehr oder weniger gezielt über Newsletter, wie die Mailingsliste der Publizisten der Uni Zürich. Das passte, weil die Webrepublic für die offenen Accountmanager-Positionen weniger auf erfahrene und mehr auf „junge und lernwillige“ Leute setzte. Damit habe man bislang stets gute Erfahrungen gemacht.

Mit weniger Bewerbern bleibe auch Zeit, die Dossiers ausführlicher zu prüfen: Bis zu drei Mal lädt die Webrepublic Kandidaten zum Gespräch. Dafür war man aber zufrieden mit den Neuzugängen.

Delegieren als Skill

Mit dem Wachstum eines Startups werden Gründer zu Chefs. Als schwierigste Umstellung sieht Tobias das delegieren-Lernen. Sachen aus der Hand geben zu können sei zentral, neben der Überwindung gehöre dazu auch, jeweils genug Zeit zu haben um entsprechend briefen und anleiten zu können. So sei ihnen schnell klar geworden, dass sie dieses Jahr mit dem Ausbau des Teams viel weniger Operatives selber machen konnten und dass Training plötzlich ein zentraler Punkt der Aufgaben wurde.

Gleiches gilt auch für das Wissenmanagement. Das Team auf demselben Stand zu halten, was Tools und technische Neuerungen angehe, ebenso wie die interne Planung: das Erstellen von Abläufen und Wikis, die Pflege von Kontaktdatenbanken, und was sonst zur Organisation beitrage werde ein fester Bestandteil der täglichen Schedule.
Zum internen Delegieren kommt ausserdem seit einigen Monaten ein externes: Buchhaltung, Rechnungstellung, Personalmanagement (Lohnabrechnungen und so weiter) werden outgesourced und von Dienstleistern übernommen. Diese interne Professionalisierung habe dem Unternehmen gut getan, meint Tobias rückblickend. Die Lektion: möglichst früh alles auslagern, was einen zu sehr vom Kerngeschäft abhält.

Den Ausbau bei den Geschäftsfeldern hat die Webrepublic kontinuierlich verfolgt, aber laut Tobias ohne etwas zu forcieren. Laut den Gründern ist und bleibt SEM das massgebliche Kerngeschäft. Der Ausbau auf benachbarte Bereiche ist für sie kein wagemutiges Experiment, sondern basiert eher konservativ auf den Erfahrung der letzten Monate. Neu werden für SEM-Kampagnen auch Bannerwerbung und Websiteoptimierung angeboten; hier setze man bloss um, was von den bestehenden Kunden als gewünscht worden sei.