„90% der Startups gehen bankrott“ – diese oft gehörte Aussage schreckt so manchen potentiellen Jungunternehmer ab. Dabei ist sie falsch. Das Risiko eines Unternehmers ist hoch, aber nicht ganz so leicht zu fassen.

Risiko und Emotionen: Gründer, festhalten! (Keystone)

Eins ist wohl jedem Firmengründer klar: Die Chance, dass ein Unternehmen nicht zum Erfolg wird, besteht immer. Natürlich sind Jungunternehmer selbstbewusst genug, um davon auszugehen, dass gerade sie zu den Gewinnern gehören werden.

Trotzdem schadet es für eine realistische Einschätzung nicht, ein paar Faustregeln zum unternehmerischen Risiko zu kennen. Denn je nach aktueller Situation in einem Startup hat man manchmal das enthusiastische Gefühl, dass man jetzt dann gleich die ganze Welt erobern wird, oder versinkt zu anderen Zeiten in tiefster Trübsal, weil einfach gar nichts klappen will. Beides ist gefährlich. Da hilft es manchmal, sich an greifbare Statistiken zu halten.

Darum präsentieren wir ein paar Faustregeln zum unternehmerischen Risiko. Diese Zahlen sind zusammengezogen aus verschiedenen internationalen Studien zum Unternehmertum:

Je nach Studie und untersuchtem Zeitraum oder Land findet man recht unterschiedliche Angaben, aber falsche Präzision hilft kaum weiter. Die folgenden Angaben sind darum bewusst grob gehalten und als Faustregeln leichter zu merken.

1. In den ersten fünf Jahren verschwinden etwa 50-55% der Startups vom Markt.

Diese Faustregel hat sich über viele Jahre immer wieder bestätigt. Gut die Hälfte der neuen Firmen geht schon in den ersten fünf Jahren pleite, wobei es einen Viertel schon im ersten Jahr trifft. Fehlendes Kapital ist da natürlich die häufigste Ursache, denn jede neue Firma sollte genug Geld haben, um wenigstens ein Jahr überleben zu können.

Die gute Nachricht: Wenn man die ersten fünf Jahre geschafft hat, sehen die Chancen für weiteres Wachstum schon deutlich besser aus. Nach weiteren fünf Jahren sind immerhin noch etwa 30% der Startups am Markt.

Ist 50% Konkursquote nun viel oder wenig? Eigentlich ist es eher wenig, denn man neigt gerne dazu, die Überlebensquote etablierter Firmen zu überschätzen. Selbst bei den grössten multinationalen Firmen beträgt die durchschnittliche Lebensspanne lediglich 40-50 Jahre, und mit den aktuellen wirtschaftlichen Turbulenzen dürfte dieser Wert noch deutlich sinken. Alle 10-12 Jahre verschwindet von den Top 500 Firmen etwa ein Drittel durch Konkurs oder Merger. Auch etablierte, solide Firmen leben also gefährlich.

2. Die Erfolgsquote hängt von der Branche ab, aber weniger, als man denkt.

Die meisten Studien stellen fest, dass jede Branche ihr eigenes Muster an Startup-Risiko aufweist. Bei Firmentypen, die wenig Kapital benötigen, etwa Beratung, sind typischerweise die Konkurse im ersten oder zweiten Jahr sehr häufig, weil sich die weniger erfolgreiche Firmen kaum länger über Wasser halten können. Bei Firmen mit viel externem Kapital kommt die Pleitewelle erst später, wenn das Geld nach ein paar Jahren ausgeht.

Stark beeinflusst ist die Pleitenquote natürlich auch vom aktuellen Umfeld, in dem eine Firma startet. Eine amerikanische Studie hat etwa festgestellt, dass für 1998 gegründete Firmen die Konkursquote bei Firmen in der Informationsbranche (d.h. Internet, IT etc.) besonders hoch war. Das überrascht bei genauem Hinsehen aber nicht, da damals mitten in der Internet-Bubble sich besonders viele Leute berufen fühlten, eine Internet-Firma zu starten. Die daraus resultierende harte Konkurrenzlage, gepaart mit wohl gelegentlich fehlender Eignung der Bubble-Unternehmer, führte natürlich zu mehr Konkursen, zumal die Branche 2001/2002 durch ihre grösste Krise in 30 Jahren ging. Was 1998 noch als todsicheres Umfeld für den Startup-Erfolg erschien, war drei Jahre später ein Jammertal.

Eine „sichere“ Branche für Startups gibt es nicht. Gutes Timing ist allemal wichtiger als die Auswahl eines vordergründig besonders vielversprechend scheinenden Gewerbes.

3. Nur 5-6 von 1’000 Businessplänen erhalten Venture Capital.

Für viele ehrgeizige Gründer von Firmen besonders im Technologiebereich ist die Finanzierung durch eine namhafte Venture-Capital-Firma ein Traum. Nicht nur würde man dadurch genug Kapital erhalten, um seine Idee ganz gross rauszubringen, gute VCs können auch noch viele Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben würden.

Aber mal abgesehen von den Schwierigkeiten, an denen die VC-Branche im Moment leidet: VC-Finanzierung ist ein seltenes Ereignis. Wenn ein VC, sagen wir mal, 1000 Businesspläne im Jahr erhält, wird er etwa 50-100 Teams zu einer Präsentation einladen, sich 10 wirklich genauer anschauen und am Schluss je nach Marktlage nur in 5 oder 6 (oder auch weniger) investieren.

Gründer sollten sich also von Anfang an nach anderen Finanzierungsquellen umsehen. Auf jede von VCs finanzierte Firma kommen wohl mindestens 10-20, die Geld von Business Angels erhalten.

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