Das Produkt ist bereit, die erste Pressemitteilung verschickt – und nichts passiert. Erfahrungen mit fehlender Sichtbarkeit.

Nach dem Start gilt es ernst (Bild: keystone)

In der Wahrnehmung des eigenen Produkts neigt man dazu, dessen Eindruck auf potentielle Kunden zu überschätzen. Die erhoffte Nachfrage bleibt oft nicht nur hinter den Erwartungen zurück sondern dümpelt überhaupt vor sich hin – trotz etwa guter Berichterstattung. Die Chrometa-Gründer haben genau das erlebt.

Das im Bootstrapping aufgezogene Startup aus Sacramento stellte fest, dass der überbevölkerte Markt der Zeiterfassung-Tools schwierig zu bearbeiten war. Im März 2009 stand die erste verkaufsbereite Version ihrer Applikation bereit. Die versandte Pressemitteilung blieb schlicht ohne Resonanz. Dabei hatte man ein gutes Produkt parat, das auch bald entsprechende Reviews einsackte.

Wie weiter? Das Team hat in einer Chronologie des ersten Monate seine Erfahrungen nach dem Launch zusammengefasst. Darin geht es um den Aufbau der vielbeschworenen Traction nach dem Start, der nachhaltigeren Variante des kurzlebigen Buzz, die sich wohl am besten als „Zugkraft“ übersetzen lässt.

Die etwas naiv gestarteten Gründer realisierten schnell, dass es nicht ganz so einfach werden würde und begannen die Werbetrommel zu rühren. Allerdings ohne das beliebte Allheilmittel SEM. Eine eventuelle Adwords-Kampagne wird entweder nicht erwähnt oder das Team hatte kein Geld dafür – viel deutet auf letzteres. Auch für andere, bekanntere Webstartups funktionierten Adwords ebenso wenig, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Dropbox betrieb nach seinem Start eine grosse Menge SEM, stellte aber bald fest, dass das nichts brachte. In einer lesenwerten Lessons-Learned-Präsentation schildern sie warum: Da viel weniger Leute auf Google nach Online-Speicher suchten als es potentielle Kunden gab und die Adwords im umkämpften Markt teuer waren, wurden diese zum Verlustgeschäft. Die Costs-per-Sale überstiegen die Erträge pro verkauftem Abo gleich um ein mehrfaches. Mehr Erfolg hatte man später mit dem Konzept, Empfehlungen an Freunde zu belohnen.

Die Chrometa-Gründer versuchten es auch anders und beschreiben ihre Erfahrungen mit verschiedenen Ideen zum Aufbau der Traction, darunter Kaltaquise per Telefon, das Ansprechen von Branchenmagazinen und Blogs, die schon zum selben Thema berichtet hatten und die Befragung der bisherigen Kunden zu ihrer Suchstrategie.

Dabei kristallisierten sich für die Gründer vor allem drei Erkenntnisse heraus:

  1. Only one initial market – je enger die Definition der Zielgruppe am Anfang, desto besser. Gerade die beschränkten Ressourcen des kleinen eigenfinanzierten Startups liessen auch keine anderen Optionen offen.
  2. Grit and persistence do pay off. Der Hockey-Stick-Verlauf ist für die allermeisten Produkte ein unerreichbarer Mythos. Stattdessen verlangt der Aufbau des Kundenstamms auch nach der ersten Sichtbarkeit weiter Arbeit und Nachhaken. Langsames, zähes Wachstum ist der Normalfall und nicht etwas, das entmutigen sollte.
  3. Buzz and coverage won’t make your business. Hype und Berichterstattung sind überschätzt. Den erhofften Tipping Point gibt es selten, ausserdem ist nicht immer im vornherein klar, welche Art von Publikation den meisten Nutzen bringt. Klein und zielgruppenspezifisch sei immer besser als gross und mit breitem Publikum.